(M)ein Job im Bezirk Freistadt
Pendeln ist nicht mehr zeitgemäß
Vor genau zwei Jahren ging die Plattform "meinjob-freistadt" online. Sie ist das Ergebnis eines Prozesses für Standortentwicklung für den Bezirk Freistadt. Die BezirksRundschau hat WKO-Freistadt-Leiter aus diesem Anlass zum Gespräch gebeten und mit ihm über die Entwicklung der Initiative und den Stellenwert des Pendelns zu sprechen.
Herr Wolfsegger, wie hat sich die Plattform meinjob-freistadt.at seit ihrer Gründung vor zwei Jahren entwickelt?
Wir sind von null weg gestartet. Nach zehn Monaten hat uns die Corona-Krise etwas ausgebremst. Dennoch halten wir derzeit bei 25 Unternehmen, die aktuell etwa 100 spannende Jobs anbieten. Die Arbeitgeber, die sich auf unserer Plattform präsentieren, gehören mit Sicherheit zu den interessantesten und attraktivsten Arbeitgebern im Bezirk. Qualität steht klar vor Quantität. Freilich würden wir die Zahl der teilnehmenden Arbeitgeber gerne noch verdoppeln.
Warum ist diese Initiative eine Herzensangelegenheit der WKO Freistadt?
Die Initiative wurde von regionalen Unternehmen in der WKO entwickelt . Sie liegt uns besonders am Herzen, weil die Arbeitskräfte der wichtigste Faktor für die Entwicklung der regionalen Betriebe sind. Es gibt zahlreiche Job-Plattformen, aber wir haben mit meinjob-freistadt.at einen klaren USP: Nur regionale Betriebe aus dem Bezirk dürfen sich und ihre Jobs hier präsentieren. Wir wenden uns an die regionale Bevölkerung: Jugendliche wollen wir gleich in der Region halten und Auspendlern zeigen wir die Vorteile regionaler Jobs auf und wollen sie zum Umdenken bewegen.
Wie sehr spürt man, dass Pendeln nicht mehr den gleichen Stellenwert hat wie vor einigen Jahren oder Jahrzehnten?
Das merkt man schon an den Zuwächsen bei den regionalen Arbeitsplätzen. Die Anzahl der gewerblichen Arbeitsplätze im Bezirk ist in den letzten 10 Jahren um 26 Prozent gestiegen, das ist mehr als doppelt so hoch wie im OÖ-Durchschnitt. Auspendeln war in den Jahren 1970 bis 2010 vielfach eine Notwendigkeit, das hat sich in den Gehirnen der Mühlviertler fest verankert und muss jetzt aufgebrochen werden. Das geht nicht von heut auf morgen, aber wir arbeiten massiv dran. Tolle Arbeitgeber-Betriebe haben sich im Bezirk etabliert. Doch vielfach kennt man diese gar nicht oder viel zu wenig.
Welche Bedeutung hat ein Job im Bezirk?
Die jüngeren Menschen, also die Generationen Y und Z, haben eine andere Wertewelt. Sie sind nicht bereit, besondere Strapazen auf sich zu nehmen, um zum Arbeitsplatz zu gelangen. Freizeit hat einen hohen Stellenwert. Hunderte Pendler-Stunden jährlich weniger im Auto oder Bus zu sitzen, das empfinden sie als großen Gewinn an Lebensqualität. Dazu kommt das massiv gestiegene Klima- und Umweltbewusstsein. Man will in einer intakten Naturlandschaft leben und arbeiten, vor allem weniger CO2 produzieren. Viele erkennen auch, dass kleinere und mittlere Familienbetriebe, wie sie im Bezirk vorherrschen, einfach krisensicherer sind.
Zahlen und Fakten rund ums Pendeln
- Fast 40 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren pendeln aus dem Bezirk Freistadt
- 17 Tage lässt ein Tagespendler, dessen Arbeitsplatz 30 Kilometer entfernt ist, pro Jahr auf der Strecke.
- 3.000 bis 5.000 Euro muss ein Pendler pro Jahr an Fahrtkosten investieren, wenn sein Arbeitsplatz 30 Kilometer von seinem Wohnort entfernt ist.
- 11.148 Arbeitnehmer aus dem Bezirk Freistadt müssen für die Fahrt zur Arbeit mindestens 30 Minuten in Kauf nehmen.
- Die Lehre wird immer beliebter in der Region: Vor fünf Jahren mussten noch mehr als 61 Prozent der Lehrlinge in andere Bezirke auspendeln. Heute sind es weniger als 50 Prozent. Mittlerweile gibt es 257 Lehrbetriebe in der Region, die 96 verschiedene Lehrberufe anbieten.
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