So hip war die Eröffnung von Urban Outfitters in Wien
Die Stadt hat eine neue Hipster-Zentrale: Am Donnerstag wurde der Store von Urban Outfitters in Wien eröffnet. Dabei fehlte es weder an Craftbeer, noch an Klischees. Ein Lokalaugenschein im Tempel des "ironischen Humors".
WIEN. Get naked! Die versteckte Botschaft des neu eröffneten "Urban Outfitters" (UO) in der Mariahilfer Straße 38 wird auf einem Badezimmerteppich kommuniziert. Dort steht es in großen schwarzen Lettern: Macht euch nackig, denn ein lang ersehnter Shop hat in der Stadt seine Zelte aufgeschlagen. Die us-amerikanische Fashion-Kette "Urban Outfitters" feierte am Donnerstagabend ihre "Launch Party" im Siebenten. Dem Ruf des vermeintlich guten Geschmacks waren die coolen Kids der Stadt in Scharen gefolgt – wer es nicht sowieso eingeplant hatte, musste es spätestens im Instagram-Feed erfahren. UO ist da. UO wird gefeiert – und zwar mit hauseigenem DJ, Freibier vom Craftbrauer "Brew Age" und selbstverständlich dem einen oder anderen Mate-Drink.
Urban Outfitters ist eine Mischung aus Hippie-Retro, "80s Badtaste" und "ironisch humorvoll". Angeboten wird neben Kleidung auch Krimskrams und städtisches Interior-Design. Die Zielgruppe: Junge Erwachsene zwischen 18 und 30 Jahren. Die fühlten sich in dem zugegeben sehr schick eingerichteten neuen Store sichtlich wohl. Eines ist jedoch offensichtlich: Mit Klischees wird hier nicht gespart. Brillen mit Fenstergläsern, Casio-Uhren, Schallplatten samt zugehörigem Billig-Plattenspieler, Sofortbildkameras inklusive einer Polaroid-Originalauflage – quasi die Vollausstattung auf einem Fleck. Aus der Bücherabteilung die Berliner Essentials für die urbane Mini-Bibliothek: "Street Art" von Lonely Planet, eine "Ultimate Travelist" und das "Avocado Cookbook" dürfen nicht fehlen. Daneben eine Anleitung für den baldigen Durchbruch im Netz: "Read this if you want to be Instagram Famous". Zwar kein Buch, aber auch ultimativ retro: Ein "Pixapet" – wer ist alt genug, um sich an das Tamagochi zu erinnern?
Passiert in Wien alles 10 Jahre später?
Was die Mode angeht, ist es gar nicht so klar erkennbar, was jetzt wirklich angesagt ist. Passiert in Wien wirklich alles gefühlte 10 Jahre später, oder warum dominieren bei den Kunden noch die Skinny-Jeans, während UO bereits Schlaghosen verkauft? Adidas Originals scheint wieder ordentlich Rückenwind zu bekommen – aber war das je wirklich out? Fila feiert anscheinend sein Comeback aus der Prolo-Ecke der frühen 2000er-Jahre. Was kommt als nächstes? Umbro?
Tennissocken, Adiletten und die Bauchtasche
Einem Kind der 1990er Jahre sticht jedoch vor allem eines ins Auge: Eastpack. Und zwar nicht die damals viel zu tief getragenen Rucksäcke, sondern die Badtaste-Touristen-Version in Form der Bauchtasche. Die "spotted" man auch in Wien schon hier und da – jedoch nicht um den Bauch, sondern fürchterlich lässig und quer über den Oberkörper. Gerne gesehen in Kombination mit weißen Tennissocken und Adiletten. Sagt man eigentlich Adiletten, obwohl die Schlapfen von Puma sind?
Die Marke der Kollegen von Vice darf bei diesem Fashion-Aufmarsch natürlich nicht fehlen – es dauert nicht lange, und ein Mädel in den Zwanzigern stapft mit einem Vice-Stoffsackerl vorbei. Dabei stellt sich jedoch schon die Frage: Trägt man überhaupt noch Stoffsackerl? Und wo sind die Turnsackerl? Ist das jetzt noch Berlin oder doch schon mehr Williamsburg/New York? Und wo sind eigentlich die schwarzen Hauben hin?
Schlangestehen muss man letztlich nicht nur bei der Kassa, sondern auch vor dem hauseigenen Fotoautomaten. Zur Feier des Tages gibt es dort nämlich die Mutter aller Selfies kostenlos – analog versteht sich. Für Instagram kann man das schließlich immer noch abfotografieren. Echte Fashionistas protokollieren heute jeden Schritt mit dem iPhone – manche verirren sich sogar vor die eigens eingerichtete Fotowand. Aber das könnte auch eine Spur zu oldschool sein. Oder sagt man jetzt mainstream?
Der Badezimmerteppich mit der Aufschrift "Get naked" kostet übrigens 25 britische Pfund – das Preisschild wurde (noch) nicht getauscht. Dem echten Kosmopoliten ist das aber sicher egal. Macht es wahrscheinlich irgendwie authentischer oder so. Vielleicht ist es ja auch gerade angesagt, die Preise in Pfund auszuschildern. Man weiß es nicht so genau. "Great Britain" wird ja immer von irgendwem ein bisschen gefeiert.
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