Landeshauptmann Stelzer im Interview
"Ausnahmeregelung für Asyl-Lehrlinge"

Thomas Stelzer (ÖVP) ist seit April 2017 Landeshauptmann. Seine ÖVP regiert in Oberösterreich mit den Freiheitlichen. | Foto: BRS
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  • Thomas Stelzer (ÖVP) ist seit April 2017 Landeshauptmann. Seine ÖVP regiert in Oberösterreich mit den Freiheitlichen.
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Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) spricht im BezirksRundschau-Sommerinterview über Asylwerber in der Lehre, Wasserstoffautos, Kultur in Oberösterreich und die Zusammenarbeit mit der FPÖ.

Interview: Thomas Winkler, Thomas Kramesberger

BezirksRundschau: Klimaschutz ist das Thema Nummer eins. Österreich hinkt hinterher und es drohen milliardenschwere Strafzahlungen. Gleichzeitig gibt man viel Geld für Straßenbau aus – Stichwort Ostumfahrung. Liegen da die Prioritäten richtig?

Stelzer: Ich denke, dass gerade Oberösterreich ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie man einen wirksamen und effektiven Klimaschutz machen kann. Wenn man sich unseren Produktions- und Industriestandort ansieht und wie dieser war, als ich hier aufgewachsen bin – da sieht man, wie viel investiert wurde, um Umwelt und Klima zu schonen. Daher haben wir eine sehr gute Basis, aber es ist natürlich zweifellos eine Herausforderung. Mir ist nur wichtig, dass wir zwischen denen, die den Klimawandel leugnen und denen, die sehr utopistisch vorangehen, einen machbaren Mittelweg finden. Wir machen das, was wir machen können. Gerade heuer haben wir da einige spürbare Maßnahmen beschlossen: etwa das große Investitionspaket in die Regional- und Nebenbahnen mit den ÖBB. Dann haben wir mit dem Landesenergieversorger Energie AG einen weiteren Investitionsschub in Wasserkraft und Fotovoltaik gesetzt.

Wenn man sich die nackten Zahlen ansieht: In Linz pendeln etwa 15 Prozent der Menschen zur Arbeit, in deutschen Großstädten sind es mehr als 30 Prozent. Das ist ja ein massiver Gap.

Das stimmt. Das ist ein großes Thema, das wir haben im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Wir waren mit der abgewählten Regierung auch schon sehr weit, ein wirklich großes Nahverkehrsprojekt für den Zentralraum Linz gemeinsam auf die Beine zu stellen. Da geht es nicht nur um den innerstädtischen Verkehr, sondern auch um die Strecken, die nach Linz hinein oder hinaus führen. Da sind wir als Land oder Stadt alleine überfordert – dafür brauchen wir den Bund. Das ist aus meiner Sicht ein nationales Anliegen. Denn wenn die Bundeshauptstadt Wien gut mit öffentlichem Verkehr versorgt wird, muss das auch für die Ballungsräume in den Ländern gelten. Bei der sogenannten Nahverkehrsmilliarde waren wir schon sehr weit. Das ist jetzt leider „on hold“, weil die Übergangsregierung solche Dinge nicht macht.



Sie haben ja in einem Interview kürzlich gesagt, dass man Maßnahmen setzen muss, aber keine, die den Wohlstand gefährden oder beeinträchtigen. Ohne Verzicht wird es aber schwer gehen, denn jemand der zu viel raucht, trinkt und isst, wird auch irgendwann verzichten müssen, wenn er nicht vom Herzinfarkt dahingerafft werden will.


Mir geht es um vernünftige Lösungen und Lösungen mit Hausverstand. Wenn man die Linzer Luft hernimmt: Als wir begonnen haben zu diskutieren, hat es geheißen, dass es nur geht, wenn Einfahrtsverbote verhängt werden und gewisse Fahrzeugklassen ausgeschlossen werden. Jetzt haben wir eine Zeit lang miteinander überlegt und beraten – und es hat sich herausgestellt, dass es auch anders geht. Um so einen Zugang geht es mir. Ich muss nicht von Haus aus den Leuten vermitteln, dass vernünftiger Klimaschutz nur geht, wenn wir uns total einschränken und Verbote machen, sondern es geht um Hausverstandslösungen.

Soll es eine stärkere Ökologisierung des Steuersystems geben – Besteuerung von Spritfressern oder eine CO2-Steuer?

Solange wir eine so hohe Abgabenquote in Österreich haben, bin ich nicht dafür, dass wir schon wieder über neue Steuern reden. Man kann aus meiner Sicht Begünstigungsmodelle machen, etwa für neue Antriebsformen. Aber jetzt ist mir wichtig, dass wir bei den Steuern zu einer Entlastung kommen, und nicht schon wieder über neue Belastungen redet.

Aber man könnte ja eine Gruppe entlasten und andere höher besteuern. Fritz Schneider hat das kürzlich vorgerechnet: Etwa eine höhere Mineralölsteuer und dafür die Pendler entlasten. Da könnte man genau die treffen, die sich unbedingt einen SUV kaufen wollen. 
Zuerst bin ich dafür, die geplante Steuerreform zu machen, und dann kann man über weitere Schritte und eine Ökologisierung des Steuersystems reden.

Gehen Sie davon aus, dass Mobilität teurer wird in Zukunft?

Die spannende Frage wird sein, ob wir als großer Automotivstandort schnell genug sind, dort dabei zu sein, wo die neuen Antriebsformen entstehen. Und ob wir auch dort die Zulieferindustrie hinbringen. Ich denke, ja! Die Vorzeichen sind gut, die Unternehmen sind innovativ. Das ist für mich die wichtigere Frage, damit wir die Stärke, die unseren Standort ausmacht, auch bei den neuen Antriebsformen halten. Und bei allem, was mir die Unternehmen sagen, wird es wahrscheinlich nicht die eine Antriebsform geben, die den Verbrennungsmotor ablöst. Es wird eine Mischung bleiben und da müssen wir dabei sein.

Sie haben jetzt ja die Antriebe angesprochen. Sebastian Kurz hat jetzt eine 500 Millionen Euro schwere Wasserstoff-Initiative vorgestellt. Wissen Sie, wie viele Wasserstoffautos in Österreich zugelassen sind?

(lacht) Nein, das kann ich nicht sagen, aber ich kann es gerne nachschauen. 

Nein, kein Problem. Es sind 32 und es sieht jetzt nicht so aus, als ob da der große Durchbruch anstünde. 

Aber was natürlich toll ist, dass wir im Bereich Wasserstoff bei der voest ein großes Forschungsprojekt haben. Aber ich denke, dass das auch nur ein Teil sein wird – auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte voraus gesehen. Es werden neue Antriebskonzepte hinzukommen und es wird sicher immer eine Form des Verbrennungsmotors geben.

Sie haben gesagt: Keine neuen Steuern, aber durchaus Anreize setzen. Jetzt würden sich viele privat wohl eine Fotovoltaikanlage aufs Dach bauen. Wird es da Förderungen geben?

Neben der Wasserkraftinitiative der Energie AG gibt es auch einen Fotovoltaik-Schwerpunkt. Das wollen wir mehr unterstützen. Bei Firmen, die größere Flächen haben, gibt es das ja schon. Aber es gibt noch viel mehr Dächer, die man entsprechend nutzen kann.

Wird es für Private eine Förderung geben? Die Bereitschaft vieler Menschen, sich eine Anlage anzuschaffen, wäre ja da.

Es hat Fördermodelle gegeben. Aber wichtiger ist, dass wir vorbereitet sind darauf. Das heißt: Gibt es die gesamte Sicherheit und Technologie, dass eingespeist wird – und dass die Speicherung entsprechend übernommen werden kann.

Das heißt: Vorerst keine Förderung?

Jetzt werden wir einmal diesen Schwerpunkt beginnen. Wie sich der dann konkret gestaltet und ob es dann auch Anreize dazu geben wird, werden wir sehen.

In Verbindung mit dem Klimathema ist ja der Freihandelspakt mit dem südamerikanischen Mercosur immer in Diskussion. Dieses Thema wird immer am Rindfleisch-Import aufgezogen, es geht aber auch um Regenwaldabholzung. Insgesamt würde dieser Pakt von vielen, die im Umweltbereich tätig sind, positiv gedeutet werden und plötzlich schwenkt die ÖVP auch um, die eigentlich immer Wirtschaftsinteressen verfolgt hat.

Grundsätzlich macht es Sinn, dass die Europäische Union mit anderen Regionen der Erde Handelsabkommen schließt. Einerseits stärken wir uns selbst wirtschaftlich und andererseits heben wir gewisse Standards in anderen Teilen der Erde. Das ist gerade bei Mercosur eine Riesenthema für alle, die sich damit beschäftigen. Gerade im Lebensmittelbereich geht es um Standards, die wir haben, aber andere Länder nicht. Und solange das nicht geklärt ist, ist es vernünftig, zu sagen: Da muss es ein Nachschärfen und klarere Regeln geben.

Also soll die ÖVP in dieser Phase jetzt nicht zustimmen?

Ich denke, die Linie, die die Bundes-ÖVP gibt, ist passend. Es gibt einfach zu viele Unsicherheiten und berechtigte Befürchtungen unser heimischen Produzenten.

Themenwechsel: Es hat zuletzt einen Aufschrei der Kulturvereine in OÖ gegeben. Es seien Zusagen des Landes in der Kulturförderung nicht eingehalten worden und es gäbe zu wenig Geld für Kultur in OÖ. Warum spart man in Zeiten der Hochkonjunktur genau im Kulturbereich?

Oberösterreich ist ein breites Kulturland. Wir haben das Budget heuer aufgestockt und ich führe ins Treffen, dass wir schon bei der Ausbildung im Musikschulbereich beginnen, die wir aus eigener Kraft tragen und finanzieren. Damit werden viele Tausende junge Menschen in den Musik- und Kulturbereich hineingebracht. Wir haben viel eigenes Angebot – Museen, Theater, Orchester, sogar eine eigene Universität im künstlerischen Bereich, und wir fördern sehr, sehr viel. Dann kommt noch dazu, dass die Stadt Linz ab kommendem Jahr aus dem Theatervertrag ausgestiegen ist. Das Land muss also aus eigener Kraft das Theater und das Bruckner Orchester tragen. Daher muss man immer das große Ganze sehen. Im Bereich der freien Kulturszene sagen mir meine Förderspezialisten in der Kulturdirektion, dass wir nur knapp zehn Prozent der Ansuchen ablehnen. Das heißt, wir unterstützen 90 Prozent oder mehr – es gibt also eine breite Unterstützung. Dann ist an den vorgelegten Zahlen auch nicht vollständig, dass wir heuer das Festival der Regionen hatten, das gerade für zeitgenössisches Kultur- und Kunstschaffen wichtig ist. Und wir haben etwa auch das Schäxpir-Festival für junge Leute. Es ist also etwas breiter, als es dargestellt wurde. Aber ich bin immer zu Gesprächen bereit und wenn wir uns miteinander etwas überlegen können, dann wird es den einen oder anderen Schritt geben.



Sie haben den Linzer Theatervertrag angesprochen: Gibt es deswegen weniger Geld?


Nein. Ich habe das nur gesagt, weil der Vorwurf da war, dass wir bei der Kultur sparen. Es ist so, dass wir nach wie vor sehr viel in die Kultur investieren und man das breit sehen muss.

Es wurde ja zuletzt stark kritisiert, dass man KTM 600.000 Euro Kulturförderung für die Motorradausstellung zugebilligt hat, wenngleich die Firma mehr als 100 Millionen Euro Gewinn gemacht hat. Musste das Geld unbedingt aus dem Kulturbudget kommen – was ist daran Kultur?

Ich bin im Kulturbereich und in der Politik generell dagegen, dass man sich gegenseitig ausspielt. Man muss sich immer den konkreten Fall ansehen und am Schluss das große Ganze sehen. Die KTM Motohall ist für ganz Oberösterreich richtungsweisend. Es ist aus vielerlei Gründen wichtig – auch touristisch, aber es stellt auch die Entwicklung der Geschichte des Standorts OÖ und des Innviertels dar. Die Gesamtinvestition für dieses Museum beträgt 18 Millionen Euro und darum muss man das in Relation sehen. Es macht aus meiner Sicht Sinn, dass man das unterstützt – das ist übrigens schon vor Jahren gemacht worden. Jetzt ist es so weit, weil jetzt die Eröffnung stattfindet und die Zahlungen fällig werden. Aber ausgemacht wurde das schon vor einigen Jahren.

Ein weiteres Thema, das derzeit das Innviertel beschäftigt, ist die Absetzung des Braunauer Bezirkshauptmanns Georg Wojak. Das lässt derzeit vor Ort die Wogen hochgehen. Warum hat man den Vertrag des Bezirkshauptmanns überhaupt verlängert und ihn nicht vor Jahren schon abgesetzt?

Auslöser dieser Sache ist ein Revisionsbericht. Das Land OÖ hat wie jedes große Unternehmen eine Innenrevision und die prüft jedes Jahr gewisse Teile des Landesdienstes. Heuer war routinemäßig die Bezirkshauptmannschaft Braunau dran und der Bericht ist so gestaltet, dass unsere Juristen zur Amtsleitung und schlussendlich auch zu mir gesagt haben: „Da gibt es keinen Spielraum, du musst handeln.“ Ein Teil ist anzeigepflichtig und der liegt jetzt auch bei der Staatsanwaltschaft, da kann ich mir gar nicht aussuchen, ob ich das vorlegen will. Und der andere Teil hat mit der Führung der Bezirkshauptmannschaft zu tun und dafür gibt es die Regelungen aus unserem Objektivierungsgesetz mit der Kommission, die jetzt arbeitet und das beurteilt.



Derzeit läuft ja der Konjunkturmotor noch immer auf Hochtouren. Allerdings fehlen immer mehr Fachkräfte. Was soll man in dieser Hinsicht machen?

Es ist höchst erfreulich, dass wir eine so gute Beschäftigungslage haben, aber die zweite Seite der Medaille ist, dass sie uns ordentlich fordert, weil wir dringend Leute brauchen. Und das wird auch in nächster Zeit so bleiben. Man kann vielleicht noch ein bisschen genauer beraten oder steuern, dass die Menschen in Ausbildungen gehen, mit denen sie noch mehr Chancen haben. Was wir aber sicher tun müssen, ist für den Standort zu werben, damit wir junge Menschen kriegen, die hierher kommen, um eine Ausbildung zu machen, zu studieren und dann auch zu bleiben. Und wir müssen uns insgesamt am internationalen europäischen Arbeitsmarkt umsehen. Unsere Standortagentur hat das bisher für Investments im Land, die neue Zusatzaufgabe ist, zu schauen, dass wir auf Mitarbeiterebene neue Leute bekommen. Das ist eine Dauerbemühung, die uns die nächsten Jahre begleiten wird.

Wolfgang Hattmannsdorfer hat zuletzt angeregt, Pflegekräfte aus Vietnam zu holen. Da stellt sich schon die Frage: Asylwerber, die eine Lehre machen, wollen wir schnellstmöglich außer Landes schaffen, und dann fliegen wir nach Südostasien, um Pflegekräfte anzuwerben. Wo ist da die Logik?

Es wird beides brauchen. Ich halte den Vorschlag in der Pflege für vernünftig, da brauchen wir jetzt schon dringend Mitarbeiter. Bei den Asylwerbern, die jetzt eine Lehre machen, ist bekannt, dass ich immer dafür war, dass man die zumindest die Lehre fertig machen lässt. Das ist eine Lösung mit Hausverstand. Da geht es um etwas mehr als 300 Personen in OÖ. Ein Teil davon wird ohnehin einen positiven Asylbescheid bekommen, und die, die keinen positiven Bescheid bekommen, haben zumindest eine abgeschlossene Ausbildung – und der Unternehmer hat zumindest Planungssicherheit. Diese Lösung ist in der ehemaligen Bundesregierung aber immer am Innenministerium gescheitert.

Also würde es an der ÖVP nicht scheitern?

Also, die ÖVP in Oberösterreich hat immer gesagt: Wir halten das für eine vertretbare Lösung. Aber wir möchten nicht, dass Asyl- und Zuwanderungsrecht vermischt werden. Das Asylrecht darf auch nicht aufgehoben werden. Aber für diese so klar abgrenzbare Gruppe, da reden wir für etwas mehr als 300 Personen – für die kann man eine klassische Ausnahmeregelung machen.

Die ÖVP war jetzt zwei Jahre mit der FPÖ in einer Koalition und man hat Herbert Kickl zum Innenminister gemacht. Jetzt taucht ein Video aus Ibiza auf, und die ÖVP akzeptiert Kickl auf einmal nicht mehr als Innenminister. Warum? Das Video hat ja an Kickl nichts geändert …


Man muss schon sagen, das was dieses Video aus Ibiza bewirkt hat, ist schon ein grundsätzliches Beben in der innenpolitischen Landschaft. Viele und auch ich haben nicht für möglich gehalten, was da von Spitzenrepräsentanten gesagt wurde. Wichtig war, wie man mit der Aufklärung dessen umgeht – und da hat es unterschiedliche Einschätzungen gegeben – und deswegen auch immer Kritik an Ex-Innenminister Herbert Kickl. Wir beobachten, dass er sich in der Sekunde umgedreht hat und der war, der alle rot-blauen Beschlüsse – bis hin zur Abwahl des Bundeskanzlers – mitgemacht hat. Also, ich denke, die Skepsis ist durchaus berechtigt.



Es gibt ja nicht nur den Herrn Kickl in der FPÖ, es gab auch das Thema um Odin Wiesinger oder ein Rattengedicht aus Braunau – also eine Aneinanderreihung von „Einzelfällen“ in den letzten Jahren. Hat man da als Demokrat Bauweh mit so einem Koalitionspartner und kann irgendwann so eine Koalition nicht mehr weiterführen? In Braunau war es der FPÖ-Vizebürgermeister. Das sind keine kleinen Funktionäre mehr.

Ich kann nur zur Koalition im Land nur sagen, dass die Zusammenarbeit eine sehr gute ist. Wir haben uns rund um die ungustiösen Vorkommnisse im Ibiza-Video sehr klar ausgesprochen und es hat auch Konsequenzen gegeben. Wir sind zur Meinung gekommen, dass wir stabil weiterarbeiten, da es eh rundherum genug Wirbel gibt. Aber es gibt auch Grenzen und die angesprochenen Fälle sind in Oberösterreich sehr klar vom Partner abgehandelt worden, da hat es Rücktritte und Rückzüge gegeben. Solange klar ist, dass es eine Grenze gibt, die nicht überschritten werden darf, wird dort auch Verantwortung wahrgenommen.



Hat Elmar Podgorschek nicht schon vor einem Jahr mit seinem Auftritt bei der AfD in Deutschland die Grenze überschritten?

Es hat damals ein sehr klares Gespräch gegeben. Fakt ist, dass es durch das, was jetzt in diesem Ibiza-Video aufgetaucht ist, noch mal unterstrichen wurde. Klar war für uns, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ein paar klar vorgegebene Punkte und personelle Konsequenzen braucht – und die wurden gezogen. Das wird in der Bevölkerung aber mittlerweile auch sehr respektiert, weil rundherum schon genug Unsicherheit ist – etwa im Bund oder in Europa. Und ich denke, dass schon sehr geschätzt wird, dass sehr stabil und konsequent für den Standort Oberösterreich gearbeitet wird. 

Sie sagen jetzt, dass personelle Konsequenzen gefordert wurden, Manfred Haimbuchner sagt hingegen, dass der Rücktritt von Elmar Podgorschek freiwillig passiert sei. Wer sagt die Wahrheit?

Es zählt das Ergebnis. Man hat gesehen, dass es Konsequenzen gegeben hat und wir haben vereinbart, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode zusammen arbeiten und unser Programm konsequent umsetzen.

Wäre die Koalition auch weitergegangen, wenn Elmar Podgorschek nicht zurückgetreten wäre?

Das Was-wäre-wenn-Spiel ist aus meiner Sicht nicht nötig, weil man gesehen hat, dass es Konsequenzen gegeben hat. Und wir haben das im Gegensatz zur Bundesebene sehr mit Hausverstand geregelt.

Ist man sensibler geworden in den letzten Monaten bei solchen Themen?

Ich nehme für uns in Anspruch, dass wir immer sensibel waren und klar sagen, was geht und was nicht geht. Und wenn es zu Grenzüberschreitungen gekommen ist, hat es auch immer entsprechende Konsequenzen gegeben.

Zur Bundesebene: Es gab zuletzt nicht nur Kritik von außen an der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Bundesregierung, sondern auch einige kritische Stimmen von innen – also innerhalb der ÖVP. Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl hat gesagt, dass es in der ÖVP eine sektenartige Struktur gäbe. Was antworten Sie ihm?

Wenn eine Partei wie die ÖVP, die feste Grundsätze hat, die Chance hat, zu gestalten, dann muss sie das auch tun. Es hat in der ÖVP schon durchaus schwächere Phasen gegeben als jetzt, wo wir darüber reden, dass wir mit guten Aussichten wieder um die Nummer eins kämpfen und mit Sebastian Kurz wieder den Bundeskanzler stellen. Und das alles mit einem sehr guten Programm für Österreich, das den Standort, aber auch die soziale Ausgewogenheit beinhaltet. Also, mir ist die Situation jetzt in der ÖVP lieber als in manchen Phasen, die wir auch schon hatten.

Aber kann man diesen guten Aussichten auch so viel unterordnen, wie etwa Schreddern, Heilsgebete, Türkis-Challenge auf Facebook, ein Aufruf zur Kurz-Laufrunde via Runtastic? Das ist schon irgendwie wie "Scientology in Türkis" und zeigt das fast sektenartige und messianische Bewundern des Herrn Kurz, das vielen gestandenen Schwarzen sauer aufstößt. 

Wenn man Österreich betrachtet und wie die ÖVP gestalten kann – in wie vielen Ländern wir die Landeshauptleute stellen, wie viele Bürgermeister wir stellen, und dass wir die Chance haben, den Bundeskanzler zu stellen, dann sieht man, dass wir sehr breit aufgestellt sind. Und Gott sei Dank haben wir auf Bundesebene einen Spitzenkandidaten, der bei den Menschen beliebt ist und der auch gezeigt hat, dass er als Bundeskanzler entscheiden kann. Insofern gehen wir sehr realistisch, aber auch wissend, dass wir kämpfen müssen, in diese Wahlauseinandersetzung. 

Aber was wird sich ändern nach dem 29. September? Die ÖVP wird die Wahl gewinnen und wird mit der FPÖ erneut in eine Koalition gehen. Was hat sich dann geändert?

Was am 29. September rauskommt, werden die Wähler bestimmen. Wir werden uns bemühen, dass wir mit Sebastian Kurz eine starke Nummer eins sind und mit ihm den Bundeskanzler stellen können. Wer dann dafür Partner ist, das muss man nachher bewerten. Wir kennen keine Stärkeverhältnisse und wer die handelnden Personen sein werden. Wir wissen nur, welchen inhaltlichen Anspruch wir haben und der war ja auch von der abgewählten Regierung nie in Zweifel gezogen und das haben die Menschen auch durchaus mitgetragen, was da gemacht wurde. 

Also ist es für Sie nicht in Stein gemeißelt, dass es zu einer Neuauflage von Türkis-Blau kommt?

Wir treten an, damit wir ein möglichst gutes Ergebnis für die ÖVP und Sebastian Kurz haben. Wie wir dann weiterarbeiten können, müssen wir nachher beurteilen.

Sehen Sie sich als Türkiser oder als Schwarzer?

Wir sind die starke oberösterreichische Volkspartei, die dazu beitragen wird, dass die neue Volkspartei auf Bundesebene ein sehr gutes Ergebnis erzielt.

Aber jetzt mal angenommen, es geht alles so aus, wie Sie glauben und es kommt wieder Türkis-Blau. Dürfen wir Sie dann nach der Wahl fragen, wofür Österreich eigentlich gewählt hat – da hätten wir ja auch weitermachen können.

Da muss ich noch mal auf das Ibiza-Video zurückkommen. Das war ja nicht irgendwas, sondern eine grundsätzliche Erschütterung der politischen Kultur in Österreich. Dass das Gewaltiges auslöst, war klar. Und dass wir da die Wähler befragen, wie es weitergehen soll, ist klar. 

Verstehe. Aber müsste die ÖVP die FPÖ dann nicht eigentlich als Koalitionspartner ausschließen, wenn es so ein Problem gibt? 
Die Hauptakteure haben ja Konsequenzen gezogen. Der Vizekanzler, der zu sehen und zu hören war, ist zurückgetreten. Aber es wird sich natürlich auch auf ein künftiges Programm äußern – das muss man gut bewerten.

Kickl hat ja weiterhin viel zu reden …

... darum muss die Wählerschaft entscheiden. Und dann kann man schauen, mit wem eine Partnerschaft geht und wie die Bedingungen sind.



Ist für Sie denkbar, dass Herbert Kickl noch mal in einer Koalition mit der ÖVP ein Ministeramt bekleidet?

Als Innenminister geht das nicht, da haben wir viele Erfahrungen gemacht – bis hin zum Umgang mit der Situation nach Ibiza. Aber ich will jetzt nicht vor einer Wahl und vor Koalitionsverhandlungen spekulieren.



Möchte Oberösterreich in der nächsten Bundesregierung mit einem Minister vertreten sein?

Ich möchte als Oberösterreichische Volkspartei so einen zentralen Player haben, wie wir ihn jetzt mit Klubobmann August Wöginger haben. Alles Weitere werden wir sehen …

… wir haben gehört, dass Christine Haberlander Gesundheitsministerin werden soll?!

Ich habe mein Team so aufgestellt, dass wir bis 2021 arbeiten und ich gehe davon aus, dass mein Team bleibt.

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