Museumsgespräch
"Klimakleber wollen aufwecken, statt Autofahrer ärgern"

Im Landesmuseum wurde über die Protestaktionen der letzten Generation diskutiert. | Foto: Michael Steger
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Gletscher werden verschwinden, der Meeresspiegel um mehrere Meter steigen, Hunderte Millionen Menschen werden sich auf die Flucht machen und Lebensmittelknappheit wird ein reales Problem. Das alles wird, auch wenn sofort eingelenkt wird, bereits unausweichlich passieren. Über die Form, wie man Menschen zum Handeln bringt, wurde vor kurzem im Landesmuseum diskutiert. 

Klimaforscher Schellnhuber warnt eindrücklich: "Wir setzen unsere Kinder in einen globalen Schulbus, der mit 98 % Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt." Ein Unglück, das nur schleichend kommt. Auch in Innsbruck sind die ersten Vorboten bereits spürbar. Absterbende Bäume in den Wäldern zwingen Verantwortliche bereits zum Umdenken. Extrem hohe Temperaturen zum Neujahrsstart sind zwar nicht für jedes Jahr zu erwarten, aber die Häufigkeit zu einem solchen Extremwetterereignis nimmt drastisch zu. Dazu zählt auch Starkregen, der kein Zufall ist, sondern physikalisch einfach erklärbar ist. "Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen, was dann auch zu starken Niederschlägen führt", erklärt Katharina Geistlinger, Physikerin, spezialisiert auf erneuerbare Energien und Klimaaktivistin, der letzten Generation. Ihren Position als ehrenamtliche Mitarbeiterin, bei der Umweltanwaltschaft Tirol, wurde vonseiten des Umweltanwalts ruhend gestellt, nachdem sie in Wien den Verkehr blockiert hatte. 

Wie sehen Sie die Klimaproteste auf der Straße

Nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung

Geistlinger räumt bei der Podiumsdiskussion im Landesmuseum gleich mit mehreren Mythen auf. Zum einen distanziert sie sich ganz klar, von Aktionen, wo Menschen in Gefahr gebracht werden und appelliert auch an andere Gruppierungen auf das Luft auslassen von Autoreifen zu verzichten. An Politik und Medien gerichtet, macht sie auch darauf aufmerksam, dass die letzte Generation auf Sachbeschädigungen verzichtet. "Die Gemälde, die für Protestaktionen ausgesucht wurden, sind alle hinter Panzerglas geschützt, was also angeschüttet wurde, ist Glas und nicht die Kunst dahinter." Die Aktivisten der letzten Generation sind außerdem nicht wie oft berichtet ausschließlich junge Menschen, sondern kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Altersklassen und sind auch berufstätig. Das sei auch mit ein Grund, warum man sich jetzt auf der Straße anklebt. Menschen sollen aufgeweckt werden, mit Hungerstreiks und symbolischen Ölbohrungen vor Regierungsgebäuden, habe man es lange genug versucht, aber keine mediale Aufmerksamkeit bekommen. Als Physikerin versteht Geistlinger nicht was, Politiker darin hindert zu handeln, es gäbe ja einfache Möglichkeiten. 

Mehrfach wurde in Innsbruck bereits die Straße von Klimaaktivisten blockiert.  | Foto: Oliver Zenz
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"Sind kein Gesetzgeber!"

Vizebürgermeister Markus Lassenberger (FPÖ) macht bei der Podiumsdiskussion darauf aufmerksam, dass es nichts bringt, wenn Österreich alleine handelt. "Wir sind gerade einmal für 0,2 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Wenn China, Indien und andere große Player nicht mitmachen, dann hilft das nichts." Vonseiten der Stadt seien die Möglichkeiten sowieso nicht gegeben, da die Stadt kein Gesetzgeber ist.

Tomatensuppe landet im Landesmuseum nicht auf den Scheiben vor Gemälden sondern in einer Spendenbox.  | Foto: Michael Steger
  • Tomatensuppe landet im Landesmuseum nicht auf den Scheiben vor Gemälden sondern in einer Spendenbox.
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Auch Medien gefordert

Besonders den Medien kommt in der Berichterstattung über Klimaproteste eine besondere Bedeutung zu. "Medien formen den öffentlichen Diskurs, oft wird über Protestaktionen berichtet, das Wissen, was dahintersteckt, ist in vielen Redaktionen aber einfach nicht vorhanden. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass Journalismus mit erhobenem Zeigefinger nicht funktioniert. Fakten müssen niederschwellig transportiert werden", wirft Maria Retter, Redakteurin des Standard in die Runde. Sie verweist außerdem auf die Macht der Worte, wenn andere Medien fälschlicherweise von beworfenen Gemälden sprechen. 

Im Landesmuseum gibt es einen eigenen Raum, der auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam macht.  | Foto: Michael Steger
  • Im Landesmuseum gibt es einen eigenen Raum, der auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam macht.
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Landesmuseum beugt vor

Zu solchen Aktionen dürfe es im Landesmuseum in näherer Zukunft gar nicht kommen. Den Klimaaktivisten hatte man selbst früh den Wind aus den Segeln genommen. Ein eigenen Raum wurde zur Verfügung gestellt, mit dem Aufruf, die Tomatensuppe, die sonst auf den Glasscheiben landet, mitzubringen, um sie Bedürftigen zur Verfügung zu stellen. Museumsdirektor Karl C. Berger erinnert sich, wie die Idee dazu kam: "Als wir gehört haben, dass ein van Gogh Gemälde beworfen wurde, haben wir anfänglich mit Angst reagiert. Als junge Leute zu einer Ausstellungseröffnung kamen und am Ende nur mehr alleine da waren, hatte ich den Gedanken im Kopf ‘oh mein Gott, junge Leute‘. Dabei waren das alles Kunststudenten. Dann ist die Idee für den Raum entstanden." Berger sieht die Aufgabe von Museen anders als noch im 19. Jahrhundert. "Wir wollen keinen Kulturtempel. Wir wollen, dass im Museum auch gesellschaftlich relevante Themen diskutiert werden." 

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