Alles andere als ein lieber Opa

Drei, zwei, eins – meins: Haslinger (G. Kasal) freut sich über den eben gekauften Großvater (M. Arnold). | Foto: Tiroler Landestheater
  • Drei, zwei, eins – meins: Haslinger (G. Kasal) freut sich über den eben gekauften Großvater (M. Arnold).
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  • hochgeladen von Christine Frei

Zum Abschied von den Stadtsälen lässt es das TLT in den Kammerspielen mit dem „verkauften Großvater“ noch einmal richtig krachen.

Das war wieder mal eine Spezialaufgabe, geradewegs zugeschnitten auf sie, die Ruth Drexel einst als Regieassistentin zu den Volksschauspielen mitbrachte. Letzten Sommer inszenierte sie dort eine liebenswert durchgeknallte Telfer Version eines „Käfigs voller Narren“. Jetzt zum Abschluss dieser Theatersaison und irgendwie auch einer Ära – die Kammerspiele übersiedeln ja nun für einige Jahre in die Messe – hat Susi Weber mit dem Ensemble eines der meistgespielten Stücke in diesem Land zu einer wahrhaft bäuerlichen Groteske geformt. Denn Weber nimmt die Stückbezeichnung von Autor Anton Hamik ernst. Bei ihr ist der „verkaufte Großvater“ nicht mal in Ansätzen ein lieber Opa, selbst wenn ihm sein Enkel und dessen Liebe irgendwie doch am Herzen zu liegen scheinen. Aber so ganz klar wird selbst das nicht.

Dieser Großvater ist ein Berserker, ein außerordentlich gut getarnter Patriarch, der hintertückisch die Fäden und den letzten Nerv seiner Verwandtschaft zieht und letztlich zwei Familien in seinem Sinne vor sich hertreibt. Der Kreithofer, sein Schwiegersohn, ist ihm vermutlich zu weinerlich und zu lax, die Magd Zenz zu selbstbewusst, sodass er sie beide unentwegt bis an den Rand des Zusammenbruchs und des wirtschaftlichen Ruins sekkieren muss. Und selbst der verschlagene Haslinger, der plötzlich nicht mehr an Kreithofers Sohn als Schwiegersohn für seine Tochter Ev, sondern vielmehr am Alten selbst interessiert ist, nachdem er durch einen Zufall von den beiden Häusern des Alten erfahren hat, wird in dem seinen wahren Meister finden. Zunächst lässt sich der Alte freilich für nicht weniger als 10.000 Schilling vom Haslinger einkaufen und entsprechend bedienen und aushalten, ehe er das Spiel ins Gegenteil verkehrt.

Derart populären Stücken, die landauf landab quasi in jeder Dorfbühne gespielt werden, einen neuen und etwas anderen Anstrich zu verpassen, ist tatsächlich eine Herausforderung, zumal das Stück derart geschlossen konstruiert ist, dass sich die Auflösung fast schon wie ein Wirtschaftskrimi ausnimmt. Susi Weber setzt in ihrer Regie einmal mehr auf die entfesselte Spiellust ihrer Darsteller/innen und lässt sie zudem alle in ihrem jeweiligen Dialekt sprechen, was einen gerade bei Christoph Schlag (in der Rolle des Lois) mit seinem steirisch-bellenden Zungenschlag und bei Ulrike Lasta (als Nanni) mit ihren von italienischen Kraftausdrücken durchzogenem Pusterer Idiom immer wieder herzhaft auflachen lässt. Erfrischend witzig auch die spontanen Spielunterbrechungen hin zum Publikum oder sogar zur Technik. Nicht minder fantastisch die von Isael Graf konzipierte Bühne: die Geranienwände der Haslinger-Stube mit den weißen Türen sind zum Niederknien grotesk. Und Stefan Riedl nimmt sich als Kreithofer in der Kittelschürze seiner verstorbenen Frau ebenfalls wunderbar schräg aus. Michael Arnold ist als Großvater seit langer Zeit wieder mal in einer Hauptrolle zu sehen und spielt diesen hintertückischen Alten mit einer ganz eigenen Noblesse. Gerhard Kasal ist als berechnender Spitzbube Haslinger mit unverkennbarem Wiener Einschlag indes ganz in seinem Element, Lisa-Marie Sexl als Ev ein überdrehtes Temperamentbündel, Petra-Alexandra Pippan als Zenz die eigentliche Sympathieträgerin im Stück. Helmuth A. Häusler hat als Knecht Martl leider nur Kurzauftritte. Insgesamt also ein Heidenspaß, wenngleich das Stück zumindest für meinen Geschmack im zweiten Teil ein klein wenig an Rasanz einbüßt.

Wo: Tiroler Landestheater, Rennweg 2, 6020 Innsbruck auf Karte anzeigen
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