Rupprechter: „Jede zehnte Behörde soll weg aus Wien“
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) holte sich in Bayern Anregungen für die österreichische Dezentralisierungsstrategie. Der dementsprechende "Masterplan" soll im Juni 2017 vorgestellt werden.
ÖSTERREICH/BAYERN. 10/10/3500 – das ist die Losung, die Landwirtschaftsminister Andrä Ruprechter (ÖVP) ausgibt. In den nächsten zehn Jahren will der ÖVP-Politiker zehn Prozent der Bundesbehörden und damit etwa 3,500 Dienstposten aus Wien „auslagern“. Dezentralisierung heißt das Schlagwort. Mit der Verlagerung von Behörden sollen Job- und Karrierechancen zwischen Vorarlberg und Burgenland geschaffen und dem „Brain Drain“ vom Land nach Wien entgegengewirkt werden.
„Wir wollen aber nicht Wien schwächen, sondern den Ballungsraum entlasten", sagt Rupprechter. Nachsatz: "Österreich ist trotz seiner eigentlich föderalen Struktur in der Verwaltung äußerst zentralistisch aufgestellt“. Derzeit befinden sich 64 der 68 wichtigsten Verwaltungsbehörden in der Bundeshauptstadt. Das ist zumindest einer der Gründe, warum der ländliche Raum jedes Jahr 5,000 gut ausgebildete Personen an den Zentralraum, also Wien, verliert.
Wie eine „Dezentralisierungsstrategie“ in der Praxis funktionieren kann, zeigt das Beispiel Bayern: ein deutsches Bundesland, etwa so groß wie Österreich, mit zwölf Millionen Einwohnern. Dort werden – das ist bereits beschlossene Sache – in den nächsten zehn Jahren über 50 Behörden und staatliche Einrichtungen in den ländlichen Raum verlagert. 26 Behörden mit 340 Beschäftigten und Studierenden wurden bereits dezentralisiert. „Unser Heimatministerium und unsere Heimatstrategie sind ein Erfolg. Durch die Verlagerung von über 3.000 Arbeits- und Studienplätzen aus den Ballungszentren heraus, schaffen wir Arbeitsplätze in ganz Bayern“, sagt Staatsminister Markus Söder (CSU) im Rahmen eines Zusammentreffens mit Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter am 24. März in München.
Wichtig sei, so Söder, auf die beginnende Dezentralisierungs-Debatte in Österreich angesprochen: "Man muss Schritt für Schritt anfangen – dann wird das schon".
Keine "Zwangsbeglückung"
Eine Chance, in Österreich mehr zu dezentralisieren, sieht Rupprechter in der bevorstehenden Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst. Bis 2024 gehen 55.000 Beamte und Vertragsbedienstete in der öffentlichen Verwaltung in Pension – insgesamt 42 Prozent des gesamten Personals. Das würde ermöglichen, neue Mitarbeiter verstärkt in den Regionen außerhalb Wiens aufzunehmen, meint der Landwirtschaftsminister. Rupprechter regte darüber hinaus bei seinem Besuch in Bayern an, Hochschulen von Wien in die Bundesländer zu verlegen – etwa die Universität für Bodenkultur oder die Veterinärmedizinische Universität. "Boku oder VetMed wären auch in Innsbruck denkbar", sagt der Minister.
Eine dienstliche Zwangsbeglückung – also eine verordneter Umzug von Beamten – gibt es auch in Bayern aber freilich nicht: "Es gibt keine Zwangsversetzung und der Personalaufbau erfolgt zumeist durch Neueinstellungen von Beschäftigten aus der Region", heißt es.
„Braucht Gesamtstrategie im Regierungsprogramm"
Um die strategischen Forderung realpolitisch zu untermauern, laufen in Rupprechters Landwirtschaftsministerium bereits mehrere Dezentralisierungs-Projekte. Seit 2016 residiert das Bundesamt für Wasserwirtschaft in Mondsee (OÖ). Zudem sollen die Gebietsbauleitungen Niederösterreich/Wien/Burgenland der Wildbach- und Lawinenverbauung in absehbarer Zeit nach Niederösterreich übersiedelt werden. Und: die Verlagerung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen von Wien nach Tirol ist ebenfalls in Planung. Aber trotzdem wird sich das Landwirtschaftsministerium nicht alleine dem fortschreitenden „Brain Drain“ nicht entgegenstellen können. Deshalb soll, laut Rupprechter, bis Mitte 2017 ein ressortübergreifender "Masterplan für ländliche Regionen" vorgestellt werden: „Es braucht eine Gesamtstrategie der Bundesregierung, die im 'Masterplan für den Ländlichen Raum' verankert werden soll“.
Zur Sache:
50.000 Menschen verliert der ländliche Raum in den nächsten zehn Jahren an den Großraum Wien. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter will mit einer Dezentralisierungsstrategie bzw. einem "Masterplan für den Ländlichen Raum" entgegenwirken. 10 Prozent der Bundesbehörden sollen in den nächsten 10 Jahren in den ländlichen Raum verlagert werden. Das entspricht 3500 Dienstposten.
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