Ausstellung im NHM
Über Eisbären, Beluga-Wale und den Klimawandel
Seit 200 Jahren arbeiten der Tiergarten Schönbrunn und das Naturhistorische Museum (NHM) Wien für Forschung und Bildung zusammen. Aktuelles Beispiel ist das Eisbären-Präparat für die neue Sonderausstellung. Mehr darüber erfuhr man bei einem Blick hinter die Museumskulissen.
WIEN/INNERE STADT/HIETZING. "Arktis – polare Welt im Wandel" heißt die neue Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum (NHM) Wien, die ab 8. November zu sehen ist. Damit die hohen Anforderungen an die Schau eingelöst werden, arbeiten schon seit vielen Wochen zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Hochtouren hinter den Kulissen an dem Projekt. Eine dieser Anforderungen ist der Bildungs- und Forschungsauftrag, und diesen erfüllt auch der Tiergarten Schönbrunn. Beide geschichtsträchtigen Einrichtungen arbeiten dafür schon seit sage und schreibe 200 Jahren zusammen. Das jüngste Ergebnis dieser Kooperation konnte man kürzlich bei einer Präsentation im NHM Wien bestaunen: das Präparat eines Eisbärs.
Hinter dem Objekt steht ein trauriger Vorfall: Im Oktober 2022 starb im Tiergarten Schönbrunn die Eisbärin Nora nach einer akuten Kolik. Sie wurde neun Jahre alt. Damit das Tier auch nach ihrem Tod den Menschen die große Bedeutung der Erhaltung ihrer Art und der Natur im Allgemeinen vor Augen führen kann, wurde ihr Körper an das NHM Wien übergeben. Es ist nicht das erste tote Tier aus dem Hietzinger Zoo, das auf diesem Weg ins Museum kam. Die Präparatorinnen und Präparatoren haben den Balg, also die Tierhaut der Eisbärin, mit großer Sorgfalt für eine sogenannte Dermoplastik verwendet. Es ist – neben einem neuen Beluga-Wal-Modell – das Highlight der Ausstellung.
Eisbär als Symbol für Klimawandel
"Der Eisbär steht wie kein anderes Tier für den von Menschen verursachten Klimawandel", erklärt Katrin Vohland, die Generaldirektorin des NHM Wien. Nicht nur sei das majestätische Tier symbolbeladen und wecke Emotionen. "An den Eisbären lässt sich auch klar zeigen, wie eng alles miteinander verwoben ist", so Vohland. Der Klimawandel setzt in der Arktis einen Teufelskreis in Gang. Die schmelzenden Eisschollen nehmen dem Eisbären sein Jagdrevier. Doch auch die Robben werden weniger, denn sie ernähren sich von Fischen, die wiederum vom Zooplankton leben. Und diesem macht die fehlende Dunkelheit zu schaffen, weil immer mehr Licht in die Tiefe des arktischen Meeres dringt. Nicht zuletzt hat die Situation in der Arktis auch globale Folgen, betont Vohland.
Dass die Sonderausstellung sich diesem wichtigen und dringlichen Thema widmet, freut Folko Balfanz, zoologischer Kurator am Tiergarten Schönbrunn und ehemaliger Tierarzt. "In freier Wildbahn gibt es nur noch 20.000 bis 30.000 Eisbären, in der Arktis sind die Temperaturen um vier Grad gestiegen." Balfanz befürchtet, dass bis 2050 ein Drittel bis zur Hälfte der Eisbärenpopulation verschwunden sein könnte. Der Tiergarten Schönbrunn arbeitet zum Schutz der Tiere unter anderem mit der NGO Polar Bears International zusammen. Die Eisbären im Zoo sind Teil des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms.
Ein Wal aus Papier und Gips
Doch nicht nur über die Arktis, auch über die Arbeit der Präparatorinnen und Präparatoren gab es Wissenswertes zu erfahren. In den Werkstätten der Zoologischen Hauptpräparation traf man zuerst auf einen Beluga-Wal. Modellbauerin Iris Rubin war gerade dabei, die Oberfläche des Wals zu schleifen. "Das Ziel war es, dass das Modell kompostierbar sein kann – außer den Glasaugen", erklärte sie. Auf der Suche nach ungiftigen Materialien kam man auf Papiermaché, schlussendlich landete das Team bei einer Spezialmischung aus Gips, Papier und Mehlkleister. Das Modell des weißen Meerestiers wiegt 107 Kilogramm.
Jetzt aber zur Eisbärin: Die Original-Haut mit dem Tierfell wurde auf eine Form aus PU-Schaum gelegt. Der Körper musste davor aber in genau die richtige Form gebracht werden, auch eine naturgetreue Haltung des Tiers sollte damit erreicht werden. Sorgfältig wurde dann die Haut angebracht. "Weil das Tier im Zoo notoperiert wurde, fehlte ein Stück des Bauchfells", erklärte der Abteilungsleiter Robert Illek. Und so habe man sich an der hauseigenen Fell-Sammlung bedient. Ein Unterschied zum Original-Fell ist jetzt nicht mehr auszumachen. Insgesamt wurde an dem Eisbären vier Wochen lang gearbeitet, zwei Wochen allein dauerte es, den Körper in Form zu bringen.
Mit viel Wissen und Fingerfertigkeit haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zoologischen Hauptpräparation den Herausforderungen bei den neuen Präparate und Modelle für die Schau gestellt. Das Ergebnis – und viele spannende Fakten über die Arktis – gibt es dann in der Ausstellung zu entdecken. Mehr dazu auf www.nhm-wien.ac.at/arktis
Das könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.