BB-Interview: Imkerpräsident Reinhard Hetzenauer
"Achtung vor Honigfälschungen"

Das Team im Imster Honigladen mit Präsident Reinhard Hetzenauer (2.v.l.) | Foto: Perktold
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  • Das Team im Imster Honigladen mit Präsident Reinhard Hetzenauer (2.v.l.)
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Reinhard Hetzenauer ist Präsident des Tiroler und des Österreichischen Imkerbundes. Im Gespräch mit den BB zeigt er Wohl und Wehe der Imker auf. 

BEZIRKBLÄTTER: : Lieber Herr Präsident, gleich zu Beginn eine aktuelle Frage. Der Honig gilt als eines der meist gefälschten Lebensmittel, warum?

REINHARD HETZENAUER. "In Europa und auch in Österreich kann die Honig-Nachfrage nicht gedeckt werden. Der Selbstversorgungsgrad bei Honig liegt in Österreich bei ungefähr 40 %. Der Rest wird aus der ganzen Welt importiert. Da liegt es auf der Hand, dass Geschäftemacher auf den Plan gerufen werden, die die Situation zu ihrem Vorteil ausnützen. Vor einigen Jahren lautete ein Schlagzeile in einer großen Tageszeitung: China überschwemmt den Weltmarkt mit gefälschtem Honig."

Kann die Genossenschaft eine Qualitätskontrolle garantieren?

"Ja, sicher, wir lassen jeden Honig, den wir von unseren Tiroler Imkerinnen und Imkern erhalten, im Labor untersuchen. Die Honige, die wir in der Genossenschaft verkaufen müssen strengen Qualitätskriterien entsprechen."

Wie kann man als Konsument die Qualität eines Honigs erkennen?

"Für den Konsument ist es schwierig, die Honigqualität zu beurteilen. Wenn der Honigkunde den Honig von der Imkergenossenschaft oder von einem Imker oder Imkerin in seiner Nachbarschaft bezieht, ist eine hohe Qualität gesichert."

Die vergangenen Jahre waren teilweise schwierig, die Erntemengen variierten stark. Warum?

"Die Honigerträge der Bienenvölker hängen nur von der Natur ab. In der Zeit vom April bis Juli muss es warm sein, keine Kälteeinbrüche, keine Starkregenereignisse und keine Stürme. Wir Imker können nur schauen, dass unser Bienenvolker gesund und stark ist, das heißt viele Bienen umfasst. Es kann Jahre geben, in denen der Imker fast keinen Honig ernten kann."

Bienenprodukte sind ja sehr vielfältig einsetzbar. Wo liegen neben dem Honig die Schwerpunkte?

"Jeder verbindet mit Bienen in erster Linie den Honig. Aber die Bienen bieten uns noch viel mehr. Da ist das Bienenwachs für Kerzen und Wachsauflagen und der Bütenpollen als wichtiger Eiweißspender. Dann die Propolis, d.i. das Kittharz, das zu Tinkturen und Cremen verarbeitet wird oder das Geleeroyal, der Königinnenfuttersaft, dem besondere Eigenschaften zugeschrieben werden. Nicht vergessen darf auch das Bienengift, das in verschiedenen Medikamenten enthalten ist."

Man sprich sogar von überaus wirksamen Wundauflagen mit speziellem Honig. Was muss man darunter verstehen?

"Die wundreinigende und antibakterielle Wirkung von Honig war schon im alten Ägypten bekannt. Heute werden in Apotheken Honigwundauflagen oder Honigwundsalben angeboten. Dafür wird Manukahonig aus Neuseeland verwendet, bei dem diese Wirkstoffen besonders ausgeprägt vorhanden sind."

In Imst ist eine gut funktionierende Filiale der Tiroler Imkergenossenschaft beheimatet. Was bietet man hier alles an?

"Die meisten verbinden mit der Imkerfiliale den Honig. Aber wenn man auf einen Besuch in der Imkergenossenschaft vorbeikommt, ist jeder erstaunt, in wievielen Erzeugnissen Produkte aus dem Bienenstock drinnen sind. Nur ein Beispiel: Wer denkt schon dass es eine Honigzahnpaste gibt? Kommen Sie einmal vorbei und überzeugen sich selbst."

Die Biene ist ein sensibler ökologischer Indikator. Müssen wir uns Sorgen machen?

"Die Biene ist ein Umweltindikator, d.h. wenn in der umgebender Natur etwas nicht in Ordnung ist, merkt das der Imker sofort an seinen Bienen. Das Bienenvolk entwickelt sich nicht weiter, einzelne Bienen verhalten sich abnormal oder viele Bienen liegen tot vor dem Bienenstock. Durch Kleinstrukturiertheit der Landwirtschaft in Tirol und unseren intensiven Kontakten zu den landwirtschaftlichen Organisationen geht es unserer Natur in Tirol im Vergleich zu anderen Gegenden sehr gut."

Wo liegen die größten Probleme für die Imker, bzw. Die Bienen?

"Für die Biene stellt die Varraomilbe immer noch ein großes Problem dar. Aber durch die gute Betreuung durch die Bienenhalter hat man den Parasit im Griff. Ein anderer Problempunkt stellt die Nahrungsversorgung dar. Die Biene braucht vom Frühjahr bis in der Spätherbst eine blühende Natur."

Wieviele Imker gibt es in Tirol, bzw. Im Bezirk Imst?

"In Tirol gibt es derzeit 3.200 Imkerinnen und Imker, davon im Bezirk Imst 386."

Was wünscht man sich als Präsident des Tiroler und österreichischen Imkerbundes von der Politik?

"Die Tiroler Politiker haben die Bedeutung der Honigbiene erkannt und unterstützen die Imkerschaft auf mehreren Wegen. Auf Bundesebene sieht die Situation etwas anders aus. Nicht nur, dass der Zugang zu den Entscheidungsträger schwieriger ist, müssen auch die Situationen in den einzelnen Bundesländern unter einen Hut gebracht werden. Im Großen und Ganzen bin ich aber zufrieden."

Das Gespräch führte 
Clemens Perktold

Kampf um die Bienen

Eine große Familie namens Imker-Genossenschaft (mit Video)

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