Gute Impfung, schlechte Impfung
Serie Teil 2: Ausgerottet – wie Pocken und Polio verschwanden

Die Polio-Schluckimpfung ist hoch wirksam. Nur Pakistan und Afghanistan meldeten 2018 noch Fälle von Kinderlähmung. | Foto: Unicef/sewunet
  • Die Polio-Schluckimpfung ist hoch wirksam. Nur Pakistan und Afghanistan meldeten 2018 noch Fälle von Kinderlähmung.
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Die Pocken machten vor niemandem halt. Mozart, Beethoven oder Goethe trugen ebenso Pockennarben im Gesicht wie die meisten Fürsten ihrer Zeit. Auf Steckbriefen wurde eigens erwähnt, wenn ein Gesuchter "nicht pockennarbig" war. Kinder zählten erst richtig zur Familie, wenn sie die Pocken überstanden hatten.

Als Pionier des Impfwesens gilt der englische Landarzt Edward Jenner. Er hatte eine Stallmagd gehört, die voller Überzeugung verkündete: "Ich werde niemals ein hässliches Pockengesicht bekommen, denn ich bin geschützt. Ich habe bereits die Kuhpocken gehabt." Jenner beschloss, diese Theorie zu testen. Im Mai 1796 entnahm er Flüssigkeit aus der Pustel einer an Kuhpocken erkrankten Magd und ritzte diese in den Oberarm des acht Jahre alten James Phipps. Sechs Wochen später machte Jenner mit seinem Menschenversuch, der heute als kriminell gelten würde, weiter. Diesmal infizierte er James mit Material aus der Pustel eines lebensgefährlich an echten Pocken erkrankten Patienten. Und es funktionierte: James überlebte, wurde 65 Jahre alt und war fortan gegen Pocken immun.

Erfolg der "Schmutzimpfung"

Die Pockenimpfung wurde aus den Eiterpusteln künstlich infizierter Kälber erzeugt und enthielt eine Unzahl von Keimen und Fremdeiweißen. Nach den heutigen Hygiene-Standards war sie eher eine Schmutz- als eine Schutzimpfung. Doch immerhin: im Jahr 1977 erkrankte in Somalia der letzte Mensch an Pocken und drei Jahre später verkündete die WHO stolz die weltweite Ausrottung.

Schock im Wirtschaftswunder

Die Polio-Epidemie brach in die heile Welt der 50er-Jahre ein wie ein Tsunami und wütete so verheerend unter Babys und Kleinkindern, dass es kein wichtigeres Gesprächsthema gab. Betroffen waren vor allem wohlhabende Länder. Die ersten Fälle traten in den USA und in Skandinavien auf. Und das war ungewöhnlich, hatten die meisten Seuchen doch bislang vor allem dort gewütet, wo Krieg und Elend herrschten.

Wer dieses Rätsel verstehen will, muss die Übertragungswege kennen: Polioviren vermehren sich im Darm der Infizierten. Über Durchfall werden Milliarden von Kopien der Viren ausgeschieden. Nur wenn diese Fäkalkeime ins Trinkwasser gelangen, kann sich die Krankheit ausbreiten. In Ländern mit guter Hygiene war dies jedoch immer seltener der Fall.

Das Problem dabei: Wenn der Kontakt mit den Viren nicht im ersten Lebensjahr erfolgte, sondern erst später, so stieg das Risiko von Komplikationen und bleibenden Lähmungen. Und dies war der besondere Effekt der Polio-Schluckimpfung: Sie sorgte mit abgeschwächten – aber lebenden – Viren für eine verlässliche Immunität bereits während der ersten Monate. Ein zufälliger späterer Kontakt mit den vereinzelt noch herumschwirrenden Wildviren richtete keinen Schaden mehr an. Und damit konnten die Polioviren das machen, was sie in Ländern mit sauberem Trinkwasser ohnehin vorhatten: aussterben. 2018 gab es nur noch zwei Länder, wo Lähmungen durch Polio-Wildviren auftraten: Aus Afghanistan wurden 21 Fälle, aus Pakistan acht Fälle gemeldet. Damit ist auch bei Polio ein Ende absehbar.

Training für das Immunsystem Pocken, Polio-Schluckimpfung, Tuberkulose, Masern, Mumps, Röteln, Rotaviren, Gelbfieber: Alle diese Impfungen enthalten lebende Viren oder Bakterien. Sie erzeugen eine natürliche starke Immun-Antwort und brauchen dafür keine problematischen Zusätze. Immer mehr Studien belegen, dass sich diese Impfstoffe auch günstig auf die Abwehrkräfte auswirken. Die Kinder entwickeln ein topfittes Immunsystem und kommen gut mit den auftretenden Infekten zurecht. Der gute Ruf des Impfens beruht zum Großteil auf diesen Lebend-Impfungen.

Alle Folgen der Serie finden Sie unter #impfen2019

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