Schirme Brigitte: Regentage sind die schönsten
Seit 100 Jahren freut man sich im Schirmgeschäft Brigitte über schlechtes Wetter. Sogar den Papst konnte man für die österreichischen Schirme begeistern.
INNERE STADT. Saisonbetriebe gibt es viele, man denke etwa an Eissalons oder Skilifte, aber ein Geschäft, das an nassen Tagen regelrecht gestürmt wird, gibt es wohl nur in der Regenschirmbranche: Seit über 100 Jahren bietet "Schirme Brigitte" am Franz-Josefs-Kai hochwertige Regenschirme aus heimischen Handwerksbetrieben an. Hermine Taudes ist die gute Seele des Gassenlokals mit Blick auf den Schwedenplatz – zwar eigentlich nur als Aushilfskraft beschäftigt, das allerdings seit bald 30 Jahren. Handschuhe, Spazierstöcke und Regenbekleidung verstärken das Sortiment, der Löwenanteil der internationalen Kundschaft greift allerdings zu den Schirmen, die oft atemberaubende Farben und Muster haben: "Je teurer, desto farbenfroher, aber auch haltbarer sind unsere Schirme. Das ist noch echte Handarbeit, die hält das halbe Leben", preist die erfahrene Schirmverkäuferin ihre bunte Ware an, die in deckenhohen Regalen gestapelt ist. Stammkundin Hanna Remmer bekommt gerade ihren handgefertigten Schirm ausgehändigt, der jeden Pfau neidisch werden lässt:
Bunt ist das neue Grau
"Das Grau in Grau ist doch eintönig, wenn es so prächtige Muster gibt. Außerdem ist mein Schirm so unverwechselbar!", strahlt sie mit den leuchtenden Farben der Schirmbespannung um die Wette. Und wenn einmal etwas kaputtgeht, kann man den Schirm hier auch gleich zur Reparatur bringen. Dann kümmert sich Inhaber Robert Suchanek persönlich darum, vor allem wenn es um Neubespannungen geht. Er hat den Betrieb vor 14 Jahren von seiner Tante übernommen. "Bis in die 1960er-Jahre war in unserem Geschäft das Verkaufslokal einer Schirmfabrik in den oberen Stockwerken untergebracht, heute gibt es hier nur mehr uns", berichtet er. "Oben auf der Galerie stand früher eine Werkbank, wo sich ein Mitarbeiter nur um Reparaturen gekümmert hat", erzählt Hermine Taudes aus der Betriebsgeschichte, "aber heute schmeißt man oft lieber weg, als kaputte Dinge reparieren zu lassen". Stammkunden seien die meisten, aber auch viele Touristen kämen herein, mit denen die 84-jährige Hermine Taudes dann fließend auf Englisch parliert. "Letztens war eine sehr feine Dame hier, eine Auslandsösterreicherin, die sich einen besonders schönen und teuren Schirm gekauft hat. ‚Damit werd ich durch Paris stolzieren!‘, hat sie beim Bezahlen gemeint", erzählt die Schirmfachfrau mit blitzenden Augen.
Sogar der Papst ist Kunde
Für den Papstbesuch 2007 habe man einen großen weißen Schirm mit dem Wappen des Heiligen Stuhls als Sonderanfertigung produziert, bemerkt Taudes stolz. Jetzt nimmt sie aus einem hölzernen Gestell einen Spazierstock heraus, der ein kleines Geheimnis hat: "In den kann man Schnaps einfüllen, man sieht es ihm aber nicht an!", lacht die zierliche Frau, die "alle Kunden liebt", weil man mit ihnen stets Abwechslung habe und kein Tag wie der andere sei. Was sie sonst gern habe? "Regenwetter!", lacht sie und schaut etwas misstrauisch hinaus auf den sonnigen Schwedenplatz.
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