„Almen aus Plastik“ Release-Show im Glenthof Imst

„Von Seiten der Gemeinde“: Hip-Hop-Provinzbeobachter wortstark mit neuem Album

IMST(alra). Nicht nur internationale Stars bereichern das Musikfestival in Imst – auch die heimische Szene ist am Radar der Veranstalter und bekommt regelmäßig Raum auf der großen Bühne. Mit einem neuen Album im Gepäck nutzte „Von Seiten der Gemeinde“ (VSDG) die Plattform. Geboten wurden satirische Heimatbetrachtungen der besonderen Art im Tiroler Mundart-Rap-Style mit hohem Unterhaltungswert.

Vier Jahre hat sich das Trio Zeit gelassen, um mit dem neuen und dritten Album „Almen aus Plastik“ an den Start zu gehen. Ein Zeitraum, der den Tirolern Chrisfader, Testa und Yo!Zepp genügend Stoff zugespielt hat. Mit zynischen Blicken hinter Kulissen bzw. kritischem Kratzen an glänzenden Fassaden haben die Rapper die aktuelle (Schief-)Lage erfasst und in ein starkes und hörenswertes Konzept verpackt. Der inhaltliche Fokus liegt vorwiegend – wie schon in der Vergangenheit – auf Tirol und der täglichen Inspiration aus dem Alltagsgeschehen rund um Politik, Tourismus, Pandemie, absurden Eigenheiten und dem, was man wohl schmeichelhaft typische Mentalitätsmerkmale der Tiroler und Tirolerinnen nennt.

Klingendes Lokalkolorit

Das vorwiegend junge Publikum in Imst durfte sich davon überzeugen, dass das Leben im und rund um das Oberland als nicht versiegende Themenquelle für die musikalischen Ausbrüche der Band bestens geeignet ist. Die Songs in vertrautem Dialekt waren nach alter Manier gespickt mit Sprachsamples aus Fernsehbeiträgen oder YouTube-Videos und auch soundtechnisch ist sich das Trio treu geblieben. Inhaltlich fand selbstverständlich ein Update statt – was die Realität in den letzten zwei Jahren ohnehin schon überspitzt hat, haben die VSDG-Männer noch um ein entscheidendes Quäntchen nachgeschärft – sehr zur Freude der gut 350 ZuhörerInnen im Glenthof oder wie es VSDG umschrieb – „der Bude voll people“.

Alltagsbetrachtungen mit Biss und Augenzwinkern

Hochkommende Erinnerungen an die Piefke-Sage waren bei manchen Songs weder zufällig noch unerwünscht und zumindest bei dem Teil des Publikums, der alt genug für die Kultserie war, Pflicht. Die drei Herren von VSDG erwiesen sich als Spezialisten für die bühnentaugliche Umsetzung von präzisen Beobachtungen des Zeitgeschehens – bodenständig formuliert, inhaltlich äußerst kreativ durchdacht und umgesetzt. Gekonnt lieferten sie eine Mischung aus Augenzwinkern und leicht erhobenem Zeigefinger. Denn von reiner Bespaßung ist das Projekt des Trios dann doch weit entfernt, etwa wenn es um Stücke wie die „Wolffreie Zone“, „Anna“, „Ora @ Labora“ oder „Toad“ geht. Auch gerappt und mit viel Schmunzeln bleibt manches Thema im Unterton ernst, so wie bekannterweise die dörfliche Idylle oft trügerisch. Dass dazwischen viel amüsante, lockere und gelungen satirisch-ironisch aufbereitete Heimatkritik Platz findet, die den Finger an der richtigen Stelle in die Wunden der Zeit legt, spricht für das gute Gespür von VSDG. Die Truppe hat sich zurecht, wie der Zuspruch der textsicheren Fans im Imster Glenthof eindeutig bewies, eine breite Aufmerksamkeit erarbeitet und sich im heimisch rar besetzten Genre innovativ mit charakteristischem Alleinstellungsmerkmal bestens etabliert. Das ausdauernde Publikum forderte Zugabe um Zugabe und kam akustisch und dank pompöser Lichtshow auch visuell vollends auf seine Kosten.