Zwist bei Abstimmung über Standortmarketing GmbH im TVB "Kufsteinerland"

TVB-Aufsichtsräte unter sich: Simon Hermann Huber (li.) bot Peter Mayer (stehend) nach dessen Entgegnung eine "Watsch'n" vor der Tür an.
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  • TVB-Aufsichtsräte unter sich: Simon Hermann Huber (li.) bot Peter Mayer (stehend) nach dessen Entgegnung eine "Watsch'n" vor der Tür an.
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

BEZIRK (nos). Die Vollversammlung des Tourismusverbandes "Kufsteinerland" war am Montag, dem 12. Dezember, im Ebbser Gasthof "zur Schanz" zusammengekommen, um neben der vereinsrechtlichen Pflicht – Bilanzpräsentation und Entlastung des Vorstands – auch eine zukunfsträchtige Kür zu absolvieren: Der TVB möchte gemeinsam mit der Stadtgemeinde Kufstein eine "Standortmarketing GmbH" gründen und damit das Veranstaltungsleben in der Festungsstadt weiter professionalisieren. Um den nächsten Schritt hin zur Gesellschaftsgründung zu machen, musste die Vollversammlung am Montagabend zustimmen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende des "Kufsteinerlands", Helmut Naschberger, erklärte in seinem Bericht, dass der Aufsichtsrat im Jahr 2016 in seinen vier Sitzungen "sämtliche Themen diskutiert" habe, Ende November wurde auch "das Rekordbudget für 2017 diskutiert und einstimmig beschlossen". Hier kamen die Aufsichtsräte auch zur Empfehlung an die TVB-Mitglieder, dafür zu stimmen die Standortmarketing GmbH einzurichten.

"Wir beteiligen uns an keinem Gebäude, Lift oder Schiff!"

Das stellte Obmann Johann Mauracher vor der Abstimmung erklärend in den Raum. Der TVB arbeite "gut zusammen mit der Stadt", bei der zu gründenden GmbH gehe es "um die Event-Geschichten", so Mauracher.
"Zur Sicherheit" möchten Stadtgemeinde und TVB eine eigene Gesellschaft gründen, die als Veranstalter auftreten kann, sowohl für Events in der Festungsstadt, als auch für den Blumenkorso und den Almabtrieb im "Kufsteinerland" – "damit man weiß, einer ist verantwortlich", meinte Mauracher. Er verwies im Vorfeld auch darauf, dass es positive Rückmeldungen von Seiten der Tourismusabteilung des Landes gäbe: "Die sind recht glücklich im Land Tirol, dass wir unter den Ersten sind, die das machen." TVB-Führung und Stadtgemeinde hätten sich "viele Gedanken gemacht", warb Mauracher um Zustimmung.

"Wenn wir nicht starten, verlieren wir am meisten!"

Kritik, Unsicherheit und eine deftige Einladung

Der Kufsteiner Hotelier und TVB-Aufsichtsrat Simon Hermann Huber (Hotel Stadt Kufstein) richtete an das Plenum die Frage, warum der TVB nun eine neue Gesellschaft gründen solle, obwohl man sich "vor Jahren von den Beteiligungen an der 'TopCity GmbH' und dem 'Hallo Du' getrennt" habe – mit dem Vorsatz "nur noch zu werben". Zudem meint Huber, dass der TVB bereits den gesellschaftlichen Auftrag und die gesetzlichen Rahmenbedingungen habe, um zu leisten, was die Standortmarketing GmbH tun soll. Auch die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug sei für "Außenwerbung" des TVB bereits jetzt möglich. "Ich sehe da keine Notwendigkeit", so Huber. Er beharrte auf dem Standpunkt, zuerst den (geplanten) Gesellschaftsvertrag sehen zu können, bevor die Vollversammlung abstimme. Huber fürchtet, dass andere Mitglieder dem Beispiel folgen könnten, bis sich schließlich "neun kleine TVBs als GmbHs getarnt im TVB" gegenseitig konkurrenzieren.

Zu diesem Zeitpunkt meinte Mauracher, er wolle "keine Diskussion aufkommen lassen darüber". "Wir brauchen eine Entwicklung des Zusammenhalts!"

Wirt und Hotelier Richard Hirschhuber (Auracher Löchl/Träumerei #8, Kufstein) stellte fest: "40 Cent zahl i, oan Euro griag i, mehr brauch i dazua ned sagn!" Für ihn überwiegen die Synergien der Gesellschaft, besonders der finanzielle und personelle Beitrag der Stadt.
Huber konterte, man solle zuerst den Vertrag auf den Tisch legen und dann abstimmen lassen. Mauracher wiederum meinte: "Wir haben noch keinen Vertrag unterschrieben. Wir haben versucht viele Dinge aufzuklären."
Huber kritisierte ebenso die aus seiner Sicht verbesserungswürdige Transparenz bei der Vergabe von Aufträgen durch den TVB, etwa für Beraterfirmen. Hotelier und Aufsichtsrat Peter Mayer (Panorama Royal, Bad Häring) stellte sich Hubers gewohnt markigen Wortmeldungen entgegen. Er bekrittelte, dass Huber als Aufsichtsratsmitglied ja an jenen Sitzungen, die das Thema behandelten, teilnehmen hätte können. Huber war nicht anwesend – er war ernstlich erkrankt.
Der Wortwechsel brachte Mayer schließlich die Einladung von Huber zu einer "Watsch'n" vor der Tür ein. "Aus völlig unerklärlichen Gründen", wie Peter Mayer sagt. Er habe weder von Hubers Erkrankung gewusst, noch dessen Drohung provoziert.
AR-Vorsitzender Naschberger wollte die positive Stimmung im TVB und der Stadt im Vorfeld der Gründung hervorstreichen und meinte: "Der Gemeinderat von Kufstein hat schon zugestimmt!"

Auch Hotelier Thomas Sappl (Hotel Andreas Hofer, Kufstein) schilderte seine Bedenken gegenüber der Kooperation mit der Stadt und richtete an den Obmann die Frage: "Es gibt ja auch TVB-Mitglieder, die Säle haben, warum sprichst du immer von der Arena oder dem Kultur Quartier, aber nicht von unseren Räumlichkeiten?" Er befürchtet, dass durch den Einfluss der Stadtgemeinde die stadteigenen Säle gegenüber den privaten bevorzugt würden. Damit würde Sappls "Stadtsaal" gegenüber der Arena, dem Kulturquartier oder der Landesmusikschule ins Hintertreffen geraten, so die Angst des Hoteliers.
TVB-Geschäftsführer Stefan Pühringer warf ein, dass dies verhindert und in der Geschäftsordnung der GmbH geregelt werden solle.

"Da braucht ihr euch nicht zu fürchten, die Stadt schafft es noch nicht einmal, ein Angebot zu stellen!"

So berief sich Obmann Mauracher auf die Ergebnisse eines "Mystery-Checks", bei dem unter den Congress-Partnern in der Stadt für eine Veranstaltungsbuchung angefragt wurde. Mauracher war so von der Stimmung und der Idee überzeugt, dass er gleich per Akklamation (Handaufheben) abstimmen lassen wollte – drei Mitglieder versagten ihm diese Variante, die Stimmzettel mussten her.

"Jetz wissma hoid a, dass de dagegen san", kommentierte Mauracher einige Minuten später das Ergebnis von 1014 Ja-Stimmen zu 315 Nein-Stimmen.
Huber wollte, in der Auszählungspause von den BEZIRKSBLÄTTERN darauf angesprochen, noch festgestellt wissen, dass der Kufsteiner Gemeinderat bislang der GmbH-Gründung nicht zugestimmt hat. "Ihr seid solche Lügner", konfrontierte Huber Naschberger und Mauracher noch in der Pause. Der Aufsichtsratsvorsitzende musste dies dann auch den Mitgliedern genauer erklären. In einem Gespräch mit Vertretern der Stadt am vergangenen Freitag sei ihm die "Zustimmung der Stadt" versichert worden. Naschberger nahm den Fehler auf seine Kappe, er irrte sich im Gremium: der Stadtrat stimmte bereits im November zu, der Gemeinderat hat dies erst in seiner Sitzung am 14. Dezember getan.

TVB-Steuerberater Klaus Ritzer, er war bei den Vorverhandlungen mit dabei, gab seine Expertensicht zur Gründung ab. Da die Unterscheidung zwischen Innen- und Aussenwerbung in der Praxis zumeist schwierig sei, wäre mit der gemeinsamen GmbH Sicherheit geschaffen und die Vorsteuerabzugsberechtigung über die Stadtgemeinde gesichert. Dass die GmbH als alleiniger Ansprechpartner fungiere, habe auch Vorteile in der Organisation von Veranstaltungen, etwa beim Abschluss von Haftpflichtversicherungen. Zudem merkte er an, dass man über die Gesellschaft "rechtlich sehr sauber" gegen "Lohn- und Sozialdumping" agieren könne. Für Ritzer ist die GmbH "technisch sehr vernünftig aber sicher teurer" als das bisherige Vorgehen. Ein besonderes Augenmerk sei darauf gelegt worden, dass der TVB seine Mitglieder nicht konkurrenzieren dürfe, wie Ritzer in Richtung Sappl meinte.
Für Obmann Mauracher wiegen die Synergieeffekte der gemeinsamen GmbH mit der Stadtgemeinde weit mehr als "diese paar 20, 30, 40.000 Euro". Der Thierseer Hotelier hält an seinem Credo fest:

"Wenn die Stadt läuft, laufen auch die Umlandgemeinden!"

Was genau die Stadtgemeinde Kufstein und der TVB "Kufsteinerland" mit ihrer "Standortmarketing GmbH" vor haben und wie die Gesellschaft formiert werden soll, folgt in Kürze.

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