„Es gibt keine weichen Drogen mehr“

Notärztin Uschi Waibel hält die Unterscheidung in weiche und harte Drogen für überholt. Gerade bei den gentechnisch veränderten Cannabisprodukten liegt die Wirkstoffkonzentration heute bei einem vielfachen früherer Jahre.
  • Notärztin Uschi Waibel hält die Unterscheidung in weiche und harte Drogen für überholt. Gerade bei den gentechnisch veränderten Cannabisprodukten liegt die Wirkstoffkonzentration heute bei einem vielfachen früherer Jahre.
  • hochgeladen von Stephan Gstraunthaler

(gstr). Seit Jahren kreisen die Diskussionen rund um die Drogenproblematik in Innsbruck um die Frage, wie man die Marokkaner-Szene zurückdrängen kann. Für GRin und Notärztin Uschi Waibel ist dies eine klassische „Themaverfehlung“.

„Die populistischen Forderungen vom rechten Rand klingen zwar einfach, treffen jedoch den Kern des Problems nicht“, davon ist GRin Uschi Waibel überzeugt. Ihrer Meinung nach dreht sich die ganze Diskussion zu sehr um ein Randproblem, nämlich jenes der marokkanischen bzw. nordafrikanischen Drogendealer. „Niemand spricht über Prävention! Dabei liegt die Wurzel allen Übels in der hohen Zahl der Konsumenten. Der Innsbrucker bzw. Tiroler Markt ist offensichtlich derart lukrativ, dass selbst massiver Kontrolldruck durch die Polizei die Dealer nicht abschrecken kann. Da steckt zu viel Geld dahinter!“, bringt es Waibel auf den Punkt.
Die VP-Gemeinderätin weiß genau, wovon sie spricht! Waibel ist im Zivilberuf Fachärztin für Anästhesie und Notärztin. Beruflich hat sie immer wieder mit der dunkelsten Seite der Drogenproblematik zu tun – mit Toten, Verletzten, Infizierten und jenen die mit den Spätfolgen ihres Konsums zu kämpfen haben. „Es gibt keine weichen Drogen mehr!“, betont Waibel in diesem Zusammenhang. „Den meisten Leuten ist nicht bewusst, wie hoch die Wirkstoffkonzentration mittlerweile sogar bei Cannabis-Produkten ist. Diese liegt inzwischen beim Fünffachen von früheren Jahren. Die neurologischen Auswirkungen dieser Dosis sind fatal. Das muss man klar aussprechen! Regelmäßiger Konsum dieser hochkonzentrierten Gifte führt sehr häufig zu Depressionen, psychischen Erkrankungen, Epilepsie oder Demenz“, erklärt die Medizinerin.

Prävention massiv verstärken
Aus diesen Gründen appelliert Waibel klar für einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. „Wir müssen davon loskommen, nur die Dealer mit polizeilichen Maßnahmen bekämpfen zu wollen. Das kann nur ein Teil der Strategie sein. Viel wichtiger wäre es, den Markt einzudämmen. Dies kann jedoch nur mit einem massiven Ausbau der Präventionsarbeit sowie schärferen Sanktionen gegen Konsumenten erreicht werden“, präzisiert die Notärztin ihre Forderungen.

Ungenutztes Potential
Auch wenn Vizebürgermeister Franz Gruber als Sozialreferent einer der Adressaten der Kritik Waibels ist, gibt er seiner Fraktionskollegin inhaltlich voll Recht. „Was Waibel sagt, stimmt. Wir haben im Bereich der Prävention noch viel ungenutztes Potential. Die Zielsetzung muss sein, die Präventionsarbeit strategisch richtig aufzusetzen. In der Praxis bedeutet das, dass wir es schaffen müssen, bei den Jugendlichen Gehör zu finden. Hier sind neue und auch unorthodoxe Ansätze gefragt“, schildert Gruber. Die finanzielle Komponente hält Gruber in dieser Frage hingegen für weniger relevant. „Natürlich verursacht Prävention Kosten. Die­se Gelder stehen aber in keiner Relation zu den Kosten, die ein Suchtkranker verursacht. Volkswirtschaftlich ist Präventionsarbeit mit Sicherheit billiger. Ganz abgesehen vom menschlichen Leid, das man dadurch verhindert“, argumentiert Gruber.

Polizei unterstützt Vorstoß
Auch Innsbrucks scheidender Stadtpolizeikommandant Franz Birkfellner schließt sich Waibels Analyse inhaltlich voll an. „Hier wird ein Grundübel angesprochen – die hohe Nachfrage. Natürlich können unsere Beamten gegen Dealer und Konsumenten vorgehen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch Präventionsarbeit leisten. Allerdings kann die Polizei nicht im Alleingang soziale Missstände beseitigen“, betont Birkfellner.

„Schulsozialarbeit wäre nötig“
Auch Innsbrucks Schul- und Sportreferent Christoph Kaufmann ortet in der Prävention noch Nachholbedarf. „Es gibt bereits etliche Maßnahmen wie Drogenvertrauenslehrer und verschiedene Sport-statt-Drogen-Initiativen. Was allerdings bitter nötig wäre, ist die Schulsozialarbeit. Leider ist eine diesbezügliche Initiative im Land kürzlich gescheitert“, betont Kaufmann, der zugleich ausdrücklich die Arbeit der bereits bestehenden Einrichtungen lobt.

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