LR Leonhard Schneemann
„Wir helfen dort, wo der Bund nicht treffsicher war“
Interview mit LR Leonhard Schneemann, der seit rund einem Jahr im Amt ist.
Wie unterscheidet sich die Arbeit als Vorstandsvorsitzender der Kurbad Tatzmannsdorf AG (Reduce Gesundheitsresort), der sie bis 2020 waren, von der Tätigkeit als Regierungsmitglied?
LEONHARD SCHNEEMANN: In der Politik sind die Themenfelder weitläufiger. Aber sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik setzt man sich Ziele und leitet daraus Maßnahmen ab. Diese Arbeit hat mir immer Spaß gemacht und das hat sich in der Politik nicht geändert.
In einem Bereich, in dem Sie zuständig sind, gibt es eine erfreuliche Entwicklung: Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Beschäftigtenzahlen steigen. Sind es die politischen Maßnahmen, die hier greifen oder doch „nur“ die wirtschaftliche Erholung, die sich am Arbeitsmarkt auswirkt?
Es ist ein Mix aus den Maßnahmen, die coronabedingt gesetzt wurden – etwa das Modell der Kurzarbeit von Seiten der Bundesregierung, das sehr wertvoll für die Arbeitnehmer in dieser Zeit war. Im Burgenland haben wir gezielt Maßnahmen gesetzt, um dort zu helfen, wo der Bund nicht treffsicher war.
Welche Maßnahmen waren das beispielsweise?
Wir haben eine neue Arbeitsstiftung gegründet, um Menschen zu helfen, die aus coronabedingten Insolvenzen arbeitslos geworden sind. Oder wir haben auch mit Beteiligungen Unternehmen gestützt, die in Schieflage gekommen sind, und haben dadurch Arbeitsplätze abgesichert. Und wir haben im Bereich der Qualitätsförderung Menschen gezielt geholfen, die es nicht mehr so leicht haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen – etwa die über 50-Jährigen.
Ein großes Problem bleibt jedoch der hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen …
Ja, das macht uns Sorge. Wir haben im Burgenland circa 2.500 Langzeitarbeitslose – also Personen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind.
Arbeitsminister Kocher, der sich immerhin damit wissenschaftlich beschäftigt hat, wies darauf hin, dass nach jeder Krise Langzeitarbeitslose übrig bleiben.
Dem wollen wir aber auch begegnen – etwa mit der erwähnten Qualitätsförderung über das Modell „Chance 50 plus“.
„Wir werden immer wieder von anderen Bundesländern auf unser Anstellungsmodell für pflegende Angehörige angesprochen.“
Ein weiterer großer Brocken, der in Ihre Zuständigkeit fällt, ist der Pflegebereich. Seit Herbst 2019 können sich im Burgenland pflegende Angehörige anstellen lassen – mit einem entsprechenden Verdienst und sozialer Absicherung. Wie viele Personen haben bislang diese Möglichkeit in Anspruch genommen?
Das ändert sich natürlich laufend. Mit 30. Juni waren es 202. Insgesamt waren es bislang über 250, weil ja leider aufgrund von Todesfällen immer wieder Anstellungsverhältnisse wegfallen.
Die Zielsetzung lag aber bei 600. Ist der Plafond mit den 200 Anstellungen nun doch schon erreicht?
Nein, ich glaube, das nimmt einen neuen Schwung auf, weil die Diskussionen in den anderen Bundesländern auch im Burgenland dieses Modell wieder beflügeln werden. Aktuell hat Oberösterreich damit begonnen, einmal 30 pflegende Angehörige anzustellen. Und wir werden immer wieder von anderen Bundesländern darauf angesprochen.
Ich habe demnächst auch einen Termin mit Sozialminister Mückstein. Dabei werde ich unser Modell vorstellen und hinterfragen, was von Seiten der Bundesregierung jetzt im Pflegebereich geplant ist.
Können Sie eigentlich nachvollziehen, warum die Bundes-ÖVP dem burgenländischen Anstellungsmodell so ablehnend gegenübersteht? Klubobmann August Wöginger sprach von einer Augenauswischerei …
Alles, was man nicht so gut kennt, erzeugt meistens eine gewisse Ablehnung – deshalb auch der Termin beim zuständigen Minister, um aufzuklären.
Wir sind auch gerade dabei, das System mit Unterstützung der Fachhochschule Burgenland zu evaluieren. Jedenfalls ist dieses Modell der pflegenden Angehörigen ein wichtiger Baustein im Bereich Pflege und Betreuung. Weil wir auch aus einer Befragung wissen: Fast alle Menschen möchten ihren Lebensabend zu Hause verbringen. Und wenn die eigenen Angehörigen die Betreuung übernehmen, dann müssen die Rahmenbedingungen auch passen – so wie beim burgenländischen Modell mit Mindestlohn und sozialer Absicherung.
Kritiker meinen, dass es beim burgenländischen Anstellungsmodell um die Kontrolle und Kürzung des Pflegegeldes geht, weil ein großer Teil davon abgeliefert werden muss …
Wofür sollte das Pflegegeld sonst verwendet werden – zum Urlaub fahren? Ich verstehe diese Diskussion nicht.
„Ich bin durchaus dafür, dass gewisse Berufsgruppen durchgehend geimpft werden – etwa Gesundheitsberufe.“
Zu einem anderen – aktuell sehr heiß diskutierten – Themenbereich, und zwar der weiteren Vorgangsweise in der Corona-Pandemie. Sollen die Corona-Tests weiter kostenlos bleiben?
Ich stehe total dazu, was der Landeshauptmann gesagt hat. Im Burgenland wird es bis auf Weiteres die Tests gratis geben.
Und wie stehen Sie zu verpflichtenden Corona-Schutzimpfungen für gewisse Personengruppen?
Ich bin durchaus dafür, dass gewisse Berufsgruppen durchgehend geimpft werden – etwa Gesundheitsberufe. Weil die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo man die Freiheit des anderen einschränkt. Und es ist wissenschaftlich doch eindeutig bewiesen, dass Geimpfte dieses Virus weitaus weniger weitergeben können.
Ich bin aber auch ein Befürworter davon, dass man die Menschen eher motiviert, als mit strengen Regelungen oder Verboten zu agieren. Ich versuche deshalb, mit Aufklärung meinen Beitrag zu leisten und höre mir auch gerne Argumente an, warum man sich nicht impfen lassen will.
Haben Sie eigentlich Kontakt zu Ihrem Vorgänger Christian Illedits?
Ich habe ihn einige Male getroffen. Er war auch einmal bei einer Klubklausur dabei. Ich habe mit ihm das beste Einvernehmen.
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