Europäisches Forum Alpbach
Karas: "Wir haben zu viele Viktor Orbáns"

Othmar Karas, Vizepräsidenten der EU-Kommision, bereitet die zunehmende Polarisierung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten Sorgen.  | Foto: Christoph Klausner
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Othmar Karas und Shalini Randeria sprachen beim Forum Alpbach über die Energiekrise, eine zunehmende Polarisierung und über das Selbst- und Fremdbild Europas.

TIROL. Für den Vizepräsidenten der EU-Kommision, Othmar Karas, ist die Lösung der Energiekrise äußerst komplex, wie er bei der Eröffnung des Forum Alpbachs betonte. Themen wie Forschung, Steuerrecht, Bildung, Lebensstile oder aber auch der politische Wille würden allesamt den Umstieg auf Erneuerbare Energien beeinflussen. Aus diesem Grund plädiert er für eine "ehrliche Analyse" des Status quo und für "mutige Lösungen". Dazu gehöre auch die Überarbeitung der europäischen Rahmenbedingungen und Abkommen. Wie er zu Viktor Orbán steht, der auf europäischer Ebene immer sehr viel blockiert?

"Ich denke, wir haben zu viele Viktor Orbáns. Es wäre zu einfach sich auf eine Person zu fokussieren",

so Karas, der anti-demokratische Tendenzen in allen EU-Mitgliedsstaaten verortet. Da gibt ihm auch Shalini Randeria, Präsidentin und Rektorin der Central European University, recht. Viele Menschen würden den Ukraine-Krieg nicht als Kampf zwischen Auto- und Demokratien wahrnehmen, weil es kein Szenario mehr wie im Kalten Krieg gebe. Heutzutage sei auch in gefestigten Demokratien wie z. B. in den USA eine starke Polarisierung zu erkennen. Zeitgleich warnte sie auch vor "Soft-Autokratien", in welchen die Gesetze dazu missbraucht werden, um den Rechtsstaat nach und nach auszuhöhlen. Hier müsse man sehr wachsam sein, denn "ab einem gewissen Punkt ist es zu spät".

Für Shalini Randeria, Präsidentin und Rektorin der Central European University, weicht Europas Selbst- und Fremdwahrnehmung stark voneinander ab. | Foto: Christoph Klausner
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Die Ukraine als untreue Ehefrau Russlands

Die Polarisierung werde auch durch gezielte Desinformation verstärkt. Randeria erzählt von einer Geschichte, welche sich via Soziale Medien in Indien sehr stark verbreitet hat und darauf abzielte, den Angriffskrieg Russlands zu rechtfertigen. Darin gibt es einen Mann (Russland), der seine untreue Frau (Ukraine) beim Flirt mit anderen Männern (EU und NATO) erwischte. Deshalb hat der Mann seine Frau bestraft – immerhin gehe es auch um die gemeinsamen Kinder (Donbas). In patriarchalisch geprägten Gesellschaften würde diese Schilderung durchaus einleuchtend erscheinen, so Randeria. Bei der Rückverfolgung der Erzählung kam übrigens heraus, dass sie ihren Ursprung in China hatte.

Die Doppelmoral der Europäer

Wie man die Welt sieht, hängt oft vom Standpunkt ab. Davon ist Randeria, die in den USA geboren, in Indien aufgewachsen und mehr als die Hälfte ihres Lebens in Europa verbracht hatte, überzeugt. Deshalb schilderte sie in ihrer Grundsatzrede auch, wie Europa von außen betrachtet wahrgenommen wird. 

"Europas Selbstbild wird von anderen in der Welt nicht geteilt",

so die klaren Worte der Universitätsrektorin. Vor allem im Globalen Süden sei die Zeit der Kolonisation und Unterdrückung noch sehr nah. Aber auch einige Doppelstandards führen dazu, dass man Europa nicht als Wohltäter erachte. So wird zum Beispiel die Europäische Landwirtschaft jährlich mit 65 Milliarden Euro subventioniert. Dass widerspreche dem von Europa viel propagierten Prinzip der freien Marktwirtschaft. Sie betont auch, dass die "globale Solidarität" noch sehr zu wünschen übrig lasse. Zuletzt konnte man das bei der Verteilung der Impfdosen beobachten. Obwohl westliche Länder teilweise Impfdosen vernichteten, haben viele Entwicklungsländer noch heute mit einem Mangel an Dosen zu kämpfen.

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