Frei im Theater: Innsbruck am Meer, 24
Hinschauen auf die Wunden unserer Zeit

In Dietrich Wagners Stück "Innsbruck am Meer" ist die Riesenkönigin Frau Hitt die Ahnfrau jener Menschen verachtenden Hartherzigkeit, die sich auch in der Flüchtlingskrise und im Ukrainekrieg manifestiert. 
 | Foto: Hannes Hametner
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  • In Dietrich Wagners Stück "Innsbruck am Meer" ist die Riesenkönigin Frau Hitt die Ahnfrau jener Menschen verachtenden Hartherzigkeit, die sich auch in der Flüchtlingskrise und im Ukrainekrieg manifestiert.
  • Foto: Hannes Hametner
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Nur Stein statt Brot hatte sie für die bettelnde Frau und ihr Kind übrig, die Riesenkönigin Frau Hitt. Was ihr und ihrem verzogenen Sohn zum steinernen Verhängnis werden sollte. Denn damals, so suggerieren zumindest Sagen und Legenden, waren Flüche noch ebenso gefürchtet wie wirksam. Wie Regisseur Hannes Hametner aus den lyrisch-sozialkritischen Texten des Autors Dietrich Wagner in der Generationentheater-Uraufführung „Innsbruck am Meer“ überaus sinnfällig herausarbeitet, stehen wir dem Unrecht unserer Tage weitestgehend ohnmächtig, resignativ oder ignorant gegenüber.

Wie versteinert  
Die Revolte, von der uns eine Stimme in Wagners Text erzählt, scheint nach wie vor keine Option. So bleibt der Bürgermeisterin von Lampedusa nur die Wehklage darüber, dass sich die Bürgermeisterkollegen anderer Städte nur um ihr vermeintlich Eigenes scheren. Wohl verflucht der Leichenträger von Mariupol zuletzt jene, die diesen Krieg angefangen, doch nachdem er nicht weiß, wer es war, wird sein Fluch wohl ins Leere gehen. Die Wahrheit, die diesen Krieg beenden könnte, werde sich ohnehin nur den Ängstigen zeigen, heißt es ganz zum Schluss. Nur eine knappe Stunde dauert diese wie üblich von Nikolaus Granbacher minimalistisch ausgestattete intensive Stimmen-Performance, die sichtlich niemanden kalt lässt. (Noch zu sehen bis 4.12. im Generationentheater)

Abrechnung mit Santa
Nicht minder ambitioniert präsentiert sich aktuell auch Johannes Schmid gemeinsam mit dem Musiker Philipp Chvatal in „24 – ein unheiliger Abend“ im Innsbrucker Kellertheater. In geradezu schwindelerregenden Rollenwechsel rast der Impro-Erfahrene mit uns durch Wüste und Meer zum unheiligen Urvater und Urheber allen weihnachtlichen Konsumwahns an den Nordpol. Gegen dessen hinterfotzige Marktpower weder das Christkind noch Greta wirklich was auszurichten vermögen. Wäre da nicht die Kraft dieses einen Moments, wo wir einfach innehalten. Hoffen wird man ja noch dürfen, dass uns ein schöner Weihnachtssong vielleicht doch noch zu retten vermag. Aber nein, nach der hochdynamischen Zwei-Stunden-Show gönnen sich die beiden ganz unverfroren Santas Weihnachtslimonade.

In Dietrich Wagners Stück "Innsbruck am Meer" ist die Riesenkönigin Frau Hitt die Ahnfrau jener Menschen verachtenden Hartherzigkeit, die sich auch in der Flüchtlingskrise und im Ukrainekrieg manifestiert. 
 | Foto: Hannes Hametner
Sind als Duo perfekt aufeinander eingestimmt: Schauspieler und Kabarettist Johannes Schmid und Musiker Philipp Chvatal im vorweihnachtlichen Viel-Rollen-Programm „24 – ein unheiliger Abend“ im Innsbrucker Kellertheater.  | Foto: Griessenböck/Kellertheater
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