OÖGKK: Patient ließ in zwei Jahren 86 Zahnröntgenbilder machen
Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (OÖGKK) will für Risiken und Folgen von unnötigen medizinischen Behandlungen sensibilisieren.
OÖ. Ein Zuwenig an medizinischer Versorgung kann lebensgefährlich sein. Aber ebenso riskant ist ein Zuviel an Medizin: So die Quintessenz eines Expertengesprächs der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖGKK). Man wolle dieses Thema nun kommunizieren, um ein Bewusstsein zu schaffen, heißt es von OÖGKK-Obmann Albert Maringer und OÖGKK-Direktorin Andrea Wesenauer. Eine medizinische Überversorgung verursache nicht nur hohe Kosten, sondern setze auch falsche Prioritäten: "Wenn ein Versicherter eine Leistung bekommt, die er nicht braucht, ist dieselbe Leistung für Patienten, die sie vielleicht wirklich brauchen, nicht verfügbar", so Maringer.
"Haben falsches Anreizsystem"
Gründe für eine medizinische Überversorgung gibt es viele: einerseits sei die Begehrlichkeiten der Patienten gestiegen eine bestimmte Behandlung oder ein bestimmtes Medikament zu bekommen. Ebenso nehme die Angst vor Behandlungsfehlern zu – weshalb man als Mediziner oft dazu verleitet sei, eher mehr Medikamente oder Therapien zu verschreiben. "Aber wir haben auch ein falsches Anreizsystem", sagt Wesenauer. Krankenhausbetten würden immer einen Patienten finden, der drinnen liegt, meint die OÖGKK-Direktorin. Das System der Einzelleistungsfinanzierung, wonach Krankenhäuser und Ärzte nach den erbrachten Behandlungen bezahlt werden, führe dazu, dass nicht benötigte Leistungen durchgeführt werden.
Dr. Google in der Ordination
Kritisch sehen die Experten auch die zunehmende Vorinformation via Internet. Oft würden Patienten schon mit einer vorgefertigten Diagnose ihres Wehwehchens in eine Ordinationen kommen und die Ärzte dazu drängen, dementsprechende Therapien oder Medikamente zu verschreiben. "Wir müssen Patienten unterstützen, damit sie mit dem Internet gut umgehen können", sagt Gerald Bachinger, Sprecher der österreichischen Patientenanwälte und verweist auf 500 Millionen Euro, die die medizinischen Behandlungsfehler in Österreich jährlich kosten.
Kosten entstehen allerdings auch andernorts, wie drei Extrembeispiele aus Oberösterreich zeigen: Ein Patient hatte in zwei Jahren 53 CT-Untersuchungen, ein weiterer konsultierte binnen 24 Monaten insgesamt 23 verschiedene Zahnärzte und ließ von diesen 86 Zahnröntgenbilder anfertigen – davon 18 Panoramaröntgenbilder. Das Problem liegt für OÖGKK-Direktorin Wesenauer diesbezüglich in der öffentlichen Wahrnehmung: "Wenn zu viel gemacht wird, ist der mediale Druck natürlich nicht da. Sondern nur dann, wenn irgendwo zu wenig gemacht wird und es negative Folgen gibt", so Wesenauer.
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