Wolfgang Sobotka: „Mindestsicherung an Einhaltung der ,Hausordnung‘ binden“

Die Bundesländer haben unter Ihrer Führung ein Modell für eine einheitliche Berechnung der Bundesländerbudgets präsentiert. Wozu brauchen wir das?
Weil derzeit jedes Land andere Modelle der Budgetberechnung hat und man deswegen keine Vergleiche anstellen kann. Die Leute wollen aber wissen, ob sie in einem Bundesland oder einer Gemeinde leben die gut geführt ist oder nicht. Sie wollen wissen: Leben wir in einem reichen Land, oder in Wolkenkuckucksheim, wo jeder nur g'scheit daherredet.

Wie sieht die neue Berechnung aus?
Es ist ein Drei-Säulen Modell, nachdem auch jede private Firma bilanziert: Es gibt eine Vermögensrechnung, die Besitz und Schulden gegenüberstellt. Es gibt eine Gewinn- und Verlustrechnung die Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellt und eine Finanzrechnung zur Beurteilung der Liquidität. Man kann Verluste nicht mehr "auslagern". Es sind strenge Regeln, aber sie garantieren Transparenz. Jeder der sich mit einer Bilanz auskennt, kann das nachvollziehen.

Im Wien-Wahlkampf wurde Niederösterreich als hoch verschuldet hingestellt. Stimmt das?
Genau deswegen braucht man einheitliche Regeln. Betrachtet man das absolute Vermögen, so sind wir das reichste Bundesland, das ist klar weil wir groß sind. Bei Vermögen pro Kopf liegen wir an vierter Stelle. Bei Finanzschulden pro Kopf liegen wir auf Platz fünf.

Bei der europäischen Berechnung der Schulden ist Niederösterreich an vorletzter Stelle vor Kärnten...
Das ist so aber nicht aussagekräftig. Ein Beispiel: Das Land hat 200 Millionen Euro in den Teilchenbeschleuniger im Krebstherapiezentrum MED-Austron in Wiener Neustadt gesteckt. Nach europäischer Berechnung zählen diese 200 Millionen zu unseren Schulden. Das Land wird diesen Betrag aber nicht zurückzahlen, sondern das Zentrum wird das selbst aus eigenen Einnahmen tun. Das wird aber nicht in die Bilanz genommen. Die Schulden hat das Land, die Einnahmen nicht. Solche Beispiele gibt es viele.

Das ist verwirrend: Sind wir nun reich oder arm?
Ganz einfach: Vergleicht man das Vermögen mit den Schulden, dann sind wir an 4. Stelle in Österreich. Vor uns liegen Vorarlberg, Tirol und Salzburg. Diese Länder hatten keine russische Besatzung und haben seit jahrzehnten eine starke Tourismusindustrie aufgebaut. Deswegen mussten sie in den vergangenen Jahrzehnten auch keine großen Investitionen tätigen. Wir mussten das aufholen, drum können wir diese Länder auch schwer überholen. Aber in Ostösterreich sind wir vorne. Wir haben 5,4 Milliarden positives Bilanzvermögen. Zum Vergleich: Österreich hat MINUS 130 Milliarden.

Das Budget für 2016 ist ja verabschiedet. Sind die Kosten für Flüchtlinge darin schon enthalten?
Natürlich nicht.

Wieviel kann Niederösterreich das kosten?
Bislang bewegt sich der Mehraufwand des Landes für die Mindestsicherung bei meines Wissens 22 bis 23 Millionen Euro. Dazu kommen sonstige Kosten, etwa für Deutschkurse, Beratung, Schulen, die trägt der Bund zu 60 Prozent, das Land übernimmt den Rest.

Es gibt eine Berechnung des Finanzministeriums, die angeblich von bis zu 12 Milliarden euro in den kommenden vier Jahren ausgeht...
Das ist ein hanebüchener Blödsinn. Finanzminister Schelling geht soweit ich weiß für 2016 von einer Milliarde Euro aus. Aber das ist derzeit unplanbar. Ich mache es wie beim Hochwasser: Ich warte die Zahlen ab und dann planen wir das ein.

Das heißt die Flüchtlingskosten sollten wie Katastrophen-Kosten aus den offiziellen Schuldengrenzen genommen werden?
Natürlich. Die Situation ist auch wie ein Hochwasser, das ist ein außergewöhnlicher Fall, das war noch nie da. Das trifft uns ja nicht nur bei der Mindestsicherung. Es gibt natürlich auch Kosten, etwa bei Überstunden der Exekutive. Insgesamt sind heuer bislang 600 Millionen an Kosten aufgelaufen. Und da muss man jertzt aufpassen, dass man mit dem Elend von Flüchtlingen nicht auch noch Geld verdient. Bei der Betreuung und Unterbringung darf maximal eine schwarze Null herauskommen.

Glauben Sie, dass die relativ hohen Sozialleistungen in Österreich Flüchtlinge zu uns lenken?
Sicher. Jeder würde dorthin gehen, wo er die besten Aussichten hat. Das ist auch der Grund warum Deutschland und Österreich so begehrte Ziele sind und nicht etwa die Slowakei. Andererseits verstehe ich das nicht, denn das Wirtschaftswachstum ist etwa in der Slowakei höher. Somit hat jemand der Arbeit sucht dort bessere Chancen.

Sie fordern als NÖAAB-Chef ja schon lange, die Regeln für die Mindestsicherung zu verschärfen.
Früher oder später werden wir nicht umhinkommen, uns das zu überlegen. Die Mindestsicherung in der derzeitigen Form als soziale Hängematte hat keine Zukunft. Deswegen haben wir auch schon begonnen Maßnahmen zu ergreifen, etwa Gutscheine statt Geld auszugeben. Und natürlich gehört die Mindestsicherung an Arbeit gekoppelt, etwa im kommunalen oder im Sozialbereich. Und dann bin ich dafür, dass man die Auszahlung an die Einhaltung der "Hausordnung" bindet. Wir haben immer Leute aufgenommen, aber es muss klar sein, dass diese unsere Mentalität und Kultur übernehmen. Nicht die Religion, die kann jeder behalten. Aber bei uns ist es Kultur, dass ein Kreuz im Kindergarten hängt. Selbstverständlich kommt auch der Nikolaus dorthin. Bei uns ist die Frau gleichberechtigt. Frauen gehen auch alleine in die Wahlzelle und der Mann geht nicht mit hinein, so wie das in Oberösterreich passiert ist. Und selbstverständlich darf man in Österreich nur eine Frau haben. Das ist unsere Hausordnung.

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