Auch Wegnahme des Pkw möglich
Ministerin kündigt höhere Strafen für Raser an
Rasen gilt in Österreich immer noch als Kavaliersdelikt, sieht man sich die im internationalen Vergleich niedrigen Strafen an. Nun will Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Strafen für Rasen empfindlich erhöhen.
ÖSTERREICH. 146 Menschen sind im ersten Halbjahr in Österreich im Verkehr ums leben gekommen, 50 Menschen durch überhöhte Geschwindigkeit getötet worden. Schnell fahren gefährdet nicht nur einen selbst und andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch die Gesundheit, weil sich hohe Geschwindigkeiten auf die Luftverschmutzung auswirken. Darum sagt Gewessler Rasern den Kampf an.
In Abstimmung mit den Bundesländern will das Verkehrsministerium ein Maßnahmenpaket gegen extremes Rasen schnüren. Angedacht sind deutlich höhere Geldstrafen, die Abnahme de Führerscheins oder auch, im Extremfall, die Abnahme des Autos. Konkret soll der Strafrahmen von 2.180 auf 5.000 Euro erhöht und die Führerscheinentzugsdauer verdoppelt werden. Die Grenzwerte für Führerscheinabnahmen sollen gesenkt werden - und zwar um je zehn km/h, womit diese dann innerorts bei 30 und außerorts bei 40 km/h liegen sollen, mit Entzugsdauern von zwei Wochen. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 40 km/h im Ortsgebiet und mehr als 50 km/h im Freilandbereich soll die Führerschein-Mindestentzugsdauer von zwei auf vier Wochen verdoppelt werden.
Konkrete Maßnahmen gegen Raser
Rasen soll zudem als Vormerkdelikt eingeführt werden - und zwar für Tempoüberschreitungen von zehn km/h unter der jeweiligen Schwelle zum Führerscheinentzug. Wiederholte Geschwindigkeitsübertretungen sollen innerhalb von vier statt bisher zwei Jahren betrachtet und die Mindestentzugsdauer von sechs Wochen auf zwei Monate erhöht werden.
In besonders gefährlichen Fällen ist auch geplant, dass die Fahrzeuge beschlagnahmt werden. Dazu gehört etwa hohe Geschwindigkeitsüberschreitung unter gefährlichen Verhältnissen, mehrfach wiederholtes Rasen, Fahren nach Abnahme des Führerscheins wegen Rasens oder auch Rasen ohne Führerschein. Das werde gerade geprüft, "nach dem Vorbild der Schweiz", sagte Gewessler. Ein weiterer Vorschlag ist ein neuer Straftatbestand "Illegale Rennen" nach dem Vorbild Deutschlands, wo dies unter verbotene Kraftfahrzeugrennen fungiert und mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe sanktioniert wird.
Im Vorjahr wurden rund 7.200 Personen wegen Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 40 km/h im Ortsgebiet oder mehr als 50 km/h im Freiland als Hauptdelikt der Führerschein entzogen. Nicht angepasste Geschwindigkeit ist laut Straßenverkehrsunfallstatistik eine der drei maßgebenden Ursachen für tödliche Unfälle.
Vorbild Schweiz
"Die Schweiz hat Maßnahmen eingeführt und ist Österreich voraus in dem Sinne, dass man dort nur halb so viele Verkehrstote wie in Österreich verzeichnet. Deswegen haben wir einen Handlungsbedarf", so die Ministerin gegenüber dem Radio Ö1. Gegen gemeingefährliches Verhalten müsse man aktiv werden. Auch plant Gewessler die Kulanz bei der Übertretung der Geschwindigkeitsübertretungen zu reduzieren. "Die Regeln in den Bundelsändern sollen österreichweit einheitlich werden", so die Ministerin im Frühjahr gegenüber den Regionalmedien Austria (RMA). "Wir haben eine viel zu große Bandbreite". Denn: "Allein schon, wenn die 130 km/h österreichweit einhalten, zahlt das in die Umweltbilanz ein". Das müsse auch kontrolliert werden: In besonders belasteten Gebieten müsse der 100er auch aus Gesundheitsgründen eingehalten werden.
Erst diese Woche hatte der Gemeindebund eine Erhöhung der Geldstrafen für Raser im Ortsgebiet sowie vermehrten Einsatz von Tempokontrollen gefordert. Derzeit müsse man neue Radarboxen in einem komplizierten Verfahren über Bezirksverwaltungsbehörde und Exekutive anfordern, so Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.
Sollte sich die Ministerin an den Strafenkatalog in der Schweiz orientieren, so könnte das Rasen bald so richtig teuer werden:
Strafen für Raser in der Schweiz
Erlaubte Höchstgeschwindigkeiten, Geschwindigkeitsübertretungen und Geldstrafen (umgerechnet in Euro):
- Auf Autobahnen in der Schweiz ist meist eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h erlaubt
- Auf Autostraßen dürfen Sie 100 km/h fahren, in Tunneln sind es 80 km/h
- Außerorts sind 80 km/h erlaubt, bis sie eine Autobahn befahren
- Innerorts liegt die erlaubte Geschwindigkeit in der Regel bei 30 km/h oder 50 km/h
Geldstrafen:
- 1-5 km/h: 18 Euro
- 6-10 km/h: 55 Euro
- 11-15 km/h: 110 Euro
- 16-20 km/h: 165 Euro
Messtoleranzen in Österreich
Je nachdem, wo und mit welchem Gerät die Geschwindigkeitsübertretung festgestellt wurde, werden in Österreich unterschiedliche Toleranzen berücksichtigt. Diese werden sodann vom Messwert abgezogen. Zudem gibt es Unterschiede in den Bundesländern.
Messtoleranz bei Radargeräten
Ortsgebiet: 5 km/h
Landstraße: 5%
Autobahn: 5%
Radarboxen mit Lasergeräten
bis 100 km/h: 3 km/h
über 100 km/h: 3%
Messtoleranz bei Laserpistolen
Ortsgebiet: 3 km/h
Landstraße: 3%
Autobahn: 3%
Messtoleranz bei Videokameras
Ortsgebiet: 10 km/h
Landstraße: 10%
Autobahn: 10%
Section Control und Polizei-Tacho
Messtoleranz bei Tacho eines Polizeiautos: 15%
Messtoleranz bei Section Control: 3%
In Österreich geblitzt: Diese Kosten sind zu erwarten (Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts)
Organmandat
... bis 20 km/h 30 €
... bis 30 km/h 50 €
... bis 40 km/h 70 €
... über 40 km/h: ab 150 €
Anonymverfügung
bis 20 km/h: 29 - 60 €
bis 30 km/h: 56 - 72 €
bis 40 km/h: 70 - 160 €
über 40 km/h: ab 150 €
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
2 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.