Kellertheater
Flucht vor dem roten Elend
INNSBRUCK.
Das Kellertheater zeigt nun mit entsprechendem Abstand Truman Capotes „Frühstück bei Tiffany“
Holly Golightly
Natürlich denkt man bei „Frühstück bei Tiffany“ unwillkürlich an sie, die unfassbaren Rehaugen, die überlange Zigarettenspitze, das schwarze Givenchy-Kleid, die opulente Perlenkette – der Film machte Audrey Hepburn zur Stilikone und trug natürlich maßgeblich dazu bei, die von ihr dargestellte Holly Golightly als mainstreamtauglichen Unschuldsengel zu stilisieren. Denn schon in den ersten Szenen von Richard Greenbergs Broadway-Theaterfassung aus dem Jahr 2013, die Anne Clausen nun für das Kellertheater erarbeitet hat, wird unmissverständlich klar, was es mit dem Toilettengeld auf sich hat. Trotzdem kommt man auch bei Wiltrud Stieger, die Holly Golightly jetzt im Kellertheater verkörpert, nicht umhin, die wenig freundliche Titulierung, die einer ihrer Begleiter für sie findet, sofort in den Wind zu schießen.
Sehnsuchtsort Tiffany
Ebenso wie Truman Capotes Alter Ego Paul, den Holly Fred nennt, und der uns ihre Geschichte aus seiner Erinnerung an die einstige Mitbewohnerin erzählt, ist man vom ersten Augenblick fasziniert von ihrem angeheiterten Leichtsinn, den herzerfrischend altklugen Sentenzen, mit denen sie sich und anderen den Moment und das Leben erklärt. Natürlich erkennt man recht schnell, dass sie damit nur das immer wieder mal aufflackernde ‚rote Elend‘ in ihrem Inneren abwehren muss. Nicht von ungefähr ist ausgerechnet das blitzblank strahlende Juweliergeschäft Tiffany ihr bevorzugter Stimmungsaufheller und Sehnsuchtsort. Denn ihren wirklichen Platz im Leben sucht sie vergeblich.
Ein Hauch von Wehmut
So schwingt zwischen all der hinreißenden Koketterie und den exzentrischen Eskapaden immer auch Wehmut mit, die sich vor allem bei jenen Wegbegleitern offenbart, denen dieser fragile Paradiesvogel wirklich am Herzen liegt. Martin Rüegg und Edwin Hochmuth spiegeln in ihren wechselnden Rollen ebenso wie Benjamin Lang als Fred die verschiedenen Facetten des jungen Mädchens, ihre Wohnung wird dabei zur eigenen Bühne (Ausstattung: Katharina Claudia Dobner). Und irgendwann beschleicht einen das Gefühl, dass hier ein Stück weit auch unsere gegenwärtige Zeit verhandelt wird. Spannend! (cf)
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.