Gastrozukunft, Teil 2
Wohin geht die Innsbrucker Gastronomie

Markus Stegmayr, Genießer und Blogger über die heimische Gastronomie, zur Zukunft der Gastroszene in Innsbruck. | Foto: Foto: Privat
  • Markus Stegmayr, Genießer und Blogger über die heimische Gastronomie, zur Zukunft der Gastroszene in Innsbruck.
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Die Stadtblattredaktion hat vier Experten eingeladen, sich Gedanken über die Zukunft der Gastronomieszene in Innsbruck zu machen. Josef "Pepi" Hackl (Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WK Tirol), Markus Stegmayr (Genussexperte), Viktoria Steger (Gastronomieberatung) und Patrick "Liebie" Liebhart (Gastronom in Innsbruck) geben Antworten auf die Fragen.

Teil 2: Markus Stegmayr

Stadtblatt: Gastronomie in Innsbruck – Was fällt Ihnen dazu ad hoc ein?
Sie ist durchaus vielfältig mit dem Problem einer manchmal mangelnden Ausdifferenzierung und einer oft zu großen Trendhörigkeit. Funktionierende, angesagte Gastro-Konzepte wurden und werden von vermeintlichen Gastronomen oftmals blind kopiert. Was meist zur Folge hat, dass nur die „Originale“ überleben, bei denen Substanz und Herzblut der „Wirte“ vorhanden ist. Bestes Beispiel: Das „Tribaun“, das als einziges wirkliches Craft-Bier-Lokal in Innsbruck überlebte.

In den vergangenen Jahren gab es laufend Änderungen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen, Paradebeispiel die Frage Raucher/Nichtraucher. Fehlt es an Rechtssicherheit? Mit der Kommunalsteuer hat die Stadt eine Möglichkeit, aktiv im finanziellen Bereich auf Entwicklungen zu reagieren. Soll die Stadt bei Belastungen durch Baustellen u. dgl. verstärkt damit arbeiten? Welche weiteren Maßnahmen würden Sie von der Stadt Innsbruck erwarten?
Gute politische Rahmenbedingungen sind die Grundlage, auf der Unternehmergeist und gastronomische Leidenschaft erwachen und erblühen können. Natürlich verunsichert man Wirte, indem man in der Raucherfrage so einen Zick Zack Kurs gefahren ist. Ich bin aber der Überzeugung, dass man gute Lokale und gute Wirte nicht politisch erzwingen kann. Politik hat aber dafür zu sorgen, dass Wirt-Karriere und gute Gastro-Konzepte nicht verunmöglicht werden und an den Rahmenbedingungen scheitern.

Ein Standardsatz in der Diskussion ist: „Die Wirte können in zwei Gruppen eingeteilt werden: Diejenigen, die seit Jahren auf Gäste warten und so ihre eigene Zukunft verschlafen, während die anderen etwas Kreatives unternehmen, um Gäste zu gewinnen und zufriedenzustellen.“ Wie viel Spielraum gibt es noch für „Kreativität“ in der Innsbrucker Szene?
Kreativität ist natürlich wichtig. Noch wichtiger finde ich allerdings eine gute Dosis Bescheidenheit und Demut. Was nützt das kreativste Konzept, wenn dann die Gäste ausbleiben? Was hilft die trendigste und visionärste Idee, wenn sich diese dann als wenig tragfähig für die Zukunft herausstellt? Es geht bei einem Lokal meiner Meinung nach nicht vorrangig darum, den Gästen seine Vision und seine Vorstellungen aufzuzwingen, sondern mit diesen in einen ehrlichen Dialog zu treten. Dazu braucht es Aufrichtigkeit, Authentizität und Leidenschaft.

Convenience-Food, Delivery-Food-Dienste, Social Food, Migration Food, Polarized Eating - die Branche liebt Wortkreationen. Muss das sein?
Sprache schafft Wirklichkeit. Hinter solchen Wortkreationen vermute ich aber den Versuch, Nischen zu besetzen, Trends zu schaffen und damit neue Märkte zu generieren. Es ist für Gastronomen legitim diese Nischen zu besetzen und diese Zielgruppen zu bedienen. Oft hat es für mich aber den Anschein, dass dahinter weniger gastronomische Leidenschaft als vielmehr ein opportunistischer Geschäftssinn steckt.

Wie schwierig gestalten sich die Personalkosten in Innsbruck? Und welche künftigen Herausforderungen (Ausbildung, Sprachen) werden an das Personal gestellt?
Die Situation wird natürlich immer komplexer, die Gäste internationaler. Das stellt auch besondere Anforderungen an das Personal. Es muss mit kulturellen Unterschieden umgehen und auf verschiedene Erwartungshaltungen eingehen können.

Es gibt eine rückläufige Entwicklung bei der Anzahl der Gastrobetriebe. Wie viele werden es 2025 in Innsbruck sein?
Das stimmt zwar faktisch. Oft trennt sich hier aber auch nur die Spreu vom Weizen. Gäste haben ein gutes Sensorium für stimmige Gastro-Konzepte und können gut selbst entscheiden, in welche Lokale sie in Zukunft gehen wollen und in welche nicht. Ein Problem wird aber werden, dass die Systemgastronomie noch stärker als bisher in die Landeshauptstadt drängt – zum potentiellen Schaden der Gastro-Einzelunternehmer, da Gastro-Ketten & Co allein schon vom Budget her überlegen sind und Gastro-Flächen binden könnten.

Abschließend: Gehen Sie selbst persönlich auch gerne in ein Lokal?
Ja. Mein Stammwirt ist der „Burenwirt“ in Hötting. Obwohl ich mich für innovative Gastro-Konzepte in Innsbruck interessiere und mich auch einige davon überzeugen konnten, glaube ich an die wichtige Funktion des „Dorfwirtes“. Dort trifft man sich, isst, trinkt, diskutiert. Das ist meiner Meinung nach absolut zeitlos und trendunabhängig.

Die gesamte Diskussion können Sie auf meinbezirk.at verfolgen und auch jederzeit mitdiskutieren. In Folge eins gab KommR Josef Hackl Antworten, in Folge drei wird Victoria Steger (Tourismusberaterin) ihre Prognosen präsentieren.

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