"Vorbild Schweden"
Zwölf Jahre Wartezeit auf Wohnung in Stockholm

Führten die OÖ-Delegation in Stockholm an: Landeshauptmann-Stellvertreter und Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner (4. v. l.), Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (Mitte), Bau-Landesinnungsmeister Norbert Hartl (r.), Bauhilfsgewerbe-Landesinnungsmeister Martin Greiner (l.) und Manfred Asamer, Vorsitzender der Stein- und keramischen Industrie (2. v. l.). | Foto: BRS/Winkler
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  • Führten die OÖ-Delegation in Stockholm an: Landeshauptmann-Stellvertreter und Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner (4. v. l.), Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (Mitte), Bau-Landesinnungsmeister Norbert Hartl (r.), Bauhilfsgewerbe-Landesinnungsmeister Martin Greiner (l.) und Manfred Asamer, Vorsitzender der Stein- und keramischen Industrie (2. v. l.).
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  • hochgeladen von Thomas Winkler, Mag.

Ambitionierte Stadtentwicklungsprojekte bekam eine oberösterreichische Delegation bei ihrer Architekturreise nach Stockholm präsentiert. Aber: Vom leistbaren Wohnbau Oberösterreichs können die Schweden nur träumen.

STOCKHOLM. Auf einem riesigen alten Schlachthofgelände Slakthusområde baut die Stadt Stockholm einen Mix aus Wohnungen, Lokalen, Geschäften und Kulturbetrieben. Die Autos werden in den Untergrund verbannt. Erhalten bleiben soll dafür der Charakter des Schlachthofes, indem viele der bestehenden Gebäude weiterentwickelt werden. Beim Stadtentwicklungsprojekt Norra Djurgårdsstaden sind auf einem ehemaligen Industriegebiet 12.000 neue Wohnungen und 35.000 neue Arbeitsplätze geplant – teils in früheren Industriebauten. Der Stadtteil soll bis 2030 klimaneutral und unabhängig von fossilen Brennstoffen sein. Eine Vielzahl an Ladestellen für E-Autos zeigt, wohin die Reise geht.

Altbestand hat in Schweden Vorrang

Dass der Altbestand Vorrang hat und nicht einfach alles weggerissen und neu gebaut wird, könne man sich abschauen, so Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner. In Oberösterreich gelte es, das Wachsen der Städte und Gemeinden nach außen zu stoppen und stattdessen Leerstände und Brachflächen im Zentrum zu nutzen. Deshalb fördert das Land OÖ den Abriss nicht mehr verwertbarer Gebäude, damit der Neubau auf der freiwerdenden Fläche nicht teurer kommt als ein Projekt auf der grünen Wiese. „So können weitere Flächen vor Verbauung geschützt, Grünräume gesichert und die Orts- und Stadtkerne lebendig erhalten werden“, betont Achleitner. Noch besser sei es jedoch, bestehende Gebäude neu zu nutzen: „Die Schweden sind weiter im Bewusstsein, dass Altbestand kein Problem sondern eine Chance ist.“

"Oberösterreich besser als Schweden"

Vorbildland Schweden? „Nur bedingt“, waren sich die Teilnehmer an der Architekturreise der Innungen aus dem Bausektor der oö. Wirtschaftskammer einig: „Wir machen es besser als die Schweden“, ist sich Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner sicher. Selbst bei den neuen Stadtentwicklungsprojekten sei die Energieeffizienz der Gebäude deutlich schlechter als der oberösterreichische Standard. Die in Stockholm üblichen zwölf Jahre Wartezeit auf eine nur 55 Quadratmeter große Wohnung, die einfach zugeteilt wird und nicht ausgesucht werden kann, sei in Österreich undenkbar. Zudem müssten sich die Schweden, die im Wohnbau vor allem auf Eigentum statt Miete setzen, wegen der enormen Preise im Großraum Stockholm hoch verschulden – weil es so etwas wie sozialen Wohnbau schlicht nicht gibt. Er nehme sich aber vor allem in Sachen Architektur Anregungen aus Stockholm mit, so Haimbuchner.

Vorbild bei Architektur

Dass die neuen Stockholmer Stadtentwicklungsprojekte nicht nur auf die Architektur der Wohnbauten selbst sondern auch auf eine lebenswerte Umgebung mit zahlreichen grünen Inseln und auf die Einbindung der vielen Gewässer abzielen, überzeugt auch Oberösterreichs Bau-Innungsmeister Norbert Hartl. Höher geplante Erdgeschoße machen Geschäftslokale sowie andere Nutzungen möglich. Sie lassen die Gebäude luftiger wirken, obwohl höher gebaut wird als in Oberösterreich – was die saftigen Quadratmeterpreise in Stockholm relativiert und der Flächenversiegelung entgegenwirkt. Mehr dazu im Interview.
Eindrücke, die Hartl in die Zukunftsagentur Bau einbringen kann, die sich etwa der Digitalisierung der Baustellen widmet: Digitale Zwillinge von Gebäuden sollen vor deren Bau eine bessere Konstruktion, Logistik sowie Ausführung der Haustechnik ermöglichen und so die Bauzeit verkürzen.

Mehr Eigenverantwortung für Lehrlinge

Das dafür notwendige Personal ist das Hauptanliegen des oö. Landesinnungsmeisters im Bauhilfsgewerbe, Martin Greiner: Er fordert Änderungen im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz: Jugendliche dürften zwar mit 16 wählen und Bier trinken, aber im Job Geräte nur unter Aufsicht verwenden und ohne Ausbildner nicht einmal auf eine Leiter steigen: Die Eigenverantwortung der Jugendlichen werde negiert, die gesamte Verantwortung und Haftung auf die Unternehmer abgewälzt, so Greiner.

Große Verantwortung bei den Unternehmen sieht auch Manfred Asamer, Vorsitzender der Stein- und keramischen Industrie – allerdings in Hinblick auf die Klimawende: Die Produzenten von Ziegeln, Beton & Co. seien gefordert, die Emissionen bei der Produktion noch weiter zu reduzieren. Massivbaustoffe könnten jedoch dank ihrer Speicherfähigkeit von Wärme und Kälte, der Möglichkeit von bis zu hundertprozentigem und beliebig oft wiederholbarem Recycling sowie dank der kurzen Transportwege durch regionale Produktion maßgeblich zum Erreichen der Klimaziele beitragen.
Dass Österreich dabei gerade im Vergleich zum oft als Vorbild genannten Schweden auf einem guten Weg ist, betont Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner: „Wir haben in Österreich 77 Prozent Anteil an Erneuerbarer Energie beim Stromverbrauch und sind damit Nummer eins in Europa. In Oberösterreich sind es sogar 84 Prozent.“ Zufriedengeben dürfe sich die Politik aber damit nicht.

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