19 teils Schwerverletzte in Kittsee
6 Jahre Haft für Schlepperunfall mit 3 Toten
Drei Todesopfer. Unter ihnen eine zweifache Mutter. Deren Ehemann und beiden Söhne wurden teils schwerverletzt, wie weitere 16 Personen. Schreckliche Bilanz einer irren Schlepperfahrt, die - wie berichtet - mit einem Unfall auf der A6 bei Kittsee endete. Ein Schöffensenat im Landesgericht Eisenstadt verdonnerte den tschetschenischen Lenker nun zu 6 Jahren Gefängnis. Für den Angeklagten eine zu hohe Strafe, für die Staatsanwältin zu gering.
KITTSEE. „Weil er Schlammspritzer aufwies und überladen war, kam uns der Kastenwagen, ein Fiat Ducato, verdächtig vor. Deshalb stoppten wir das Fahrzeug. Während der Passkontrolle forderten wir den Fahrer auf, die Türe der Ladefläche zu öffnen!“, schilderte ein Polizist die Situation vom 13. August 2022 beim Grenzübergang Kittsee. „Zuerst ging der Lenker ganz cool und langsam zum Heck des Wagens, drehte dann um und ging zurück zur Kabine. Ich dachte, er holt einen Schlüssel oder muss einen Hebel umlegen. Plötzlich aber sprang er ins Cockpit, startete und gab Vollgas!“
Wahnwitziges Lenkmanöver als Täuschung
Mit zwei Einsatzfahrzeugen, Blaulicht und Folgetonhorn nahmen Beamte die Verfolgung auf. Auf der A6 Richtung Wien missachtete der Fahrer alle Anhaltezeichen. Versuchte die Polizisten zu täuschen, in dem er extrem lange geradeaus weiter fuhr, ehe er mit einem „wahnwitzigen Lenkmanöver“, so die Staatsanwältin, dann doch Richtung Ausfahrt steuerte. Bei hohem Tempo nach rechts über die Sperrlinie raste und dann die Kontrolle über das Fahrzeug verlor.
22 Personen flogen aus Ladefläche
Der Fiat Ducato überschlug sich. Dabei wurden alle 22 Personen aus der Ladefläche ins Freie geschleudert. Lagen teils regungslos, teils schreiend vor Schmerzen im Straßengraben verstreut. „Wir haben sofort Erste Hilfe geleistet, weitere Kräfte alarmiert und parallel nach dem Lenker geschaut. Die Fahrertüre stand offen, das Cockpit war aber leer!“, so der Polizist vor dem Schöffensenat im Saal 7. „Der ist einfach davongelaufen. Schließlich haben wir ihn in 100 Meter Entfernung in einem Gebüsch versteckt gefunden und festgenommen!“
Angeklagter erklärte: Für mich legale Transporte
Der Angeklagte, ein Tschetschene, 30, Vater von 5 minderjährigen Kindern, von 500 Euro Sozialhilfe lebend, staaten- und arbeitslos, versuchte anfangs dem Schöffensenat zu erklären: „Ich dachte, dass es sich um einen legalen Transport handelt!“ Und ergänzte, dass solche Fahrten in Deutschland und Frankreich nicht strafbar sind. Nach einer Aufklärung seitens der Richter, dass diese Behauptung schlicht weg falsch ist, setzte der Angeklagte nach: „Für mich war klar, dass das legal ist!“
Vorsitzender platzte der Kragen
Warum er dann vor der Polizei geflüchtet ist, wenn er nichts Strafbares gemacht hat, wollte Richterin Karin Knöchl wissen. „Die Illegalen haben mich gebeten, nicht stehenzubleiben!“ Auf die Frage, ob er sich der Schlepperei, der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung für schuldig erklärt, versuchte der Mann durch langatmige, abstruse Ausreden und fadenscheinige Erklärungen auszuweichen. Da platzte der Vorsitzenden der Kragen: „Schuldig - JA oder NEIN?“
Schlepper gab drei Transporte zu
Auch sein Pflichtverteidiger, Mag. Jochen Serenyi, bat schließlich die Dolmetscherin um Übersetzung, dass sich sein Mandant, wie er das auch in zahlreichen Anwalts-Gesprächen zuvor bereits gemacht hat, schuldig bekennen soll!“ Schließlich lenkte der Tschetschene ein. Gab zu, für insgesamt 3 Fahrten verantwortlich zu sein und ihm 1.500 Euro pro Transport von seinen Auftraggebern versprochen worden sind. Besonderen Wert legte der Angeklagte jedoch auf die Feststellung, dass er bei dem Unfall selbst verletzt worden ist.
Nicht wie Vieh auf der Ladefläche
Die Staatsanwältin führte dem Mann vor Augen, dass es bei dem schrecklichen Unfall 3 Todesopfer, 7 Schwerverletzte und 12 Leichtverletzte gegeben hat. Und er sich auch während der Fahrt generell nicht um die 22 Personen gekümmert hat. Denn zahlreiche Migranten berichteten, dass es stundenlang keine einzige Pause gab. Richterin Knöchl ergänzte: „Bei legalen Fahrten befinden sich die Personen auf Sitzplätzen und nicht wie Vieh auf der Ladefläche!“
Die Migranten konnten aussteigen und beten
Nach einer kurzen Nachdenkpause meinte der Angeklagte: „Es gab Pausen. Mehrmals. Ich habe sie mit Wasser versorgt und mit Äpfel. Sie konnten aussteigen. Mindestens zweimal für 30 Minuten. Außerdem konnten sie beten, wie ich das auch gemacht habe! Wenn die Illegalen was anderes sagen... Weiß nicht, warum...!“ Eine Anwältin brachte vor: „Ich vertrete den schwerverletzten Ehemann, der seine Frau verloren hat. Und die beiden teils schwerverletzten Söhne, 8 und 10 Jahre alt, die ihre Mutter verloren haben. Alle drei Personen leiden noch immer unter den Folgen des Unfalles. Deshalb fordere ich 10.000 Euro Schmerzensgeld!“ Diesem Antrag stimmte der Tschetschene zu.
6 Jahre Gefängnis! Zu viel. Zu wenig.
Nicht aber dem Spruch des Schöffensenats von 6 Jahren Gefängnis. Der Mann, der während der Urteilsberatung auf seinem Tisch sein Mittagsgebet vollzog, legte Berufung ein, weil er eigentlich eine teilbedingte Strafe wollte. Konträr dazu die Staatsanwältin, der sechs Jahre Haft für drei Todesopfer und 19 teils Schwerverletzte zu wenig waren. Daher nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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