Interview mit Bildungdirektorin
"Schulbücher kann man nicht weglassen"

- Isabella Penz, Bildungsdirektorin für Kärnten: "Jugendliche wissen oft nicht, dass das Versenden von Fotos mit kinderpornografischen Darstellungen strafbar ist."
- Foto: Jürgen Müller
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Wie sollen Herausforderungen wie Migration, Radikalisierung und Digitalisierung gemeistert werden? Diesen und weiteren Fragen hat sich Bildungsdirektorin Isabella Penz gestellt. Vier Kleinschulen werden in Kärnten heuer nicht mehr aufsperren. Das Versenden von Kindesmissbrauchsbildern stellt für viele Schülerinnen und Schüler noch immer ein Kavaliersdelikt dar.
KÄRNTEN. Am 9. September startet in Kärnten für mehr als 33.000 Schülerinnen und Schüler ein neues Schuljahr. Grund genug, um mit Bildungsdirektorin Isabella Penz über Herausforderungen wie Migration, Radikalisierung und Digitalisierung zu sprechen.
MeinBezirk: Welche neuen Themen stehen heuer auf der Agenda?
Penz: Von jeder Schule ist ein Kinderschutzkonzept zu erstellen. Es ist auch wichtig, dass unsere Schulleitungen Angebote zum Thema Radikalisierung, wie z.B. Islamismus, erhalten. Schulen werden über kostenlose Angebote aus dem Bereich der Prävention informiert.
Sollten also Lehrer bspw. ein IS-Symbol erkennen, kann das erstens erkannt und zweitens gemeldet werden?
Solche Vorfälle müssen gemeldet werden. Im letzten Schuljahr hat sich eine Schulleitung an uns gewendet, weil sie den Verdacht hatten, dass eine Radikalisierung im familiären Bereich stattgefunden hat. In solchen Fällen gibt es eine klare Vorgehensweise: Die Schulaufsicht ist zu informieren und es kommt zur Vernetzung mit der Polizei. Bei Bedarf werden Workshops angeboten – das hängt immer vom Alter der Kinder oder der Jugendlichen ab. Es wird auch ein klärendes Gespräch angeboten. Jugendlichen ist oft gar nicht bewusst, dass sie sich bereits im Strafrecht befinden. Im Sinne der Prävention weisen wir Schüler darauf hin, wenn es sich um eine Straftat handelt; etwa das Verschicken von Minderjährigen-Fotos im Pornografiebereich. Jugendlichen ist oft nicht bewusst, dass das Versenden von Kindesmissbrauchsbildern unter Jugendlichen ein Tatbestand ist.
Wie wird mit Klassen umgangen, in denen ein Drittel nicht Deutsch spricht?
Es ist unumstritten, dass es, vorwiegend im städtischen Bereich, Schulen mit einem sehr hohen Migrationsanteil gibt. Es kommt daher zunehmend mehr Unterstützungspersonal in die Klassen. Was aber auch zu mehr Unruhe in den jeweiligen Klassen führt.
Reicht das aus?
Zu Schulbeginn kommt es zu einer Kompetenzmessung in Deutsch. Sobald acht Kinder in der Schule sind, die diese Testung nicht bestehen, gibt es eine eigene Deutschförderklasse. Essenziell ist, dass Kinder in der Volksschule Lesen, Schreiben und Rechnen erlernen. Dazu müssen sie der deutschen Sprache mächtig sein, das funktioniert mit diesen Deutsch-Förderklassen.
Braucht es mehr Schulsozialarbeiter?
Es braucht dringend mehr Schulsozialarbeit und Schulpsychologen. Wir haben derzeit 24 Vollzeitäquivalente Schulsozialarbeiter, die an knapp 100 Schulen tätig sind. Eine Verdoppelung wäre wünschenswert.
In Kleinschulen kommt es oftmals zu Klassenzusammenlegungen: ein Zukunftsmodell für andere Schulen?
Als Behörde ist es unsere Aufgabe, das Kärntner Schulgesetz umzusetzen. Gibt es Kleinschulen, die langfristig nicht mehr gewährleisten können, dass mehr als 30 Schüler vor Ort sind und gleichzeitig auch mehrere Schulen in dieser Gemeinde gibt, muss die Behörde tätig werden. Die Bildungsbehörde wurde bei mündlichen Verhandlungen des Verwaltungsgerichts bestätigt. Es schließen die Volksschulen Klein St. Veit in Völkermarkt, die Volksschule St. Egiden, die Expositur Tiffen und die VS Sörg. In den ländlichen Regionen werden Schulen kleiner, weil die Geburtenzahlen zurückgehen. Laut dem Kärntner Schulgesetz muss in jeder Gemeinde eine Schule bestehen – unabhängig von der Schüleranzahl.
Wieso sind die Schultaschen im digitalen Zeitalter noch immer so schwer?
Schulbücher kann man nicht weglassen – alles zu digitalisieren ist unmöglich. Künstliche Intelligenz, soziale Medien und digitale Endgeräte sind Einhilfsmittel, dürfen aber nicht das einzige Mittel sein. Die Kinder benötigen daher nach wie vor Schulbücher..
Wie fällt das Fazit zur Geräteinitiative "Digitales Lernen" des Bundes?
Unterschiedlich. Jede Schule ist angehalten, ein Digitalisierungskonzept vorzulegen, damit sie diese digitalen Endgeräte zur Verfügung gestellt bekommen. Wir bemerken, dass sich die Nutzung von Jahr zu Jahr verändert. Dass teilweise großer Nachholbedarf bei der Schulung der Lehrkräfte besteht, ist uns bewusst.
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