Abmahnwelle

Anwalt droht sogar Feuerwehr und Stadt Eferding mit Klage

"Wie ein Flächenbrand" hat die "Google Fonts" Abmahnwelle eines niederösterreichischen Anwalts auch die Bezirke Grieskirchen und Eferding erwischt. Im Auftrag seiner 34-Jährigen Mandantin aus Wien bekamen auch freiwillige Feuerwehr und Stadtgemeinde Eferding eine Zahlungsaufforderung: Wegen eines fragwürdigem Vergehens gegen die Datenschutzgrundverordnung. 

GRIESKIRCHEN, EFERDING. Mit einer Welle von Abmahnschreiben – die Rede ist von bis zu 50.000 Briefen – verärgert der Anwalt Marcus H. aus Niederösterreich derzeit Betriebe, Vereine und sogar gemeinnützige Organisationen in ganz Österreich. Auch hier: "Das ist ein regelrechter Flächenbrand, in Grieskirchen und Eferding gibt es Hunderte Betroffene", berichtet Hans Moser, WKOÖ-Bezirksstellenleiter. Nach Auffassung des Anwalts sollen die Website-Betreiber Google Fonts DSGVO-widrig verwendet haben. Der konkrete Vorwurf: Die verwendeten Schriftarten würden auf US-Servern liegen. Daher werde mit jedem Aufruf die IP-Adresse von Besuchern an Google in die USA weitergeleitet. Bei der 34-jährigen Mandantin des Anwalts, Eva Z. aus Wien, sei deshalb ein Gefühlsschaden entstanden. In ihrem Auftrag wurden die Briefe offiziell verschickt.

Geld oder Klage

Gegen eine Bezahlung von 190 Euro wird ein Vergleich angeboten. #+Bezahlt man nicht, drohen Anwalt und Mandantin mit Klage. Nach Recherchen der Tageszeitung "Der Standard" soll Eva Z. in einem AMS-Kurs gelernt haben, wie man in kurzer Zeit massenweise Websites auf vermeintliche Datenschutzfehler überprüfen kann. Anwalt H. schreckte auch nicht vor gemeinnützigen Organisationen zurück.

Sogar freiwillige Feuerwehr 

So droht sogar der freiwilligen Feuerwehr der Stadt Eferding eine Klage, auch sie hat Post aus Niederösterreich erhalten. "Ich habe geglaubt, das ist ein Schmäh, vor allem brauchen wir bei der Feuerwehr unser Geld wirklich für Dringenderes", so Kommandant Johannes Edtmayr. "Das muss ein Betrugsversuch sein", war der erste Gedanke eines betroffenen Unternehmers aus Grieskirchen, der anonym bleiben möchte. Auch ein Installateur aus Aschach an der Donau glaubte zunächst an "Fake oder Abzocke".

Stadtgemeinde Eferding betroffen

Von den Genannten denkt auf Nachfrage niemand daran, zu bezahlen – auch nicht die Stadtgemeinde Eferding, die ebenfalls eine Abmahnung erhalten hat. Amtsleiter Johannes Kreinecker sieht den Vorwurf der Datenschutzverletzung als haltlos und versichert: "Wir werden kein Geld an den Anwalt überweisen."

"Keinesfalls bezahlen"

Keinesfalls bezahlen und zunächst die eigene Homepage überprüfen, rät auch der Grieskirchner Rechtsanwalt Michael Hofinger, der bereits zahlreiche Anfragen in der Causa erhalten hat. "Auch wenn die IP-Adresse an Google weitergeleitet wurde, stellt sich im konkreten Fall die Frage, ob überhaupt ein Schaden für die betroffene Person entstanden ist. Diese Frage ist bis dato noch nicht abschließend geklärt." Rechtsanwalt Gernot Lehner aus Kallham sieht hingegen in Abmahnung und etwaiger Klage durchaus Aussicht auf Erfolg, sollte man tatsächlich gegen die DSGVO verstoßen haben. Ein Prozess könne dann schnell mehrere Tausend Euro kosten. "Einem falschen Vorwurf muss man sich aber natürlich nicht beugen", so Lehner. Der Anwalt rät ebenfalls zu einer gründlichen Überprüfung der eigenen Website. Dabei solle man seinen Online-Auftritt unbedingt auch auf andere Google-Dienste überprüfen, sonst könne schnell das nächste Ungemach drohen, empfiehlt Tobias Luger, Geschäftsführer der Digitalagentur "Lemontec" in Eferding.

Anzeige gegen Anwalt

Der Schuss könnte für das Duo nun aber nach hinten losgehen. Ein Anwalt aus Salzburg sieht den Verdacht des gewerbsmäßigen schweren Betrugs oder der gewerbsmäßigen schweren Erpressung und hat Anzeige eingebracht. Laut dem Anwalt soll für die Aktion eine Software verwendet worden sein. Es gilt die Unschuldsvermutung. Auch die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich ermittelt.