Über 120 Millionen Euro
Insolvenzzahlen sind im letzten Jahr gestiegen

Insolvenzzahlen in Kärnten verzeichnen einen steten Anstieg. (Symbolfoto) | Foto: stock.adobe.com/at/Marco2811
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Erst die Coronapandemie, dann die Energiekrise. Die hohen Kosten für Energie und Finanzierung bei mehr und mehr schwächelnder Konjunktur und Konsumlaune hat sich im Jahr 2023 auf die Insolvenzzahlen in Kärnten ausgewirkt und verzeichnet einen steten Anstieg.

KÄRNTEN. Während österreichweit betrachtet die Insolvenzfälle die Zahlen vor der Pandemie überschritten haben, liegt Kärnten hinter dem Vorkrisenniveau 2019. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit zusätzlicher starker Personalkostenentwicklung werden jedoch die Fälle der Insolvenzen in den nächsten Monaten in Kärnten weiterhin deutlich zunehmen – dies mit unterschiedlich starker Ausprägung in den verschiedenen Branchen.

Knapp 300 Firmeninsolvenzen

In Kärnten gab es im Jahr 2023 insgesamt 299 Firmeninsolvenzen. Im Vergleich zu 2022 bedeutet dies einen Anstieg rund 19,13 Prozent. Der Anstieg der beim Landesgericht Klagenfurt eröffneten Verfahren beträgt 26,13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und stellt österreichweit verglichen den zweithöchsten Zuwachs nach Burgenland dar. Dies bedeutet für Kärnten, dass die Sondereffekte aus der Corona-Zeit eine Zunahme der Insolvenzen nicht verhindern konnten und sich die Fallzahlen nun auf die Werte vor der Corona-Pandemie hinbewegen.

Beträge verdoppelt

Die Verbindlichkeiten bei den Gläubigern sind in Kärnten bei den eröffneten Firmeninsolvenzen von 60,9 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 124,1 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen. 583 Dienstnehmer waren von diesen Insolvenzen betroffen. Bei den insolventen Firmen handelt es sich um über 50 Prozent um "nicht protokollierte Einzelfirmen". 31 Prozent sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Starke Zunahme

Die meisten Firmenpleiten entfielen in Kärnten auf persönliche Dienstleister – wie Personenbetreuer - mit 51 Insolvenzfällen. Dann folgt das Handelsgewerbe mit 42 Fällen, die Bauwirtschaft mit 41 und die Immobilienbranche mit 37 Fällen. An fünfter Stelle liegt die Gastronomiebranche mit 30 Fällen. Eine starke Zunahme ist auch bei den wirtschaftlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Wach- und Sicherheitsdienste, Arbeitskräfteüberlassungsfirmen oder Haus- und Gebäudereinigungsfirmen) zu verzeichnen. In dieser Branche gibt es doppelt so viele Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahr. Durch die Insolvenzfälle dieser Branche der wirtschaftlichen Dienstleistungen waren auch die meisten Dienstnehmer (160 Dienstmehmer) betroffen.

Anstieg der Privatinsolvenzen

Im Bereich der Privatinsolvenzen gibt es in Kärnten 2023 im Vergleich zu 2022 einen mäßigen Anstieg von rund 17 Prozent. Von den 694 Privatinsolvenzen wurden 679 Verfahren bei den Kärntner Bezirksgerichten eröffnet, 15 Privatinsolvenzverfahren wurden mangels Masse abgewiesen. Der Anstieg der bei den Bezirksgerichten eröffneten Verfahren beträgt 15,87 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und bildet auch hier den österreichweit zweithöchsten Anstieg. Die Anzahl der Privatinsolvenzen liegen dennoch hinter den Werten des Normaljahres 2019. 2019 gab es 759 Schuldenregulierungsverfahren und liegen wir hier mit rund 9 Prozent unter dem Normaljahr 2019.

Anstieg in nächsten Monaten

Die robuste Arbeitsmarktlage hat derzeit noch eine deutliche Zunahme der Privatinsolvenzen verhindert. Da sich jedoch die Überschuldungssituation vieler privater Haushalte angesichts der Teuerungen und des Zinsanstieges zunehmend verschlechtern wird, ist auch hier mit einem maßgeblichen Anstieg in den nächsten Monaten zu rechnen.

Passiva gesunken

Die Höhe der Passiva bei den Privatinsolvenzen ist von 78,47 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 64,20 Millionen Euro im Jahr 2023 gesunken, was bedeutet, dass das Niveau der Schulden in Kärnten bei Antragstellung eines Privatkonkurses im Vergleich zu den Vorjahren und zu Gesamtösterreich gesunken ist. Die durchschnittliche Verschuldung Privater in Kärnten hat sich von EUR 133.900,00 im Vorjahr auf EUR 94.500,00 reduziert. Davon gingen die Frauen in Kärnten angesichts Ihrer geringeren Einkommenssituation bereits mit einer durchschnittlichen Verschuldung von 56.300,00 Euro in Privatkonkurs, während die Männer mit einer Durchschnittsverschuldung von 118.600,00 Euro das Schuldenregulierungsverfahren einleiten ließen. Der Anteil der Frauen, die in Privatkonkurs gehen, hat sich im Jahr 2023 minimal auf 37,03 Prozent erhöht.

Ausblick auf 2024

Da der AKV in Kärnten aktuell eindeutig einen steten Anstieg der Insolvenzen verzeichnet, kann davon ausgegangen werden, dass die Zahlen weiter zunehmen und das Niveau vor der Pandemie merkbar überschritten werden. Aufgrund der konjunkturelle Lage insgesamt, der anhaltend hohen Energie- und Materialpreise sowie des Einbruchs an Nachfrage droht das Jahr 2024 für die Bau- und Immobilienwirtschaft ein Rekordinsolvenzjahr zu werden. Darüber hinaus wird sich die Lage auf andere Branchen wie Handwerksbetriebe, Holzverarbeiter oder sogar Architekten ausweiten. Da 2024 der Personalmangel ein Thema bleibt, ist auch die Gastronomiebranche weiterhin stark insolvenzgefährdet. Durch die gestiegene Personalkostenentwicklung und das "maue" Konsumverhalten müssen sich der Einzelhandel und die Konsumgüterhersteller ebenso auf Rekordzahlen bei den Insolvenzen einstellen.

Stadt Villach und Bezirk Villach Land

Die angespannte wirtschaftliche Lage schlägt mittlerweile auch bei der Anzahl der Insolvenzen in und um die Stadt Villach durch. Vor allem die Bau- und Immobilienwirtschaft im Raum Villach leidet unter den angespannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Im Raum Villach-Stadt und Villach-Land gab es im Jahr 2023 insgesamt 58 Firmeninsolvenzen. Davon wurden 30 Verfahren beim Landesgericht Klagenfurt eröffnet, während 28 Verfahren mangels Masse abgewiesen wurden. Im Vergleich zu 2022 ist ein Anstieg um rund 10 Prozent zu verzeichnen.

Dreimal so viele Dienstnehmer

Die Verbindlichkeiten bei den Gläubigern sind von 14,12 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 20,70 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen. Beinahe dreimal soviel Dienstnehmer wie im letzten Jahr, nämlich 170 Dienstnehmer, waren von Insolvenzen betroffenen. Die meisten Firmenpleiten im Raum Villach entfielen auf die Bau- und Immobilienwirtschaft, gefolgt vom Handel und schließlich wirtschaftliche Dienstleister, wie Sicherheitsfirmen oder Firmen, die sich mit Arbeitskräftevermittlung beschäftigen.

Größten Insolvenzen

Die größte Insolvenz im Jahr 2023 war die Großhandelsfirma Starke Handelsges.m.b.H aus Müllnern bei Finkenstein mit Verbindlichkeiten von rund 5,1 Millionen Euro. An zweiter Stelle rangiert die Firma IPAC Improve Process Analytics and Control GmbH aus Villlach – St. Magdalen, die sich mit automatischer Datenverarbeitung und Informationstechnik befasst. Die Verbindlichkeiten sind hier mit 4,12 Millionen Euro angegeben. Schließlich an dritter Stelle weist die Firma T&S Immo Projekt GmbH in Villach Passiva von 2,19 Millionen Euro auf. Die meisten Dienstnehmer waren bei der Insolvenz der Firma WMS Security GmbH (vormals Walcher Security) mit Sitz in Wernberg betroffen. Hier waren 60 Dienstnehmer von der Insolvenz betroffen, die jedoch mit Hilfe eines angenommenen Sanierungsplanes erhalten werden konnten.

Klagenfurt-Stadt und Klagenfurt-Land

Im Raum Klagenfurt-Stadt und Klagenfurt-Land kam es im Jahr 2023 zu einem Anstieg der Firmeninsolvenzen um rund 36 Prozent (2022: 121 zu 2023:164 Verfahren). Davon wurden rund 72 Prozent der Insolvenzen über Anträge von Gläubigern wie den staatlichen Behörden eingeleitet. Von den insgesamt 164 beim Landesgericht Klagenfurt anhängigen Verfahren, wurden 69 Verfahren auch offiziell beim Landesgericht eröffnet, während 95 Insolvenzverfahren mangels Vermögen nicht eröffnet und somit vom Konkursgericht wegen Massearmut abgewiesen wurden.

Mehrheitlich Kleinstunternehmen insolvent

Die Verbindlichkeiten bei den Gläubigern sind von 19,53 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 31,1 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen. Die von Insolvenzen betroffenen Dienstnehmer sind mit 210 Dienstnehmern beinahe unverändert hoch wie im letzten Jahr. Daraus kann abgeleitet werden, dass im Raum Klagenfurt mehrheitlich Kleinstunternehmen mit durchschnittlich drei Dienstnehmern zahlungsunfähig wurden. Die meisten Firmenpleiten im Raum Klagenfurt entfielen auf die Gastronomie, gefolgt auf Unternehmen aus Bau- und Immobilienwirtschaft und dem Handelsgewerbe. Einen auffallenden Anstieg der Insolvenzen ist auch bei den Hausbetreuungen feststellbar.

Größten Insolvenzen in Klagenfurt

Die größte Insolvenz im Jahr 2023 im Raum Klagenfurt/ Klagenfurt-Stadt war die Firma OAK-Depot GmbH mit Sitz in der Völkermarkterstraße 227 mit Verbindlichkeiten von rund 4,4 Millionen Euro. An zweiter Stelle rangiert die mit Elektronikprodukten handelnde Firma M.M.55 Handels GmbH in der Primoschgasse in Klagenfurt mit Verbindlichkeiten von rund 4,3 Millionen Euro und schließlich die mit Hanfpflanzen handelnde Firma MFP My First Plant GmbH mit Sitz am Arthur- Lemisch-Platz 3 in Klagenfurt. Hier rechnet der Insolvenzverwalter mit Verbindlichkeiten bei geschädigten Gläubigern mit rund vier Millionen Euro.

Weiterer Anstieg erwartet

Aus heutiger Sicht wird auch im Raum Klagenfurt – Klagenfurt Land mit einem weiteren Anstieg der Firmenpleiten gerechnet, denn die Firmen brechen unter den zunehmenden Belastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen. Die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie die erhöhten Zinsen und die deutlich zurückgehende Nachfrage, werden nicht nur weiterhin Projektentwickler und Bauträger in Bedängnis bringen, sondern schon bald auch die Handwerksbetriebe.

Spittal/ Drau und Hermagor

Die Bezirke Spittal/ Drau und Hermagor sind im Jahr 2023 von Insolvenzen weitestgehend verschont geblieben. Die Fallzahlen bei den Privatinsolvenzen normalisieren sich in Richtung Normalinsolvenzjahr 2019. Im Bezirk Spittal/ Drau gab es im Jahr 2023 lediglich insgesamt 14 Firmeninsolvenzen. Im Vergleich zu 2022, in welchem 21 Firmen insolvent wurden, bedeutet dies einen Rückgang von rund einem Drittel.

Passiva gesunken

Die Passiva sind von rund 4,26 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 2,26 Millionen Euro im Jahr 2023 gesunken und es waren acht Dienstnehmer von den eröffneten Insolvenzverfahren betroffen. Die größte Firmeninsolvenz betrifft die RSI Gastronomie & Event GmbH mit Sitz in Seeboden mit angegebenen Passiven von 1,2 Millionen Euro.

Privatkonkurse gesunken

Im Raum Hermagor wurden im Jahr 2023 vier Schuldenregulierungsverfahren beim Bezirksgericht Hermagor eröffnet, während im Jahr 2022 neun Verfahren eröffnet wurden. Somit sind die Privatkonkurse um rund 55 Prozent gesunken. Die insgesamten Passiva betragen rund 230.000,00 Euro. Die durchschnittliche Verschuldung beträgt rund 57.000,00 Euro. Im Raum Hermagor waren im Jahr 2023 erfreulicherweise wie im Jahr 2022
wieder keine Firmen von Insolvenzen betroffen.

Wolfsberg und Völkermarkt

Im Raum Wolfsberg kam es zu keinem Anstieg der Insolvenzen. Unverändert zum Vorjahr wurden im Jahr 2023 insgesamt 16 Firmen insolvent. Die insgesamten Passiva sind von rund 4,217 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 2,23 Millionen Euro im Jahr 2023 gesunken. Die betroffenen Dienstnehmer sind ebenfalls auf fünf Dienstnehmer gesunken. Die am meisten von Insolvenzen betroffene Branche in Raum Wolfsberg im Jahr 2023 waren Bau- und Baunebengewerbe.

Rückgang der Firmeninsolvenzen

Im Raum Völkermarkt kam es zu einem Rückgang der Firmeninsolvenzen um rund ein Drittel; von 21 Verfahren im Jahr 2022 auf 14 Verfahren im Jahr 2023. Das Niveau des Normaljahres 2019 ist nicht erreicht, in diesem Jahr gab es 26 Firmeninsolvenzen. Die Passiva betrugen im Jahr 2023 insgesamt rund 810.000,00 Euro. Dienstnehmer waren 10 betroffen. Die am meisten betroffene Branche in Völkermarkt war die Bauwirtschaft.

Größte Insolvenz in Völkermarkt

Die größte im Raum Völkermarkt anhängige Insolvenz war jene der Firma Bäckerei Reinwald GmbH in Bad Eisenkappel mit Passiva von rund 463.000,00 Euro und acht betroffenen Dienstnehmern. Die durchschnittliche Verschuldung im Jahr 2023 ist im Bezirk Völkermarkt von 105.000,00 Euro im Jahr 2022 auf 90.900,00 Euro gesunken.

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