Die Flieger vom Scheibenbichl
Wie aus Modellfliegern Drohnenpiloten wurden

Der Verein IG Scheibenbichl lässt sich auch von der EU-Drohnenverordnung nicht die Flügel stutzen.  | Foto: Michael Steger
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  • Der Verein IG Scheibenbichl lässt sich auch von der EU-Drohnenverordnung nicht die Flügel stutzen.
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Wer an einem frühlingshaften Tag rund um den Scheibenbichl spaziert, wirft meist einen Blick nach oben. Denn zwischen und über den Hügeln kreisen an solchen Tagen zahlreiche Modellsegelflieger und das seit Generationen. Ein neues Gesetz machte aus den Fliegern, Drohnen. Das hat weitreichende Folgen für all jene, die dem Hobby nachgehen. 

INNSBRUCK. Wer an einem sonnigen Tag am Scheibenbichl vorbeispaziert, kann beinahe die warme Luft spüren, die von der Stadt über die Hügel bis weit über den Arzler Aussichtspunkt hinaufzieht. Neben seiner atemberaubenden Aussicht über die Stadt bietet die Anhöhe vor allem auch dem Modellsegelflieger-Verein "IG-Scheibenbichl" ein Zuhause. Seit Jahrzehnten sind die 50-60 Mitglieder der einstigen Interessengemeinschaft mit ihren Modellsegelfliegern oberhalb von Arzl unterwegs. So auch an diesem sonnigen Sonntagnachmittag. Vereinsobmann und Berufspilot Markus Lewandowski ist gerade dabei, seinen Segler unterhalb des Hügels kreisen zu lassen, auf der Suche nach der notwendigen Thermik, um den höhergelegenen Landeplatz wieder zu erreichen.  Es ist eine Mischung aus blinder Suche und Erfahrungswerten, die man mit zunehmenden Flugstunden am Scheibenbichl bekommt.

Der Segler zieht nur wenige Meter über die Köpfe hinweg. | Foto: Michael Steger
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Fliegen wie ein Vogel

"Das Frühjahr ist perfekt zum Fliegen, die Luft ist noch relativ kühl. Der thermische Effekt ist dadurch sehr stark", so Lewandowski. Auch Vogelbeobachtungen helfen dabei, den passenden Aufwind zu finden. "Hin und wieder ist es sogar so, dass die Vögel erst nach dem Flieger kommen, wenn sie sehen, dass man die Thermik zuerst gefunden hat", beschreibt Vereinsmitglied René Marschall das Spiel mit der Natur. An diesem Nachmittag sind aber weit und breit keine Vögel zu sehen. "Das sieht gerade nicht so gut aus", meint Lewandowski, der zusehen muss, wie sein Modellflieger mit jeder Runde weiter an Höhe verliert. 

Fast 60 Mitglieder hat der Verein "IG Scheibenbichl" | Foto: Michael Steger
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Der Flugplatz

Während er weiter auf der Suche nach der aufsteigenden Luft ist, erzählen er und Marschall ein wenig über den Scheibenbichl. Dieser sei seit Jahrzehnten ein Modellflugplatz. Zertifiziert war er als solcher jedoch nie, da das bisher auch nicht notwendig war. Er ist österreichweit der einzige Modellflugplatz, der in einer Stadt liegt. "Im Grunde ist das hier Privatgrund. Es gibt kaum Konflikte. Wenn man einen Flieger Notlanden muss, dann gibt es hin und wieder die Situation, dass Hunde, die nicht angeleint sind, hinlaufen und hineinbeißen, was natürlich ärgerlich ist." so Marschall, der nicht nur Vereinsmitglied ist, sondern auch selbst Modellflieger designt, druckt und vertreibt.

Das Modellfliegen ist auch eine Glaubensfrage. Jeder glaubt den Wind zu finden.  | Foto: Michael Steger
  • Das Modellfliegen ist auch eine Glaubensfrage. Jeder glaubt den Wind zu finden.
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Tüftelei

Er weiß daher auch, dass so ein Hundebiss ganz gut ins Geld gehen kann. "Modellflieger liegen in der Preisspanne von wenigen hundert Euro, bis hin zu 100.000 Euro." Die wirklich teuren sieht man am Scheibenbichl jedoch nicht, denn im oberen Preissegment gibt es dann sogar turbinenbetriebene Modellnachbauten von Linienflugzeugen. Am Scheibenbichl ist jedoch nur das Fliegen mit Segelflugzeugen bis zu einem Gewicht von 5 Kilogramm und einer Spannweite von vier Metern gestattet. Hilfstriebwerke sind erlaubt, das Ziel ist es aber, das Fluggerät ohne motorische Unterstützung in der Luft zu halten. Genau das versucht Lewandowski auch und tatsächlich findet er an einer Geländekante den ersehnten Aufwind. Insgesamt dreimal durchfliegt er den Bereich des Aufwindes und ist plötzlich wieder über dem Landebereich und hat damit Zeit ein Thema anzusprechen, dass einschneidende Veränderungen für das Flugsporthobby mit sich brachte. 

Österreichs einziger städtischer Modellflugplatz bietet ein einzigartiges Panorama.  | Foto: Michael Steger
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Plötzlich Drohnepilot

So gab es lange Zeit keine gesetzliche Rahmenbedingungen für Modellflieger. Seit Anfang des Jahres ist eine EU-weite Drohnenverordnung in Kraft, die auch für das Steuern von Modellfliegern gilt. "Mit dem neuen Drohnengesetz waren wir gezwungen einen Verein zu gründen, sonst wäre die Zertifizierung des Flugplatzes gar nicht mehr möglich gewesen." Die Nachwuchsarbeit wird damit erschwert, da Kinder unter 14 keinen Drohnenführerschein bekommen und jetzt nicht mehr eigenständig fliegen dürfen. "Gerade Kinder sind die, die extrem talentiert sind." so Lewandowski. Kinder dürfen mit den neuen gesetzlichen Regelungen nur mehr in Begleitung und auf genehmigten Plätzen fliegen. Aber auch für Erwachsene hat sich so einiges geändert.

Bis zu vier Meter darf die Spannweite betragen. Bei diesem Flieger kein Problem.  | Foto: Michael Steger
  • Bis zu vier Meter darf die Spannweite betragen. Bei diesem Flieger kein Problem.
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Dokumentation und Kontrollen

Jeder Start muss penibelst dokumentiert werden. Die Austro-Control kontrolliert, die Flugbücher und kommt regelmäßig vorbei. An diesem Tag nicht mehr, denn mittlerweile hat der Wind gedreht und Lewandowski, Marschall und einige andere Vereinsmitglieder packen ihre Segler, wovon jeder gleich mehrere Stück für unterschiedliche Bedingungen dabei hat, zusammen. Alles passt in einen Rucksack oder einen kleinen Kasten. Somit braucht es auch kein Auto um, Innsbrucks Flugplatz zu erreichen. Für Einsteiger gibt es jederzeit die Möglichkeit Material zu leihen, denn Lewandowski, der hauptberuflich Pilot ist und auch die anderen Vereinsmitglieder haben genügend altes Material im Keller, das nur darauf wartet, wieder geflogen zu werden. 

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