Man kann sie nur lieben

Hinreißend komisch: Denis M. Rudisch und Susanna von der Burg in „Souvenir“. | Foto: TLT/Rupert Larl
  • Hinreißend komisch: Denis M. Rudisch und Susanna von der Burg in „Souvenir“.
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INNSBRUCK. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie schwer es für eine erfahrene Sängerin sein muss, diese Frau nachzusingen, die in ihrem Inneren vermutlich etwas ganz anderes hörte als der Rest der Welt. Und dafür geliebt und bejubelt, aber natürlich auch unentwegt verspottet und ausgelacht wurde. Was Florence Foster Jenkins, so der Name dieser Ausnahmeerscheinung, die zuletzt auch von Meryl Streep im gleichnamigen Kinofilm furios verkörpert wurde, offenbar bis zu ihrem letzten und triumphalen Konzert am 25. Oktober 1944 in der Carnegie Hall, das bereits Wochen vorher ausverkauft war, irgendwie konsequent übergehen oder übersehen konnte. Da war sie bereits 76 alt. Wenige Wochen später starb sie jedenfalls nicht wenig bezeichnend an Herzinfarkt, einem gebrochenen Herzen also. Doch genau dieses Herz muss es gewesen sein, das so viele Menschen für sie einnahm, trotz der Lachanfälle, die ihre Dissonanzen instinktiv auslösten. Es war das Herz eines unbedarften und unerschrockenen Kindes. Ausgestattet mit einem unerschütterlichen Optimismus und Selbstvertrauen und der unfassbaren Gnade, in allem nur das Gute und Schöne zu sehen und zu hören. Insbesondere in ihrem eigenen Gesang. Wer sie also musikalisch begleiten wollte, musste sich darin fügen, dass sie ganz offenkundig in ihrer eigenen musikalischen Welt lebte. Genau auf diesen Aspekt in Florence Foster Jenkins’ ungemein schillernder Biografie fokussiert sich auch Stephen Temperleys musikalische Komödie „Souvenir“: auf die Beziehung zwischen Florence Foster Jenkins und ihrem Stammpianisten Cosmé McMoon, erzählt aus dessen Perspektive. Das Stück lebt dabei ganz von seinen verzweifelt komischen Dialogversuchen, die fast immer zum Scheitern verurteilt sind und von ihm stets ungemein temperamentvoll kommentiert werden und ihren staubtrockenen, geradezu bezaubernd wahnwitzigen Repliken. Etwa den Brüllersatz: „Meinen Sie nicht, man kann Genauigkeit auch übertreiben?“ Dale Albrights Inszenierung ist dabei leichtfüßig und doch fein akzentuiert. Michael D. Zimmermanns raffiniert-einfache Fotoparavents in Schwarz-Weiß-Optik zeigen uns den Ausblick aus Foster Jenkins Hotelfenster, die Carnegie Hall, zuletzt ihre Garderobe mit ihren hinreißend schrillen Bühnenkostümen. Und Susanna von der Burg spielt und singt Florence Foster Jenkins mit einer Hingabe, dass einem beim lauthalsen Lachen das Herz für diese Frau aufgeht. Denis M. Rudisch ist ihr dabei ein kongenialer Bühnenpartner. Denn Cosmés anfängliche Abgrenzungsnöte weichen irgendwann der fast sentimentalen Einsicht, dass ihm ihre Misstöne längst abgehen. Uns auch. Nach dem letzten Ave gab es minutenlange Ovationen, mehr als verdient.

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