Tiroler Industrie 2011 wieder im Plus: Jetzt ist Zeit für Reformen gekommen

Die derzeitige Stimmung in der Tiroler Industrie ist gut, dennoch gibt es einige Themen, die den heimischen Betrieben unter den Nägeln brennen, wie Spartenobmann Hermann Lindner und Geschäftsführer Oswald Wolkenstein (r.) zu bedenken geben. | Foto: WKT
  • Die derzeitige Stimmung in der Tiroler Industrie ist gut, dennoch gibt es einige Themen, die den heimischen Betrieben unter den Nägeln brennen, wie Spartenobmann Hermann Lindner und Geschäftsführer Oswald Wolkenstein (r.) zu bedenken geben.
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TIROL. „Mit dem Jahr 2011 hat die Tiroler Industrie wieder an die positive Entwicklung vor der Krise angeschlossen“, erklärt Hermann Lindner, Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Tirol. Diese Feststellung lässt sich mit eindrucksvollen Zahlen aus dem aktuellen Jahresbericht der Tiroler Industrie untermauern: Demnach hat sich die abgesetzte Produktion um mehr als 7 Prozent erhöht und erreichte 9,5 Milliarden Euro. „Damit konnte das Rekordniveau von 2008 nicht nur wieder erreicht, sondern sogar leicht überflügelt werden. Das ist ein deutliches Signal dafür, dass die Tiroler Industrie die globale Wirtschaftskrise ausnehmend gut überstanden hat“, zeigt sich Lindner zufrieden.

Beschäftigung
Das Jahr 2011 ist ein Rekordjahr, was die Beschäftigungszahlen in der Industrie anbelangt: Die Zahl der Beschäftigten ist im Vergleich zu 2010 um 3,84 Prozent auf 40.969 gestiegen. Besonders in den Branchen Bergwerk-Stahl und Metall gibt es deutliche Zuwächse. Ein deutliches Minus von 28,47 Prozent musste jedoch in der Gießereiindustrie durch den Konkurs der Fa. Tiroler Gusskomponenten hingenommen werden. Im laufenden Jahr dürfte sich die positive Entwicklung bei den Beschäftigtenzahlen weiter fortsetzen, erklärt Lindner: „28 Prozent und damit mehr als ein Viertel unserer Unternehmen können sich vorstellen, heuer noch zusätzliche MitarbeiterInnen einzustellen“.

Maut-Problematik
Hinter der guten Entwicklung steht allerdings schon wieder ein Fragezeichen. „Wir stehen im internationalen Wettbewerb, werden aber ständig mehr belastet als unsere Mitbewerber“, sagt Lindner und verweist auf die sich weiter verschärfende Maut-Problematik in Tirol.

Ende letzten Jahres hat das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie die Mauttarifverordnung bekanntlich dahingehend geändert, dass (gestaffelt) ab Jänner 2012 bis 2015 für die Inntalautobahn zwischen Kufstein und Innsbruck ein Mautzuschlag eingehoben wird. Die Staffelung, beginnend mit einem 10-prozentigen Mautzuschlag, ist in Kraft und veranlasst die Tiroler Industrie bereits jetzt, Alarm zu schlagen: In einem einzigen Unternehmen hat die Zusatzmaut bis Ende April zu einer Mehrbelastung von 86.000 Euro geführt! Hochgerechnet auf das Jahr bedeutet dies eine Mehrbelastung von 260.000 Euro. Für Spartenobmann Lindner ist die Schmerzgrenze damit erreicht: „Eine weitere Anhebung der Maut führt nun tatsächlich zu einem Wettbewerbsnachteil, der unweigerlich zum Verlust von Arbeitsplätzen führen wird.“

Lindner verweist auf die erfolgreichen Verhandlungen von Präsident Bodenseer in Wien, dem es gelungen ist, eine Staffelung herbeizuführen; in Kombination mit der Aufhebung von Fahrverboten. „Dies ist aber nur teileweise geschehen! Deswegen fordern wir, dass die Mauttarifverordnung dahingehend geändert wird, die Zuschläge bei 10 Prozent zu belassen“, sagt Lindner. Andernfalls sähe sich die Tiroler Industrie gezwungen, alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um diese Verordnung zu kippen. Denn es geht auch anders: Für die ebenfalls großen Tunnelprojekte Koralm und Semmering, für die keine Mittel der EU bzw. eines Nachbarstaates fließen, sind auf den betroffenen Gebieten keine Mauterhöhungen vorgesehen.

Sozialpartnerschaft
In den vergangenen Jahren gab es viele Gespräche mit Gewerkschaften bzw. der Arbeiterkammer bezüglich Kollektivverträge, Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen, Kurzarbeit oder Schlichtungen von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Die Sparte Industrie hat festgestellt, dass alle Gespräche auf Betriebsebene zusammen mit den Sozialpartnern zu teilweise sehr guten Ergebnissen geführt haben. Hier kam es zu einer Versachlichung der Argumente, die zu guten Ergebnissen beigetragen haben.

„Spätestens bei den Kollektivvertragsverhandlungen stellen wir jedoch fest, dass die sachliche Ebene verlassen wird, die für solche Verhandlungen notwendig wären“, wundert sich Lindner. Es werden dabei zumeist Unternehmen mit einer ausgezeichneten Bilanz als Referenz herangezogen, jedoch „vergisst“ man dabei auf wirtschaftlich schlecht aufgestellte Unternehmen, die sich die hohen Abschlüsse nicht mehr leisten können. „Durch die hohen Rohstoff-, Energie- oder Mautkosten sind die Unternehmen wirklich am Plafond angelangt und zum Teil nicht mehr in der Lage höhere Löhne zu zahlen“, erklärt Lindner. Zur Absicherung von Standort und Arbeitsplätzen sollten, so Lindner, „die Gespräche im wahrsten Sinne des Wortes sozial und partnerschaftlich geführt und die gegenseitigen Argumente in diesem Sinne abgewogen werden.“

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