Kritik an Schwarz-Blau in OÖ
Gerstorfer: "400 Millionen Euro stünden für Konjunktur zur Verfügung"
OÖ. Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) übt im Gespräch mit der BezirksRundschau massive Kritik an der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik von Bund und Land OÖ. Die Rekord-arbeitslosigkeit in Österreich und Oberösterreich verlange dementsprechend nach einem „Rekord-Engagement“ – aber davon sei, so Gerstorfer, wenig zu sehen. Man verstecke sich hinter dem Kurzarbeitsmodell und mache keine aktive Arbeitsmarktpolitik.
"Bleiben fast nur Peanuts"
In Oberösterreich sei das 580 Millionen Euro schwere Konjunkturpaket ein reiner Etikettenschwindel, die FPÖ-ÖVP-Landesregierung verstecke sich hinter Überschriften. „Wenn man alle bereits vorher beschlossenen Aspekte und die 400 Millionen Euro schweren Bürgschaften für Groß- und Mittelbetriebe rausrechnet, dann bleiben fast nur Peanuts“, kritisiert die sozialdemokratische Landesrätin. Man lasse speziell viele Klein- und Kleinstbetriebe trotzdem alleine und baue „Potemkinsche Dörfer“ auf, nur damit man eine Schlagzeile produziere. Am Ende werde jedenfalls nicht viel von diesem Konjunkturpaket übrig bleiben. Gerstorfer fordert vielmehr eine Anhebung des Arbeitslosengeldes, mehr Investitionen in den Schulbau und ein "richtiges" Konjunkturpaket.
400 Millionen Euro für OÖ
Ihrer Ansicht nach könnte man in Oberösterreich zumindest 400 Millionen Euro „frisches Geld“ in die Hand nehmen. „Man hat zuletzt 300 Millionen Euro in den landesnahen Betrieben geparkt, das Geld ist also im Vorjahr übrig geblieben. Und darüber hinaus hat man 100 Millionen Euro mehr Schulden zurückgezahlt als geplant. Das sind zusammen mehr als 400 Millionen Euro, die zur Verfügung stehen müssten und die man verwenden könnte“, so Gerstorfer.
Kritik an Kurz-Europapolitik
Die oö. SPÖ-Chefin kritisiert auch die Europapolitik von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dieser hatte sich ja zuletzt – im Einvernehmen mit den Niederlanden, Schweden und Dänemark – gegen direkte Zuschüsse an stark von der Corona-Krise getroffene Länder ausgesprochen. Man müsse mehr im europäischen Kontext denken und Italien, Spanien und Co. auch mit direkten Zuschüssen unterstützen, fordert Gerstorfer. Österreich und Oberösterreich seien etwa stark von anderen EU-Mitgliedsländern abhängig – etwa bei Erntehelfern, 24-Stunden-Pflege und grenznahen Arbeitskräften –, die Abhängigkeit sei in der Krise erneut massiv zutage getreten. Es brauche deshalb in Europa "mehr Solidarität und weniger nationale Egoismen".
"Zu viel mit Angst gespielt"
Einen weiteren Shutdown im Herbst, der ja von manchen Experten ins Spiel gebracht wurde, falls die Infektionszahlen erneut ansteigen, kann sich Gerstorfer nicht vorstellen. „Ein zweiter Shutdown ist wirtschaftlich und sozial unmöglich“, sagt die SPOÖ-Chefin. Die Bundesregierung habe beim Herunterfahren des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens im März ohnehin viel zu sehr mit der Angst gespielt.
Ebenso habe man die sozialen Folgen – zunehmende Gewalt in der Familie sowie gegen Frauen und soziale Isolation – zu wenig beachtet. Außerdem könne vielen Personen, im Speziellen Frauen, eine erneute Verschärfung der Situation nicht mehr zugemutet werden. Sie seien aufgrund von Home-Schooling, Homeoffice, Sorge um den Arbeitsplatz & Co., ohnehin einer Mehrfachbelastung ausgesetzt gewesen.
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