25 Jahre Krisenintervention
Wer bleibt, wenn der Einsatz vorbei ist?

- Martina Mösl, Carina Stabauer und Harald Wolfesberger leiten als Führungstrio die Krisenintervention im Roten Kreuz Salzburg.
- Foto: Rotes Kreuz Salzburg
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Nach Todesfällen, Katastrophen oder tragischen Unfällen begleiten sie Menschen in den schlimmsten Momenten ihres Lebens. Seit 25 Jahren leistet das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes psychosoziale Erste Hilfe. Wir haben gefragt: Wie geht es euch dabei?
FLACHGAU/SALZBURG. Vor 25 Jahren erschütterten die Katastrophen von Galtür und Kaprun das Leben vieler Österreicherinnen und Österreicher. Auch bei Einsatzkräften hinterließen die teilweise tagelangen Einsätze unter starker psychischer Belastung bleibende Erinnerungen. Beide Katastrophen zeigten deutlich: Mit psychologischer Nachbetreuung können Betroffene das Erlebte verarbeiten.
So formierte sich kurze Zeit später die Krisenintervention (KI) des Roten Kreuzes. Heute umfasst sie rund 125 Mitglieder. Darunter die Leiterinnen und Leiter Carina Stabauer, Martina Mösl und Harald Wolfesberger. Zum 25. Jubiläum und mit Blick auf den tragischen Todesfall am vergangenen Electric Love Festival hat MeinBezirk gefragt: Wie verarbeitet ihr all die Eindrücke aus den Einsätzen eigentlich?

- Foto: Rotes Kreuz Salzburg/Stoltenberg
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"So unterschiedlich sowohl die Eindrücke als auch die Teammitglieder sind, so unterschiedlich sind vermutlich auch die Verarbeitungsstrategien", erklärt das Trio. Manche entscheiden sich für fixe Rituale, die helfen, aus der Rolle des Helfenden zu gehen. Andere arbeiten im Garten, um sich zu erden oder drehen eine Runde mit dem Rad.
"Da wir immer zu zweit im Einsatz sind, ergibt sich hier oft schon eine erste Möglichkeit, das Erlebte zu besprechen, die Eindrücke zu sortieren und somit den Einsatz 'integrierbar' zu machen", betonen die KI-Leiter. Ebenso wissen Stabauer, Mösl und Wolfesberger:
"In einem Einsatz, der häufig die Endlichkeit des Lebens hautnah erfahrbar macht, steckt oftmals auch ganz viel Dankbarkeit für das eigene Leben, für die Familie, Freunde, ... - eben alles, was wirklich wichtig ist im Leben."

- Martina Mösl und Carina Stabauer im Gespräch mit einer Betroffenen.
- Foto: Rotes Kreuz Salzburg
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Die Arbeit nach dem Notruf
Das Team der Krisenintervention des Roten Kreuzes, das sich in Rufbereitschaft befindet, geht unmittelbar nach der Alarmierung durch die Rettungsleitstelle in den Einsatz.
"Der Einsatzbereich umfasst die Betreuung nach Katastrophen oder schweren Unfällen, nach dem Suizid eines Angehörigen, die Unterstützung der Polizei bei der Überbringung von Todesnachrichten, die Begleitung der Angehörigen nach Kindernotfällen und plötzlichen Kindstoden, sowie Vermisstenfälle oder andere außergewöhnliche krisenhafte Ereignisse", betonen Stabauer, Mösl und Wolfesberger.
Die Betroffenen reagieren dabei auf das Kriseninterventionsteam sehr unterschiedlich: Zunächst zeigen sich nach solch außergewöhnlichen Ereignissen meist sogenannte Belastungsreaktionen, welche von totaler Erstarrung, über Schweigen, blindem Aktionismus, körperlichen Reaktionen, wie Herzklopfen, Schnappatmung, Zittern bis hin zu völligem "Außer-sich-sein" und schreien reichen können.

- Foto: Rotes Kreuz Salzburg
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"Nach einer gelungenen Stabilisierung sehen die Betroffenen einen Weg – der nächste Schritt ist klarer und sie sind meistens dankbar für die Unterstützung", weiß das Team aus der Praxis. Insgesamt bleiben die Betreuer rund drei bis vier Stunden bei den Betroffenen.
Bedeutsam für die Gesellschaft
Das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes engagiert sich nahezu vollständig ehrenamtlich – rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr. Für die Zukunft wünschen sich die Helfer, dass das Thema psychische Gesundheit noch mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Das Kriseninterventionsteam ist überzeugt:
"So unsichtbar das Feld sein mag, so bedeutsam ist es für unsere Gesellschaft, für unsere Zukunft und für die Stabilität und Funktionalität so vieler Systeme unseres Landes."
Dafür ist jedwede Unterstützung hilfreich – "sei es durch Spenden oder schlicht durch Wertschätzung und gesellschaftliche Anerkennung", bemerken sie abschließend.
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