FLÜCHTLINGSSCHICKSAL
Von Glück, Fleiß und Integration
FREISTADT. Ali Abiad ist 37 Jahre alt und kommt aus Aleppo. Im Sommer 2014 startete er seine Flucht von Syrien über die Türkei, Griechenland und schließlich mit einem Schlepper und 30-stündiger LKW-Fahrt bis nach Graz. Mit Nichts kam er am Heiligen Abend 2014 im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen an. Heute, knapp viereinhalb Jahre später, spricht Ali perfekt Deutsch, ist ausgebildeter Altenpfleger, Vater von zwei kleinen Mädchen und gut integriert.
„Ich hatte Glück!“ sagt Abiad. Glück gepaart mit Ehrgeiz und Fleiß. Nach der zweijährigen Ausbildung zum Altenpfleger absolvierte er Ende April dieses Jahres die Pflegeassistenzprüfung mit Auszeichnung. Ende Juli setzte er mit der Auszeichnung bei der Fachsozialbetreuerprüfung noch einen drauf. Anfang September tritt er seinen Posten im Pflegeheim Freistadt an. „Ich freue mich schon auf die Arbeit. Zuhause ist es gerade sehr anstrengend“, witzelt der frischgebackene Vater. Kurz vor seiner großen Prüfung kam Töchterlein Ella zur Welt und hält jetzt gemeinsam mit ihrer eineinhalbjährigen Schwester Nara alle im Haus auf Trab.
Ali war bereits ins Flüchtlingsheim in der Kaserne Freistadt überstellt worden, als seine Frau Heba im Oktober 2015 auch nach Österreich flüchtete. In Freistadt angekommen, ging er als erstes mit seiner Frau zur Polizei. Dort wurde Heba offiziell als Kriegsflüchtling registriert. Seit 2017 wohnen die beiden bei Elke und Wolfgang Salzbacher in Freistadt. Sie haben das Obergeschoß als Flüchtlingswohnung zur Verfügung gestellt. Die Familien verstanden sich von Beginn an sehr gut und aus der Wohngemeinschaft entstand Freundschaft.
Ali Abiad spricht perfekt Englisch und konnte seine Kenntnisse als Dolmetscher einsetzen. So lernte er auch bald, Deutsch zu sprechen. „Ich möchte einen Beruf erlernen, der gebraucht wird“, erzählt Ali. Das Arbeitsmarktservice (AMS) Freistadt brachte ihn auf die Idee, Altenpfleger zu werden. Das AMS und die Familie Salzbacher unterstützten ihn bei seinem Vorhaben. In der Pflegeschule lernte er Sabine Neunteufel kennen. Sie wurde für ihn zur zweiten Mutter und unterstützte ihn in der Schule, wo sie nur konnte. Heba machte in der Zwischenzeit die Ausbildung zur Tagesmutter.
Die Kinder werden dreisprachig erzogen: Arabisch, Deutsch und Mühlviertler Dialekt. „Von mir lernen Nara und Ella gleich Dialekt“, sagt Elke Salzbacher schmunzelnd. Ali und Heba bemühen sich, miteinander viel Deutsch zu sprechen, wollen aber den Kindern auch die Muttersprache lernen. Die beiden haben in Österreich einen großen Freundeskreis und sind gut integriert. Sie sind Moslems und feiern gemeinsam mit ihren Freunden die muslimischen Feiertage genauso wie Weihnachten und Ostern. Mit ihrer Gastfamilie und Alis Schulkollegin hatten sie großes Glück. Sie haben die Chance der Integration erhalten und wahrgenommen.
Text und Fotos: Martina Lehner
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