Armutsberichterstattung: respektvoller Umgang mit Sprache und Bildern

Prettner Kritisiert, dass mediale Darstellungen von Armut oft den Einzelnen für sein Schicksal verantwortlich machen, ohne die dahinter liegenden strukturellen Gründe zu beleuchten | Foto: pixabay
  • Prettner Kritisiert, dass mediale Darstellungen von Armut oft den Einzelnen für sein Schicksal verantwortlich machen, ohne die dahinter liegenden strukturellen Gründe zu beleuchten
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Heute fand die 6. Kärntner Soziale Dialog Konferenz vom Kärntner Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung in Kooperation mit dem Land Kärnten und der Arbeiterkammer Kärnten statt. Thema der Konferenz waren "Bilder und Sprache über Armut in politischen und medialen Diskursen". Häufig werden über Medien Bilder und Geschichten verbreitet, die Klischees bedienen, Einzelschicksale hervorheben und objektivierend wirken. So liest man immer wieder von Armutsbetroffenen und Beziehern von Sozialleistungen die als finanzielle Belastung für die Gemeinschaft dargestellt werden. „Mediale Darstellungen von Armut machen oft den Einzelnen für sein Schicksal verantwortlich, ohne die dahinter liegenden strukturellen Gründe zu beleuchten. Gerade die sozialen Medien stellen hierbei ein kommunikationstechnisches Minenfeld dar, indem polarisierende und sehr einseitige Darstellungen verbreitet werden“, so Sozialreferentin Beate Prettner. Sie appelliert für sensiblere und menschenwürdige Berichterstattung vor allem im persönlichen Umgang mit Social Media.

Bilder verwenden ohne Menschen zu entwürdigen

Auch die Koordinatorin des Kärntner Armutsnetzwerkes, Monika Skazedonig hat ein Anliegen: „Als Sozialorganisationen ist es uns wichtig, Begriffe und Bilder zu verwenden, die den Lebensrealitäten der Betroffenen am ehesten entsprechen und den Alltag so beschreiben ohne die Menschen zu entwürdigen.“ Die beiden Vertreterinnen der österreichischen Armutskonferenz stellten bei der Dialog Konferenz den "Leitfaden für respektvolle Armutsberichterstattung" vor und formulierten ihren Anspruch. „Menschen sind immer mehr als nur arm. Sie sind vor allem auch findig, klug, listig, duldsam, leidend, sorgend und verantwortungsvoll“, so Sozialforscherin Michaela Moser. Christine Sallinger, Vertreterin der Jury des „Journalismuspreises von unten“ betont, dass gerade deshalb „die Expertenjury, bestehend aus Menschen mit Armutserfahrungen, Journalisten auszeichnet, die sich seriöser und respektvoller Armutsberichterstattung widmen". 

Berücksichtigung statt Quoten und Klicks

„Für Journalisten stellt die Berichterstattung häufig eine schwierige Gratwanderung zwischen dem Erzeugen von Betroffenheit und Voyeurismus dar. Recherchen, Sozialgeschichten und Randgruppenthemen sollen wieder mehr Berücksichtigung in der journalistischen Tätigkeit finden, anstatt Einschaltquoten, Klicks und Verkaufszahlen zu fokussieren“, so Sozialjournalistin Gudrun Maria Leb vom ORF Kärnten. Aufgrund seiner Analysen fand der Medienwissenschaftler Rainer Winter klare Worte, indem er feststellte, dass die „Boulevardpresse die nationalen Ungleichheiten, das Auseinanderklaffen von Arm und Reich, sowie die bestehenden Herrschaftssysteme ausblendet, aber eine Jagd auf die sogenannten "Sozialschmarotzer" veranstaltet, die sie bei den Armen und nicht unter den Reichen vermutet.“
Das Kärntner Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung fungiert als Plattform für über 40 Mitgliedsorganisationen, um Missstände und Ungerechtigkeiten in Kärnten aufzudecken, in die öffentliche Diskussion einzubringen und somit politische Veränderungsprozesse anzuregen.

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