Barocke Schätze aus dem Müll gerettet
Turmmuseum Oetz präsentiert kostbare Fundstücke – Heiligenstatuen bewahrt und restauriert

Zwei barocke Statuen, die vermutlich vom Bildhauer Joseph Witwer stammen, wurden nach Jahrzehnten wiederentdeckt und restauriert.
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  • Zwei barocke Statuen, die vermutlich vom Bildhauer Joseph Witwer stammen, wurden nach Jahrzehnten wiederentdeckt und restauriert.
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OETZ(alra). Als im Jahr 1967 Umbauarbeiten in der Obergurgler Pfarrkirche anfielen wurde vieles ausgeräumt und entsorgt. Im Überschwang landeten auch zwei Statuen im Bauschutt, die vom damaligen Mesner gerettet wurden. Nach Jahrzehnten übergab sein Sohn Bernhard Scheiber die Figuren vor ca. drei Jahren an Restaurator Gerhard Knabl, der den kostbaren Schätzen wieder zu Glanz und Würde verholfen hat. Kürzlich wurden die barocken Werke in Oetz feierlich präsentiert. Sie sind von der Diözese als Dauerleihgabe an die Ötztaler Museen vergeben und werden im Turmmuseum Oetz in das zukünftige Programm integriert.

In der Pfarrkirche in Obergurgl fanden 1967 bauliche Arbeiten statt. Dabei wurde auch entrümpelt – dieser Aktion fielen zwei Figuren zum Opfer. Jedoch nur beinahe – Mesner Martin Scheiber erschienen die Objekte zu schade für den Müll und so deponierte er sie in seinem Wirtschaftsgebäude, wo sie jahrzehntelang verblieben. 1984 wurde das Gebäude abgerissen und Sohn Bernhard Scheiber, selbst bildhauerisch aktiv, behielt die Figuren. Doch auch er lagerte die mittlerweile desolaten Stücke mehr oder weniger unbeachtet in einem Schuppen. Vor ca. drei Jahren entschied sich die kunstaffine Familie Scheiber dann jedoch tätig zu werden. Der befreundete Restaurator Gerhard Knabl aus Imst wurde zu Rate gezogen.

In fachliche Hände gelegt

Die Expertise Knabls ergab eine starke Ähnlichkeit zu Arbeiten Joseph Witwers, der von der Imster Bildhauerfamilie Witwer abstammte. Schnitzstil und Fassung beschreibt der Fachmann als identisch, als Herstellungsdatum ordnet er das Jahr 1680 zu. Der Restaurator informierte das Bundesdenkmalamt über den beachtlichen Fund. Von dort aus erfolgte dann auch die Vermittlung an den Turmmuseumsverein Oetz. Bevor mit einer professionellen Restaurierung begonnen werden konnte galt es die Besitzverhältnisse und die Übernahme der Restaurierungskosten zu ordnen. Nach Abklärung der Eigentumsverhältnisse verbleiben die Statuen bei der Pfarre Obergurgl. Mit der Rechtsabteilung der Diözese Innsbruck wurde ein Dauerleihvertrag mit den Ötztaler Museen abgeschlossen. Der Turmmuseumsverein Oetz übernahm die organisatorischen Belange rund um die Kostenabwicklung durch Sponsoren und die Tiroler Landesgedächtnisstiftung.

Recherchiert und restauriert

Gerhard Knabl verbrachte unzählige Stunden mit Recherche und Restaurierung der Statuen, die er wie folgt zuschreibt: „Es könnte sich bei einer Figur um Dominikus handeln. Er stiftete den Dominikanerorden. Die andere Skulptur dürfte Thomas von Aquin darstellen – er war der größte kirchliche Philosoph und Theologe des Mittelalters.“ Auch die zeitliche Zuordnung erfolgte sehr ausführlich anhand von Abgleichen mit anderen Arbeiten und dem Nachweis von stilistischen Übereinstimmungen. Von der Festigung, der Reinigung, Ergänzungen, Retuschen bis hin zum Überzug erfolgte Schritt für Schritt eine Wiederbelebung der meisterlichen Kunst, die einst mit hoher Wahrscheinlichkeit Joseph Witwer geschaffen hat. Mit viel Respekt vor der Intention des Künstlers traf Knabl die Entscheidung fehlende Hände bzw. Finger nicht zu ergänzen, um keine Interpretationsmöglichkeiten zu geben, die im Ursprung nicht beabsichtigt waren.

Feierlicher Anlass

Zur Präsentation im Turmmuseum in Oetz fanden sich viele Interessierte ein – auch das Podium der RednerInnen war stark besetzt. Christian Nösig, Obmann des Turmmuseumsvereins, übernahm die Begrüßung der Gäste. Die Ansprachen erfolgten durch DDr. Herwig van Staa, Präsident der Tiroler Landesgedächtnisstiftung, Mario Kometer MSc, Vorstandsmitglied der Sparkasse Imst Privatstiftung, Dr. Martin Kapferer, Archivar Diözese Innsbruck, Mag. Gerhard Knabl, Restaurator, MMag.a Dr.in Edith Hessenberger, Leitung Ötztaler Museen. Die musikalische Umrahmung übernahm ein Ensemble der Landesmusikschule Ötztal.

Engagiertes Projekt

DDr. Herwig van Staa lobte die kulturellen Aktivitäten im Ötztal, die vom Gedächtnisspeicher bis zum Turmmuseum reichen und auch die Rettung der Statuen umfassen: „Es sind großartige Ereignisse und es freut mich, wenn die Landesgedächtnisstiftung dazu einen Beitrag leisten konnte. Es freut mich auch, dass man die beiden Figuren wieder entdeckt hat und sie heute in den offiziellen Kreis der Objekte des Turmmuseums aufnimmt und die Restaurierung so wunderbar gelungen ist.“ Auch Mario Kometer, MSc, Vorstandsmitglied der Stiftung Sparkasse Imst, betonte die langjährige fruchtbare Verbindung zum Turmmuseumsverein und der Landesgedächtnisstiftung. Er verwies auf die Bedeutung solch ambitionierter Projekte und die Notwendigkeit, sie zu unterstützen: „Kultur, Tradition und Brauchtum ist Gründungsauftrag in der Sparkasse Imst. Da wir wissen, dass dies auch im Verein des Turmmuseums verankert ist, arbeiten wir gerne zusammen, auch weil sich die Mitglieder des Vereins sehr engagieren.“

Große Schau geplant

Dr.in Edith Hessenberger, verantwortlich für die Leitung der Ötztaler Museen, kündigte bereits eine geplante Ausstellung zum Thema Barock im Tiroler Oberland mit dem Schwerpunkt Ötztal an. Im Zuge dieser Schau im Turmmuseum Oetz werden die barocken Statuen dann der breiten Öffentlichkeit für einen längeren Zeitraum zugänglich gemacht.

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