AK-Präsident Goach
"Sozialer Friede ja, aber nicht um jeden Preis"

Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer Kärnten, im Interview über Bildung als Werkzeug gegen Fachkräftemangel, Streikdrohungen der Gewerkschaften und Rückhol-Aktionen von Fachkräften.  | Foto: AK/Helge Bauer
  • Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer Kärnten, im Interview über Bildung als Werkzeug gegen Fachkräftemangel, Streikdrohungen der Gewerkschaften und Rückhol-Aktionen von Fachkräften.
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Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer Kärnten (AK), über Streikdrohungen, sinkende Kaufkraft und Arbeitslosenzahlen.

MeinBezirk: Die Verhandlungen über die Kollektivverträge für verschiedene Branchen stocken immer wieder. Die Gewerkschaften drohen mit Streiks, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Eine zeitgemäße Reaktion?

Günther Goach: Die Teuerung hat die Menschen massiv erwischt, sie stöhnen, sie können sich die Mieten nicht mehr leisten. Man darf nicht vergessen, dass das auch ein massiver Schaden für die Wirtschaft ist, wenn die Kaufkraft zurückgeht. Unser Wirtschaftssystem funktioniert nun mal so: Wer Geld hat, kann sich etwas kaufen. Ich bin niemandem seinen Gewinn neidig, aber das Geld muss auch verteilt werden, so dass jene Menschen, die den Wohlstand bringen, also die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch einen gerechten Anteil an jenen Werten haben, die sie schaffen. Sozialer Friede ist ein Wert, von dem wir als Arbeitnehmervertreter sehr viel halten. Aber nicht um jeden Preis. Wenn am Verhandlungstisch alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bleibt den Gewerkschaften nur die Streikdrohung als legitimes Mittel.

Was weniger Geld bedeutet, sehen wir aktuell in der Baubranche. Aufgrund der strengen Kreditvergaberegeln gehen die Aufträge zurück.
Wir haben in Kärnten nach wie vor einen Beschäftigungsrekord, den wir nächstes Jahr sicherlich nicht halten werden können. Nicht nur die Baubranche, auch die Nebengewerbe wie Tischler, Installateure, Elektriker werden leiden. Gefordert ist jetzt die Bundesregierung mit entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen gegenzusteuern sowie die Kommunen, die aber ohnehin wenig Geld haben, öffentliche Bauvorhaben voranzutreiben.

Hier hat die Arbeiterkammer Kärnten Förderungen parat?
Wir sind die einzige Kammer in Österreich, die gerade in diesen Bereichen, die Wohnraum, Sanierung, Photovoltaik betreffen, ein umfassendes Förderungsprogramm hat. Ohne Zinsen und ohne Bearbeitungsgebühr. Die einzige Voraussetzung ist eine Baubewilligung – und an dieser scheitert es meist. Während der Niedrigzins-Zeit war das Angebot nicht besonders gefragt, jetzt steigen die Ansuchen.

Das ist aber nicht die Kernarbeit der Arbeiterkammer. Wieso gibt es diese Förderung?
Wir wollen nicht nur reden, sondern auch unterstützen, dort wo es Möglichkeiten gibt. Wenn wir kritisieren, dass junge Menschen sich schwer ein Eigenheim schaffen können, dann bieten wir ihnen mit entsprechenden finanziellen Mitteln die Möglichkeit dazu. Wir kritisieren, dass viel zu wenig in Aus- und Weiterbildung investiert wird – und bieten mit dem Bildungsgutschein eine finanzielle Unterstützung und ein buntes Aus- und Weiterbildungs-Programm. Insbesondere benachteiligte Gruppen wie ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitmehmer, oder Menschen, die aus welchen Gründen auch immer in der Schule nicht weitergekommen sind, können davon profitieren. 

Aus- und Weiterbildung sehen Sie auch als gutes Werkzeug, um dem Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken?
Die Arbeitswelt hat sich stark verändert, auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich diesem Wandel anpassen. Jene, die nicht in der Lage dazu sind - und hier kommt die AK ins Spiel - müssen mit entsprechenden Bildungsangeboten unterstützt werden. Was auch notwendig ist und nicht immer so passiert, wie wir uns das vorstellen: auch die Betriebe müssen ihren Beitrag dazu leisten, es ist eine entsprechende, betriebliche Ausbildungsoffensive nötig, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer halten zu können. Einer der wichtigsten Faktoren dabei ist das Einkommen. Der Kampf der billigsten Hände ist für uns längst verloren, der findet in Asien statt. Wir müssen den Kampf der besten Köpfe gewinnen. 

Wie sehen Sie die Idee, pensionierte Arbeitskräfte in die Betriebe zurückzuholen, um die Lücken zu schließen?
Ich halte nichts davon. Viel mehr sollte man auf eine andere Rückhol-Aktion setzen und zwar die der klugen Köpfe aus dem Ausland. Viele Kärntner sind ins Ausland gegangen und haben dort ihre beruflichen Erfahrungen gemacht, die uns als Wirtschaftsstandort Vorteile bringen können.

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