Interview
Bernhard Baier: "Eine FuZo wäre sicher ein guter Neustart"

Bernhard Baier will mit den Themen Integration und Sicherheit ein Viertel der Stimmen für die Volkspartei holen. | Foto: BRS/Diabl
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  • Bernhard Baier will mit den Themen Integration und Sicherheit ein Viertel der Stimmen für die Volkspartei holen.
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Alle Spitzenkandidaten im Interview – an einem Ort ihrer Wahl. Heute: Bernhard Baier von der ÖVP über Alkoholverbote, Leerstände, Integration, Ostumfahrung, Impfpflicht und vielem mehr.

LINZ. Bernhard Baier ist seit 2013 Linzer Vizebürgermeister und unter anderem für Wirtschaft, Märkte und Stadtgrün zuständig.

Warum treffen wir uns im Hessenpark?
Der Park ist ein Beispiel dafür, wie man einen öffentlichen Ort sicher machen kann, so dass Kinder wieder hier spielen, sich Familien treffen und eine Grünfläche für die Wohnbevölkerung zugänglich ist. Das ist ein gutes Symbol für die Politik, die ich und die Linzer Volkspartei machen wollen.

Ein Teil der Menschen, die vorher hier waren, ist in den Schillerpark ausgewichen, wo jetzt auch ein Alkoholverbot eingeführt wurde. Über welchen Park diskutieren wir nächstes Jahr?
Wichtig ist, dass es ein Teil ist. Der andere Teil ist nämlich aus der Stadt abgezogen und somit konnte diese Szene auch verkleinert und verringert werden. So müssen wir Schritt für Schritt auf unsere Grünflächen schauen und die Politik für Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum fortsetzen, damit Linz nicht das El Dorado für Randgruppen aus ganz Mitteleuropa wird.

"Es hat eine Magnetwirkung gegeben"

War das vorher so?
Als ich den Auftrag hatte, den Park neu zu gestalten, war ich viel vor Ort und habe Gespräche mit den anwesenden Personen geführt. Die haben mir gesagt, sie stammen aus Süddeutschland, aus ganz Österreich, zum Teil auch aus dem benachbarten Ausland und sind nur deswegen da, weil sie wissen, dass im Hessenpark etwas los ist. Das zeigt ganz deutlich, dass es geradezu eine Magnetwirkung gegeben hat, der man entgegenwirken muss.

Das heißt, die Linzer Trinker und Suchtkranken verkraften wir eh?
Jeder Mensch, der - warum auch immer - in so eine Situation gerät, hat Hilfe verdient. Wenn er Hilfestellungen nicht annehmen kann oder nicht annimmt, dann muss aber klar sein, dass wir unsere öffentlichen Räume schützen müssen, sonst leidet die Lebensqualität der Gesamtbevölkerung darunter und das kann man auf Dauer nicht hinnehmen.

Mit dem Betten Reiter hat ein weiteres Traditionsunternehmen die südliche Landstraße verlassen. Wann kommen Maßnahmen gegen Leerstände?
Die Leerstände in der Landstraße gehen zurück und die Linzer Innenstadt hat nach wie vor eine sehr starke Marktstellung. Mit dem Online-Handel werden die Konkurrenz und der Druck auf die Betriebe aber größer. Deshalb haben wir als Stadt ein neues Innenstadt-Management gegründet, das den operativen Betrieb Anfang Oktober aufnehmen wird. Ich will damit die Zukunft der Linzer Innenstadt absichern.

"Wir erleben einen Umbruch"

Sie wollen im Wahlkampf Missstände ansprechen. Sehen Sie keine Veränderungen auf der südlichen Landstraße?
Auch auf der südlichen Landstraße gibt es kein Leerstandsproblem, das sich vor zwei oder drei Jahren völlig anders dargestellt hätte. Was wir hier zum Teil erleben, ist ein Umbruch, den der Online-Handel hervorruft. Dem müssen wir geeignet entgegenwirken. Deswegen habe ich Maßnahmen mit dem neuen Innenstadt-Management eingeleitet und das Problem nicht nur angesprochen, sondern konkret angepackt.

Sie rechnen mit einer Verbesserung in den nächsten Jahren?
Wir arbeiten an einer Verbesserung und wollen auf diesem Weg klarmachen, dass die Innenstadt so viel Erlebnis und Atmosphäre zu bieten hat, die man zu Hause beim Online-Einkauf nicht generieren kann. Diesen Unterschied müssen wir herausarbeiten.

Apropos Atmosphäre - war es ein Fehler, die Fußgängerzone nicht auf die südliche Landstraße auszudehnen?
Ich möchte nach vorne blicken und diese Option explizit für die Zukunft nicht ausschließen. Das ist ein interessanter Attraktivierungspunkt, den man gemeinsam mit den Gewerbetreibenden diskutieren und weiterentwickeln sollte. Wäre sicher ein guter Neustart.

Da müssen Sie in der WKO aber noch Überzeugungsarbeit leisten.
Natürlich ist das ein Entwicklungsprozess und da muss man auch offen sein für Dinge, die sich geändert haben. Im Dialog kann man vieles bewegen. Von oben herab oder mit der Brechstange sollte es jedenfalls nicht verordnet werden.

"Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit"

In Ihrer Programmpräsentation wollen Sie die „entscheidenden Zukunftsthemen und wichtigsten Handlungsfelder“ der kommenden Jahre bestimmt haben. Es geht überwiegend um Migration und Sicherheit. Warum?
Wir hatten in Folge 2015 einen starken Zuzug und daher spielt die Integration dieser neu zugezogenen Menschen für die Zukunft der Stadt eine ganz wesentliche Rolle. Und ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit und daher bestimmt die Sicherheit auch ganz wesentlich das Lebensgefühl in der Stadt. Selbstverständlich bestehen daneben noch weitere Herausforderungen, die man nicht kleinreden darf.

Sogar Ihre Sorge um den Nikolaus in Kindergärten hat es unter die wenigen Punkte geschafft, nicht aber die größte Herausforderung unserer Zeit, die Klimakrise oder das Linzer Dauer-Thema Verkehr. Warum?
Man muss sehen, wo die Kommunalpolitik ihre großen Möglichkeiten hat. Was die Klimasituation anbelangt, setze ich ja in meinem eigenen Ressort mit der Baumpflanzoffensive ganz klare Maßnahmen. Aber: Wenn wir in unserer Stadt in Zukunft in Frieden und ohne große Spannungen leben wollen, braucht es eine verbesserte Integrationspolitik. Das ist bei einem Migrationsanteil zwischen 40 und 50 Prozent einfach notwendig.

Christian Diabl im Gespräch mit Bernhard Baier. | Foto: BRS
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Umso erstaunlicher ist es, dass Sie die einzige Stadtsenatspartei sind, die keinen Kandidaten mit Migrationshintergrund an wählbarer Stelle hat. Woran liegt das?
Wir haben auf Platz 19 eine Kandidatin, die aus Bulgarien stammt, Anna Aigner. Sie ist in Jugendjahren nach Österreich gekommen, hat hier geheiratet und ist eine Leistungsträgerin in unserer Gesellschaft. Sie ist ein Sinnbild dafür, wie wir Integration verstehen.

Sie wollen eine Integrationspolitik, die fordert und fördert. Ihre Forderungen haben Sie breit plakatiert. Was soll aber mehr gefördert werden?
Natürlich die Sprache. Das Erlernen der deutschen Sprache sehe ich als keine Schikane an, sondern als Tür zu den Chancen in unserer Gesellschaft. Im Kindergartenbereich trete ich dafür ein, die Sprachförderung zu verdoppeln. Derzeit werden acht Kinder pro Gruppe unterrichtet. Ich finde es auch nach Rücksprache mit Experten besser, das zu halbieren. Das bedeutet natürlich mehr Geld, aber auch eine größere Wirkung.

"Luftsteuer reformieren oder abschaffen"

Wirtschaft und Finanzen waren einmal Kernthemen der ÖVP. Warum kommen die in Ihrem Wahlkampf kaum bis gar nicht vor? Läuft es da gut in Linz?
Der Eindruck ist nicht richtig. Wir haben auch in unserer Außenwerbung das Thema Leistung und Wohlstand ganz klar thematisiert. Wir meinen damit, dass die Leistungsträger in unserer Gesellschaft auch auf städtischer Ebene nicht weiter belastet werden dürfen. Da zählen auch die Betriebe und Unternehmen dazu. Wer die Linzer Volkspartei stärkt, kann damit rechnen, dass wir die antiquierte und längst in die Jahre gekommene Luftsteuer reformieren oder abschaffen werden.

Sie fordern ein Zuverdienstverbot für Arbeitslose. Ihr Wirtschaftsminister Kocher sagt, es macht keinen Sinn am Anfang einer Reform, einige Punkte herauszugreifen, ohne den Gesamtkontext zu sehen - wissen Sie da mehr als er?
Ich stehe für Solidarität in der Form, dass man jenen hilft, die nicht können und nicht jenen, die nicht wollen. Die Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld erscheint mir schlicht und ergreifend unlogisch zu sein. Warum sollte jemand eine Zuverdienstmöglichkeit haben, wenn er arbeitslos ist? Ich bin überzeugt, dass man das angehen muss, sonst sind die, die in der Früh aufstehen, die Dummen, weil sie am Ende vielleicht weniger bekommen würden, als jene, die vielleicht nur hin und wieder ihre Wohnung verlassen.

Da geht es doch nur um kleine und kleinste Jobs.
Wenn man hier eine geringe Grenze einführt, um jemand wieder in den Arbeitsmarkt integrieren zu können und das ein Stufenplan sein soll, rennt man bei mir offene Türen ein. Aber ich verstehe nicht, warum jemand auf der einen Seite Arbeitslosengeld bekommt und auf der anderen bis zur Zuverdienstgrenze arbeiten gehen kann. Da entsteht einfach ein Ungleichgewicht.

Sieht das die Wirtschaft auch so oder brauchen die nicht auch Leute, die für 100 Euro Jobs machen?
Die Wirtschaft braucht dringend Fachkräfte und bekommt sie nicht. Wir haben so viele offene Stellen wie nie zuvor. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass man sich Mobilisierungsmaßnahmen wünscht, damit die Menschen wieder zum Vorstellungsgespräch kommen, um einen Arbeitsplatz zu ergattern und nicht nur die Bestätigung dafür, dass man weiterhin Arbeitslosengeld beziehen kann.

Sind da nicht auch die Arbeitgeber gefordert? Müssen die Jobs, etwa im Tourismus oder in der Gastronomie, nicht attraktiver werden, damit es "matcht"?
Alle sind gefordert, aber am Beginn braucht es auch eine Bereitschaft des Arbeitnehmers selbst oder des Arbeitsuchenden.

"Es wird immer Baumfällungen geben"

Sie wollen 1.000 neue Bäume pflanzen. Gleichzeitig werden ständig alte gefällt. Sind Sie für ein Baumschutzgesetz? 
Mit oder ohne Baumschutzgesetz wird es immer Fällungen von Bäumen geben, weil Baumaßnahmen oder andere Maßnahmen zu Veränderungen führen können. Daher: Mehr Bewusstseinsbildung für die Wertigkeit unseres Baumbestands anstatt Gesetze, die dann dazu führen, dass vielleicht überhaupt kein Baum mehr gepflanzt wird.

Aktuelles Beispiel: Beim Parkbad sind gerade wieder Bäume gefällt worden. Wie geht es Ihnen da als Verantwortlicher für Stadtgrün?
Ich habe mit solchen Maßnahmen nie eine Freude, aber wo ist die Alternative? Die wäre gewesen, dass man dort den Umbau der Tabakfabrik nicht in dieser Form machen kann, dass dieses Projekt in dieser Form nicht möglich ist. Daher wird es auch in Zukunft immer wieder solche Fälle geben.

Man hat immer wieder den Eindruck, dass Sie und Markus Hein bei Projekten, die Sie beide betreffen, wie die Baumpflanzungen in der Stockhofstraße, der Schubertstraße oder der Kroatengasse, nicht miteinander reden. Täuscht das?
Es gibt immer wieder Querschüsse aus diesem Bereich, aber die Baumpflanzoffensive werden diese Querschüsse sicher nicht aufhalten.

Bernhard Baier will mit den Themen Integration und Sicherheit ein Viertel der Stimmen für die Volkspartei holen. | Foto: BRS/Diabl
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Sie sind gegen die Ostumfahrung, so wie sie derzeit geplant ist. Haben Sie das schon bei Ihrer Landespartei deponiert?
Schon lange.

Das heißt, die Linzer können sich auf die ÖVP verlassen, dass das so nicht kommt?
Die Position der Linzer ÖVP ist unverändert. Schon 2013 und 2014 haben wir ganz klar gemacht, dass wir eine Entlastung des Linzer Südens wollen und keine weitere Belastung.

"Bin ganz klar für eine stadtferne Trasse"

Sie sind also für eine stadtferne Trasse?
Ich bin ganz klar für eine stadtferne Trasse und gleichzeitig auch für eine Entlastung des Linzer Südens mit einem Straßenausbau, der Verkehrsströme vom Industriegebiet aufnimmt und die Stadtautobahn entlastet. Das wäre der Job der Asfinag.

Im Gegensatz zu vielen ÖVP-dominierten Gemeinden gilt die Kleinkinderbetreuung in Linz als vorbildlich. Warum fordern Sie den Ausbau des Tagesmütterangebots?
Weil wir für Wahlfreiheit stehen in der Kinderbetreuung. Jede Familie sollte für sich entschieden können, welches Angebot sie in Anspruch nehmen will und da gehören die Tagesmütter für uns dazu.

Gesundheit war ein Themenschwerpunkt in Ihrer Vorkampagne. Wie erklären Sie sich eigentlich, dass OÖ Schlusslicht beim Impfen ist?
Das sollte man jene Politiker fragen, die ganz offen gegen das Impfen auftreten und damit Falschmeldungen und Verunsicherung verbreiten.

Die gibt es überall, nicht nur in Oberösterreich.
Aber der Unterschied ist nicht so groß, dass man hier von einer wesentlich anderen Richtung ausgehen kann. Ein oder zwei Prozentpunkte ist aus meiner Sicht nicht die Welt.

"Kann nur jedem empfehlen, sich impfen zu lassen"

Sind Sie für eine Impfpflicht?
Wir wissen, dass eine allgemeine Impfpflicht grundrechtlich nicht möglich ist und damit ist die Diskussion darüber müßig. Ich selbst bin geimpft und kann nur jedem empfehlen, sich impfen zu lassen und hoffe, dass es noch viele tun werden.

Können Sie sich eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen vorstellen?
Das ist rechtlich zulässig und das kann ich mir tatsächlich vorstellen. Weil jeder entscheiden kann, ob man in diesem Beruf oder in diesem Betrieb arbeiten will.

Was ist Ihr Wahlziel?
Wir streben als Linzer Volkspartei ein Viertel der Stimmen in der Landeshauptstadt an. Persönlich kämpfe ich dafür, wieder die Stichwahl zu erreichen.

Das ist eine klare Ansage. Was machen Sie, wenn Sie das nicht schaffen?
Dann wird am nächsten Tag auch die Sonne aufgehen.

Was machen Sie an Ihrem ersten Tag als Bürgermeister?
Termine und Wege suchen, wie ich mit der Linzer Bevölkerung in Dialog und Kontakt treten kann, um mein Bürgermeisteramt auch nach deren Bedürfnissen ausrichten zu können.

Bernhard Baier will mit den Themen Integration und Sicherheit ein Viertel der Stimmen für die Volkspartei holen. | Foto: BRS/Diabl
Christian Diabl im Gespräch mit Bernhard Baier. | Foto: BRS
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