Können Kellerstöckl bald auch als Wohngebäude gelten?
In den südburgenländischen Weinbaugemeinden wächst der Wunsch, die idyllischen Keller auch als Hauptwohnsitze deklarieren zu dürfen.
In südburgenländischen Kellerstöckln darf man Wein produzieren, Geburtstage feiern oder Sommerfrischler einquartieren, aber nicht wohnen. Das verbietet die geltende Gesetzeslage der Raumordnung.
Das könnte sich aber möglicherweise ändern. In den Weinbaugemeinden entlang der ungarischen Grenze wächst der Wunsch, die idyllischen Keller auch als Hauptwohnsitze deklarieren zu dürfen. Das Regionalmanagement Burgenland (RMB) lotet bereits die Voraussetzungen dafür aus.
Neue Nutzungen ermöglichen
"Unser Ziel ist, dass jedes Kellerstöckl zum Hauptwohnsitz gemacht werden kann", sagt der Eberauer Bürgermeister Johann Weber. "In unserer Gemeinde gibt es am Wintner Berg, am Kulmer Berg und am Gaaser Berg weit über 400 Stöckl. Davon werden rund 200 häufig genutzt, 200 kaum genutzt, und rund 50 sind dem Verfall preisgegeben. Wenn wir keine neuen Nutzungen ermöglichen, droht noch mehr dieses Schicksal."
Die Infrastruktur von Wasser, Kanal und Straßen sei in den Weinbergen voll aufgeschlossen. Wird eine Wohnnutzung möglich, rechnet Weber mit 30 bis 40 zusätzlichen Hauptwohnsitzern in der Gemeinde.
Gesetzesänderungen
Für eine Wohnnutzung müsse die gesetzliche Grundlage für die Flächenwidmung geändert werden, erklärt Gerhard Pongracz, der in der RMB das Thema betreut und mit allen Gemeinden zwischen Rechnitz und Heiligenbrunn im Gespräch ist. "Es ist aber klar, dass die Ensemblewirkung der Kellerviertel nicht verlorengehen darf."
Auch Neubauten?
Ist ein Hauptwohnsitz im Kellerstöckl möglich, sollen auch Neubauten möglich werden. Die Gefahr einer Verhüttelung sieht Weber dadurch nicht. "Durch die Bauordnung können wir steuern. Die Bauvorschriften sollen unverändert bleiben. Wir wollen weder Bungalows noch Swimming Pools noch Vorgarten-Trampolins in den Kellervierteln."
Auch in Heiligenbrunn gebe es Sympathie für die Idee, sagt Bgm. Johann Trinkl. Im Herzen des Kellerviertels, das als Sonderzone besonderen baulichen Schutz genießt, solle sich trotzdem optisch nicht viel ändern, betont er. Aber Erleichterungen, wenn etwa Sanitärräume in einem Keller eingebaut werden, wären sinnvoll.
Auch in Strem haben etliche Kellerbesitzer den Wunsch geäußert, Erweiterungen oder Zubauten errichten zu dürfen, berichtet Bgm. Bernhard Deutsch.
Landschaftscharakter soll bleiben
"Derzeit berät eine Expertengruppe, wie man am besten vorgeht, damit der Landschaftscharakter nicht verloren geht. Vor allem der Weinbau soll darunter nicht leiden", sagt Bgm. Franz Wachter aus Deutsch Schützen-Eisenberg, wo es rund 300 Kellerstöckl gibt. "Am Schützener Weinberg, dem Eisenberg und dem Radlingberg in Edlitz gibt es bereits Wohnhäuser, aber Neuwidmungen sind nicht vorgesehen."
Große Skepsis zeigt der Kohfidischer Bürgermeister Norbert Sulyok. "Es müsste eine Infrastruktur geschaffen werden, die den Naturcharakter zerstören würde. Man bräuchte Gehsteige, Schulbusse, außerdem müssten Beleuchtung, Müllabfuhr und Ähnliches neu geregelt werden, ganz zu schweigen von Konflikten bei der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Ich bin für den sanften Tourismus, der soll aufrecht erhalten bleiben.“
Geltende Lage
Die aktuelle Raumordnung schiebt derzeit einige Riegel vor. Nur bei dringendem Wohnbedarf darf man in einem Kellerstöckel einen Wohnsitz begründen. Neubauten werden nur genehmigt, wenn sie in direktem Zusammenhang mit der Weinproduktion stehen. Zubauten sind mit 25 % der Gebäudefläche limitiert.
Laut Regionalmanagement Burgenland gibt es im Südburgenland rund 1.400 Kellerstöckel. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Rechnitz über den Csaterberg und den Wintner Berg bis nach Heiligenbrunn.
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