Politisches "Hick-Hack" um Innkraftwerk Telfs

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TELFS. Kritik und Bedenken äußern LH-Stv. und Umwelt-Landesrat Hannes Gschwentner sowie der WWF zum geplant Laufkraftwerk am Inn bei Telfs, LH Platter spricht sich hingegen für einen Bau aus, die Errichter und Betrteiber Innsbrucker Kommunalbetriebe garantieren einen umweltschonenden Ausbau.

Noch keine Information zum Stand des Projektes gibt es vom Umweltamt, eine Stellungnahme sollte in Bälde erfolgen, erst dann können weitere Schritte unternommen werden. Beamte im Land waren jedenfalls überrascht über so manche Aussagen der Politiker, vor allem über jene, die das Kraftwerk für nicht genehmigungsfähig erklärten.

IKB-Vorstandsvorsitzender DI Harald Schneider: „Sollte unser Projekt genehmigt werden, garantieren wir eine Umsetzung unter größtmöglicher Schonung der Umwelt. Selbstverständlich orientieren wir uns dabei auch an dem durch den Kriterienkatalog vorgegebenen Rahmen.“

Einen Aufschrei hat es nach den politischen Bekenntnissen von Landeshauptmann Günter Platter zum Kraftwerk gegeben: Der WWF meint in einer Presseaussendung: "Das fachlich nicht genehmigungsfähige Kraftwerk Telfs soll nun offenbar politisch durchgepeitscht werden. Gemäß des Tiroler Kriterienkataloges Wasserkraft fällt das IKB-Kraftwerk Telfs in den Bereichen Naturschutz und Gewässerökologie ganz klar durch, und erzielt auch im Energiebereich nur unterdurchschnittliche Werte."

"Die Tinte der Unterschriften ist noch kaum trocken, da bricht Landeshauptmann Platter bereits seinen fulminant vorgestellten Katalog, der darüber hinaus auch noch von Landesregierung und Landtag beschlossen wurde“, ist Christoph Walder, WWF-Flussexperte, empört.

Die öffentliche Aussage Platters ist laut WWF ein Versuch, vor dem Hintergrund der Atomdebatte schon lange geplante - und fachlich für tot erklärte - Kraftwerke politisch durchzusetzen. Beim Kriterienkatalog handle es sich dann um eine Mogelpackung, so Walder. Beim WWF sei man darin bestärkt, seine Unterschrift unter den Kriterienkatalog verweigert zu haben.

Gemäß des Tiroler Kriterienkataloges Wasserkraft erreicht das IKB-Kraftwerk Telfs sowohl im Naturschutz als auch in der Gewässerökologie null von fünf möglichen Punkten, weil der Stau ein Sonderschutzgebiet berührt bzw. weil mehr als drei sensible Kriterien berührt werden, von denen zwei (lange freie Fließstrecke, faunistisch-floristische Bedeutung) eine sehr hohe Bedeutung haben. Auch im Energiebereich erreicht das Projekt durch den so genannten Klimabonus mit nur 0,458 von 1,2 möglichen Punkten unterdurchschnittliche Werte.

„Dieses Kraftwerk ist für die Energieversorgung Tirols völlig unnotwendig und zerstört nur die letzten Innauen, die am massiv genutzten Fluss noch übrig sind“, schlussfolgert Walder. Es würde nur den Stromverbrauchszuwachs des Landes Tirol für gerade einmal sechs Monate abdecken.

IKB-Vorstandsvorsitzender DI Harald Schneider betont, das Kraftwerk kann sauberen, CO2-freien Grundlaststrom für über 20.000 Haushalte liefern und entsprechende Importe - von auch in Atomkraftwerken erzeugter elektrischer Energie – ersetzen. Die CO2-Einsparung von 44.000 to pro Jahr entspricht rund
500.000 LKW-Fahrten zwischen Kufstein und Brenner.

Laut Schneider wurden die demnächst umsetzungsreifen Kraftwerkspläne optimal den Umweltschutzerfordernissen angepasst. Schneider: „Der Aufstau liegt beim Sonderschutzgebiet innerhalb der natürlichen jahreszeitlichen Schwankungen des Innwasserstandes. Der etwas höhere Wasserstand wertet das Schutzgebiet sogar auf, denn durch die fortschreitende Flusseintiefung sind die Grauerlen von Austrocknung bedroht. So entsteht aus der zunächst angenommenen geringen Beeinträchtigung langfristig sogar ein nachhaltiger Nutzen für den geschützten Auwald.“

Ausgleichsmaßnahmen schaffen neuen Lebensraum, heißt es zudem von seiten der IKB: "Für die bei Hochwasser ohnedies überfluteten Uferbereiche und die Schotterbänke würden unterhalb der Staustufe neue hochwertige Lebensräume geschaffen. Das Projekt Telfs ist mit dem geplanten Maßnahmenkatalog ein naturschutzrechtlich gut verträgliches Vorhaben, das bei entsprechender Umsetzung als österreichweites Vorzeigeprojekt gelten kann."

Insgesamt liege das projektierte Innkraftwerk Telfs an einem topographisch und energiewirtschaftlich geradezu idealen Standort, ist Schneider überzeugt. Vor Ort befindet sich ein Umspannwerk und es liegt in unmittelbarer Nähe zu den Stromverbrauchern.

Gegen das innkraftwerk bei Telfs spricht sich neben dem WWF auch LA Bernhard Ernst von der Liste Fritz – Bürgerforum Tirol aus und kritisiert Platter: „Landeshauptmann Platter spielt - das Fukushima-Drama ausnützend - den starken Mann, um im Schatten dieser Tragödie konzeptlos in Tirol Wasserkraftwerke durchzuboxen. Er sollte wissen, dass es für das Innkraftwerk Telfs kein eingereichtes Projekt gibt. Die Projektbetreiber haben ihr Kraftwerk bewusst nach unten dimensioniert, um die Pflicht zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu umgehen. Das Projekt nutzt das Energiepotential nur zum Teil, auch die Anrainergemeinde Rietz ist gegen das Projekt, das nach wie vor Eingriffe in den geschützten Naturraum verursacht. Das Innkraftwerk Telfs konterkariert das mit Mitteln des Landes Tirol geförderte Projekt „DER INN“ (in Kooperation mit dem WWF). Gesetze haben für alle zu gelten, was sich Landeshauptmann Platter wünscht spielt keine Rolle. Für die Lebensader Inn braucht es ein ganzheitliches Konzept, dass mit Bürgern, Gemeinden und Umweltverbänden zu erarbeiten ist“, erklärt der Klubobmann und Energiesprecher LA Ernst.

Die Liste Fritz – Bürgerforum Tirol verlangt daher endlich ein umfassendes Energiekonzept für das Land. Energiesprecher LA Bernhard Ernst schlägt ein Bündel an Maßnahmen für eine moderne Energiepolitik vor, etwa Energie sparen in Haushalten und Unternehmen, Effizienz Maßnahmen durch modernes Haustechnik- und Stromverbrauchsmanagement, Optimierung der 700 Kleinwasserkraftwerke in Tirol, Umfassender Ausbau der Trinkwasserleitungen mit Trinkwasser-Kraftwerken, Nutzung von 10.000 Tiroler Dächern für Photovoltaik (=Sonnenstrom)-Anlagen, Schaffung eines vernünftigen Photovoltaik-Einspeisetarifes, Änderung des Netzgesetzes um Überschussstrom an Nachbarn liefern zu dürfen.

Erfreut zeigt sich VP-Energiesprecher LAbg. Anton Pertl zu der Haltung von LH Platter zum Flusskraftwerk Telfs: „Wo ein Wille ist, da muss auch ein Weg sein,“ so Pertl in Richtung Naturschutzreferent. „Keiner verlangt, dass jetzt angesichts der Katastrophe in Japan für alle Wasserkraftprojekte ein Blankoscheck ausgestellt wird. Aber beim Laufkraftwerk in Telfs wurden mehrere Varianten ausgearbeitet und bereits vorgestellt, bei denen auf die ökologischen Gegebenheiten vor Ort eingegangen und der technische Nutzen optimiert wurde“, so LAbg. Anton Pertl. Der Inn bei Telfs sei für ein solches Laufkraftwerk ein idealer Standort und garantiere eine regionale Versorgungssicherheit.

Auch die ÖVP Telfs zeigt sich erfreut über das Bekenntnis von LH Platter zum Innkraftwerk Telfs!

"Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Welt von einer schrecklichen Atomkatastrophe heimgesucht wird, ist das klare Bekenntnis von LH Günther Platter zum Ausbau der Wasserkraft das richtige politische Signal", betont Ortsparteiobmann Christoph Stock erfreut.

Die ÖVP Telfs tritt seit längerem für das geplante Wasserkraftwerk in Telfs ein.
Gemeindevorstand Herbert Klieber, der eine Plattform "pro Kraftwerk" gegründet hat, betont, dass an den erneuerbaren Energieträgern kein Weg vorbei führt. "Tirol müss zukünftig verstärkt die Ressourcen nutzen, die in Fülle vorhanden sind. Das von der IKB geplante Kraftwerk bietet unzählige Möglichkeiten für die gesamte Region rund um Telfs. Es wäre auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Ortes fahrlässig, diese Chance verstreichen zu lassen", so der Landwirt in einer ersten Reaktion.

Gemeindevorstand Mag. Stöfelz bekräftigt, dass es nun entscheidend sein wird, die Bevölkerung eingehend über das geplante Kratwerk zu informieren. "Ein solches Projekt lässt sich nur mit der Unterstützung der Bevölkerung verwirklichen. Gerade für die junge Generation ist die Frage Energieversorgung eine äußerst wichtige. Die jungen Menschen in Tirol haben mit LH Günther Platter einen starken Partner, dem die Anliegen der Jugend sehr wichtig sind", zeigt sich Stöfelz überzeugt. Deshalb fordert die ÖVP Telfs, dass das Thema Innkraftwerk Telfs beim nächstwöchigen Gemeindevorstand auf die Tagesordnung gesetzt und umfassend erörtert wird.

Freude drückt auch der Präsident der Industriellenvereinigung Tirol, Dr. Reinhard Schretter, aus, nachdem Platter sein "Ja" zum KW Telfs geäußert hat: „Die klaren Worte von LH Günther Platter über die sinnvolle Nutzung der Tiroler Wasserkraft sind wohltuend und bieten auch eine klare Orientierung für Unternehmen und Mitarbeiter. Sich auf eigene Stärken zu besinnen, bringe Bewegung in erstarrte Fronten und öffne den Weg in die Zukunft: Technisch und umweltpolitisch betrachtet sei die Wasserkraft – mit Wirkungsgraden bis zu 90 % - als Stromquelle mehr oder weniger unschlagbar", so der Tenor aus der Tiroler Industrie.

Die Richtung des Landeshauptmannes könne nur unterstützt werden: Nämlich den Strom, der gebraucht wird, möglichst selbst zu erzeugen. Durch Einsatz von Tiroler Know-How bei der Errichtung neuer Kraftwerke sei ein erhebliches Maß an regionaler Wertschöpfung zu erzielen - sowohl im Zuge der Errichtung als auch durch Instandhaltungsmaßnahmen über Jahrzehnte hinaus, so Präsident Schretter.

Schretter: „Wasserkraft ist eine effiziente, saubere, nachhaltige und erneuerbare Energieform mit dem höchsten Wirkungsgrad. Moderne Kraftwerke produzieren genauso Ökostrom wie Anlagen zur Nutzung der Solarenergie und Windkraftwerke. Jetzt ist die Zeit reif, diese Ressource gezielt zu nützen.“

Für ein Laufkraftwerk in Telfs spricht sich auch die Telfer FPÖ aus, diese Haltung vertritt auch FPÖ-Landespartei- und Landtagsklubobmann Mag. Gerald Hauser: „Wir unterstützen die Nutzung der Wasserkraft und auch den Ausbau des Innlaufkraftwerks.“ Bei entsprechend gutem Willen könne eine Variante gefunden werden, die ökologischen Gesichtspunkten entspreche. Wegen des gewünschten Ausstiegs aus der Atomenergie müsse die eigene Ressource Wasserkraft genützt werden. „Die Erträge der Wasserkraftnutzung muss man der Bevölkerung und den Gemeinden zukommen lassen“, fordert Hauser. Er tadelt: „Die Grünen haben in den letzten Jahren jedes Wasserkraftwerksprojekt verhindert oder erschwert oder verunmöglicht und tragen daher eine Mitschuld an der Vielzahl der bestehenden Atomkraftwerke.“ Er, Hauser, trete für die umweltschonende Nutzung der Wasserkraft ein, der Kriterienkatalog schaffe die Voraussetzungen dafür.

ZUR SACHE:
Die Projektdaten zum geplanten Inn-Kraftwerk bei Telfs:
Leistung: 14,2 MW
Jahresarbeitsvermögen: 70 GWh für 20.000 Haushalte im Jahr
Ausbauwassermenge 220 m³/s
Fallhöhe: 7,36 m
Staulänge: ca. 3,1 km
CO2-Einsparung: 44.000 to pro Jahr – entspricht rund
500.000 LKW-Fahrten Kufstein – Brenner
Investitionsvolumen: ca. 74 Millionen Euro

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