Nach Lawine
Klagenfurter Bergretter bergen meist nur noch die Toten

Die Bergrettung Klagenfurt bei einer Übung | Foto: Bergrettung Klagenfurt
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Nach drei Stunden bist du tot: Im Gespräch mit Bergretter Kurt Müller über die Überlebenschancen nach einem Lawinenabgang und wie es erst gar nicht dazu kommt, dass einem der weiße Tod überrollt. 

KLAGENFURT, KLAGENFURT-LAND. Als vor drei Jahren bei drei Lawinenabgängen kein einziger der Verschütteten ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) dabei hat, platzte dem sonst so ruhigen und besonnen Chef der Bergrettung Klagenfurt der Kragen und er ließ er seinem Ärger in einem Facebookposting freien Lauf. Die Bergretter bringen sich selbst in Lebensgefahr, wenn ein Verschütteter im Lawinenkegel gesucht wird. Ohne ein LVS-Gerät kann das Stunden dauern, jederzeit kann eine weitere Lawine abgehen. An solch komplexen Bergungsaktion sind bis zu 50 Retter von mindestens drei Ortsstellen am Berg beteiligt. Letztes Jahr wurden drei Bergretter bei einem Einsatz verschüttet. "Der organisierte Rettungseinsatz ist meistens eine Todbergung", sagt Müller. 

Ortsstellenleiter der Bergrettung Klagenfurt, Kurt Müller mit Hundeführer Adolf Filka mit Lawinensuchhund Jerry Lee | Foto: Pachernig
  • Ortsstellenleiter der Bergrettung Klagenfurt, Kurt Müller mit Hundeführer Adolf Filka mit Lawinensuchhund Jerry Lee
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Lawinenbericht

Die Gefahren müssen vor der Skitour eingeschätzt werden. "Der Lawinenlagebericht wird täglich aktualisiert, man muss das Wetter beobachten. Hat es geschneit? Wind darf nicht unterschätzt werden. Der Bericht wird täglich von Willi Ertl, er ist übrigens auch Mitglied bei uns, aktualisiert. Auf der Webseite sieht man erstens die Höhe der Lawinenwarnstufe des jeweiligen Gebiets, aber auch die Expositionen und welche Auswirkungen der Wind hat", sagt Müller. Das Problem: zu viele sehen sich den Onlinebericht nicht an. "Die Erfahrenen schauen schon in den Lawinenlagebericht, zu viele aber nicht", sagt der Bergretter.

So sieht eine Sondierungskette bei einer Skitour aus. | Foto: Bergrettung Klagenfurt
  • So sieht eine Sondierungskette bei einer Skitour aus.
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Unterschätzte Natur

Weiteres Probleme: Viele glauben mit einem Airbag und Lawinensuchgerät unverwundbar zu sein und überschätzen die Kraft der Natur. "Der Lawine ist es egal, ob du einen Airbag hast, oder nicht. Wenn du allein unterwegs bist, hilft dir das LVS auch nicht viel", sagt Müller. Allein auf eine Tour zu gehen, kann verheerende Folgen haben. Die Kameradenhilfe ist im Notfall der entscheidende Faktor.

Die Bergrettung Klagenfurt bei einer Übung | Foto: Bergrettung Klagenfurt
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Die entscheidenden Faktoren

Sobald es Neuschnee gibt, wird es wieder gefährlich. Verallgemeinern kann man die Situation nie. "Es kommen viele Faktoren zusammen. Wie ist der Untergrund? Wie stark ist die Sonneneinstrahlung? Der Lawinenlagebericht fasst sämtliche Faktoren von Triebschnee oder Altschnee und Windverfrachtungen zusammen.

Die Bergretter üben regelmäßig für den Ernstfall.
 | Foto: Bergrettung Klagenfurt
  • Die Bergretter üben regelmäßig für den Ernstfall.
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Das benötigt ihr

Absolute Pflicht: das Lawinenverschüttetensuchgerät – kurz LVS-Gerät, Schaufel und Sonde. "Ohne diese Ausrüstung gibt es keine Skitour, nicht einmal auf die Ogris-Alm, sagt Müller knapp. Skitourengeher seien gewarnt. "Letztes Jahr ging vom Kosiak eine Lawine ab bis zur Skitourenspur der Ogris-Alm", warnt Müller. 

"Todesknick" nach 15 Minuten

Die ersten 15 Minuten entscheiden nach einem Lawinenabgang über Leben und Tod. "Die Kameradenrettung ist das um und auf, nach den ersten 15 Minuten sinken die Überlebenschancen für einen Verschütteten rapide. Auch wenn wir mit dem Heli kommen, dauert es eine Stunde", sagt Müller. Im Notfall muss man auch wissen, wie im Notfall umzugehen ist – es geht um Sekunden. Nach den 15 Minuten kommt es zu einem rapiden Knick in der Kurve, die Chance den weißen Tod zu überleben, sinkt auf 30 Prozent. Die meisten Lawinenopfer ersticken in dieser Phase. Nach mehr als zwei Stunden muss der Verschüttete freie Atemwege und eine Atemhöhle haben. Mit der Zeit schwinden die Überlebenschancen aufgrund der Unterkühlung. Nach drei Stunden liegen die Chancen, lebend aus einer Lawine zu kommen, bei null.

Bergretter aus Berufung

Seit acht Jahren ist der Klagenfurter Kurt Müller aktiv. Warum er sich das antut, kann er selbst nicht genau sagen. Sein Vater, der auch Ortsstellenleiter war, hat ihm das Bergretten in die Wiege gelegt, von Kindesbeinen an kennt er das alpine Ehrenamt und ist selbst leidenschaftlicher Alpinist und seit seinem 17. Lebensjahr Mitglied der Bergrettung Klagenfurt.

Zur Sache

Die Ortsstelle Klagenfurt der Bergrettung Klagenfurt birgt im Schnitt jedes Jahr rund 3 Lawinentote. Überlebenskurve in einer Lawine: 9 % sterben aufgrund von tödlichen Verletzungen. Nach 15 Minuten sinkt die Überlebenschance auf 30 Prozent. 
Tipp: Vor jeder Saison: neue Batterien des LVS-Geräts austauschen.
Die Webseite des Lawinenwarndienstes Kärnten wird täglich aktualisiert.

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