Haymonverlag-Gründer Michael Forcher im Interview
"Mir ging es immer um Wissensvermittlung"

Michael Forcher | Foto: Christian Forcher
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Herzlichen Glückwunsch zum 80. Geburtstag! Erst vor kurzem ist Ihr neuestes Buch Geschichte der Stadt Innsbruck im Haymon Verlag erschienen. Warum war es Ihnen immer schon so wichtig, historische Bücher zu schreiben?

Michael Forcher: Historisches Wissen ist notwendig, um die Gegenwart und ihre Probleme zu verstehen. Wenigstens in Ansätzen zu wissen, wie alles geworden ist, bereitet auch auf die Zukunft vor. Außerdem ist die Vergangenheit ganz einfach unglaublich interessant, ist voll von menschlich berührenden Geschichten und überraschenden Entwicklungen.

Das Bücherschreiben begleitet Sie schon seit Jahrzehnten, damit nicht aufzuhören scheint Ihnen sehr gut zu tun. Sie haben 1982, vor fast 40 Jahren, den Haymon Verlag gegründet. Zu dieser Zeit waren Sie unter anderem journalistisch tätig. Wie kamen Sie auf den Gedanken, einen Verlag zu gründen?

Michael Forcher: Mir ging es bei all meinem Tun um Wissensvermittlung, und zwar mit Hilfe verschiedenster Medien. Die Buchproduktion ist eines davon, für mich das wichtigste. Als Autor hatte ich es mit mehreren Verlagen zu tun und ich dachte mir, mit einem eigenen Unternehmen Schwächen vermeiden und Stärken ausbauen zu können.

Sie haben in den ersten Jahren nur Sachbücher veröffentlicht, dann haben Sie sich an die Literatur gewagt und vielen Tiroler Schriftstellerinnen und Schriftstellern eine Publikationsmöglichkeit geboten. Zwei der heute bekanntesten sind Felix Mitterer und Raoul Schrott. Wie ist diese Zusammenarbeit entstanden?

Michael Forcher: Felix Mitterer kannte ich schon aus seiner Anfangszeit. Schließlich bot er mir an, seine Stücke, die ein Theaterverlag den Bühnen anbot, auch als Bücher herauszubringen. Mit Raoul Schrott machte mich dessen Deutschprofessor Gerald Nitsche bekannt, der dann auch sein erstes Buch über Dadaismus in Tirol gestaltete. In dem jungen Landecker einen der begabtesten Tiroler Literaten der Gegenwart erkannt und ihm den Weg in die höchsten Ebenen der deutschsprachigen Literatur ermöglich zu haben, darauf bin ich schon ein bisschen stolz.

Als Verleger hatten Sie vielfältige Aufgaben. Sie mussten neben anderen Arbeitsfeldern potenzielle Autorinnen und Autoren entdecken, haben selbst Texte lektoriert, Bücher gestaltet und mussten auch die finanziellen Aspekte des Verlages im Auge behalten. Wie ist es Ihnen gelungen, all diesen Aufgaben gerecht zu werden?

Michael Forcher: Alles, was zum Büchermachen gehört, hat mich immer fasziniert. Vereint mit der Bereitschaft zu einem riesigen Arbeitspensum und ständigem Dazulernen, ist das die notwenige Voraussetzung für ein Verlegersein, wie es meinen Vorstellungen entspricht. Ohne die volle Unterstützung meiner Frau, nicht zuletzt bei den kaufmännischen Agenden, wäre es nicht möglich gewesen.

Bei Haymon erschienen auch experimentelle Publikationen, etwa die in Schiefer gebundenen Psalmen von Heinz D. Heisl oder finanziell aufwändige Bücher wie die dreibändige Werkausgabe des früh verstorbenen Südtiroler Dichters Norbert C. Kaser. Wie sind Sie mit diesem verlegerischen Risiko umgegangen?

Michael Forcher: Ich betrachte das als wesentliches und spannendes Element der Verlagsarbeit und hatte für Experimente und „besondere“ Bücher immer viel übrig. Gut wäre es, wenn unter zehn Büchern immer wenigstens eines dabei wäre, das durch den Verkauf im Buchhandel und durch Taschenbuch- und andere Nebenrechte die Verlagskasse auffüllt. Abgesehen davon ist man dankbar für Druckkostenbeiträge, die das Land Tirol und andere Institutionen gewähren.

An welchen verlegerischen Erfolg erinnern Sie sich besonders gerne?

Es gab Gott sei Dank gar nicht wenige erfolgreiche Bücher, wobei sich der Erfolg nicht nur am Verkauf der Bücher messen lässt, sondern auch an gewonnenen Literaturpreisen – da steht wohl der Schweizer Schriftsteller Klaus Merz an erster Stelle – und vor allem am Lizenzgeschäft, also am Verkauf von Film- und Taschenbuchrechten. Besonders gerne, ach, es gibt so viel zu erzählen, erinnere ich mich daran, wie ich 1995 aus dem Stapel eingegangener Post ein dickes Kuvert mit dem Absender Alfred Komarek herausgezogen habe. Sogleich begann ich, das darin eingeschlossene Manuskript zu lesen. Es war der Beginn einer sehr erfolgreichen Zusammenarbeit mit einem vielschichtigen Autor, dessen Kriminalromane seit damals einen Grundpfeiler des Haymon Verlags ausmachen.

Michael Forcher, geboren 1941 in Lienz/Osttirol. Promovierter Historiker, Journalist, Gründer und langjähriger Verleger des Haymon Verlags. Zahlreiche Bücher zur Geschichte und Kulturgeschichte Tirols, bei Haymon u.a.: Michael Gaismair. Das Leben des Tiroler Bauernführers (1490 –1532) und sein revolutionäres Gesellschaftsmodell (2020) sowie Geschichte der Stadt Innsbruck (2021).

Michael Forcher | Foto: Christian Forcher
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