Kommentar
Vertrauen und Brücken aufbauen, statt Gräben errichten

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Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Aber alles hat zwei Seiten und die Wahrheit liegt im Augen des Betrachters - doch alles ist relativ.
Das trifft, zusammengefasst auch die seit langem schwelende und nun immer heftigere Diskussion rund um das Coronavirus zu. Es gibt nur schwarz und weiß, das reicht von Familien bis zu langjährigen Freundschaften, die zu zerbrechen drohen.
Doch warum das? Vielen fehlt das Vertrauen in die Politik, einigen auch an der Wissenschaft und den Ärzten. Manche haben auch nie ein solches zur Impfung bzw. den Impfstoffen aufgebaut. Es wurde in den letzten Monaten viel "geistiges Porzellan" zerschlagen und mitunter auch mehr. Fakt ist, viele Menschen in Österreich sind verunsichert, andere verärgert, ein nicht unwesentlicher Teil wohl beides. Verantwortlich dafür die Fehler und Unzulänglichkeiten der Regierung und politischen Kräfte insgesamt. Vieles war vermeidbar und vorhersehbar, aber auch da gab es Kalküle, die stärker waren, als realistische Wahrnehmung und Warnungen von Experten.
"Fake News" statt Sachlichkeit
Dabei spielen sogenannte "Fake News" eine wesentliche Rolle. Sie schüren und untermauern Ängste und Vorbehalte. Damit sinkt das Vertrauen und ist dieses erstmal verloren, wird es schwer es wieder zurückzuerobern. Bei Ängsten sollte der Arzt des Vertrauens hinzugezogen werden, dieser bietet Aufklärung geht auf persönliche Fragen ein - doch auch so ein Gespräch wird bereits abgelehnt, weil das Vertrauen zum langjährigen Hausarzt oft ebenfalls schon nicht mehr da ist, wenn dieser - wie der Großteil der Ärzteschaft und anderer Experten - eine Impfung empfiehlt. Doch genau so ein persönliches Gespräch kann Ängste nehmen, diverse "News" aus verschiedenen Plattformen, die schaffen das nicht, sondern befeuern sie eher und sorgen dafür, dass die Glaubwürdigkeit von Medien, Wissenschaft usw. untergraben wird (Stichwort "Lügenpresse").
Dabei ist gerade in dieser schwierigen Zeit mehr Sachlichkeit und Zusammenhalt gefragt. "Fake News" werden als Wahrheit kommuniziert, Fakten hingegen als "Fakes". Dazu gehört auch - mitunter - Statistiken so zu lesen, wie es passt und Informationen wegzulassen, die mögliche Interpretationen als falsch oder unzulänglich darstellen. Es werden Zahlen herausgepickt, die im Zusammenhang ganz anders zu deuten sind, aber davon herausgerissen, sich gut "verkaufen lassen". Die "Wahrheit liegt ja im Auge des Betrachters", da ist es wenig zielführend, das Große Ganze zu sehen. Dabei ist es immer gut Sachverhalte zu hinterfragen, aber das geschieht meist nur, in eine Richtung.
Vieles "interpretierbar"
Ist es richtig, dass auch Geimpfte im Krankenhaus landen, intensivmedizinisch betreut werden müssen und sogar am Virus sterben? Ja, das kommt vor - also lässt sich einfach der Schluss ziehen, die Impfung wirkt nicht und ist gefährlich ... Offizielle Zahlen zeigen aber, dass ein Großteil der Patienten ungeimpft sind, Geimpfte meist aus den vulnerablen Gruppen kommen, deren Impfschutz schon niedrig ist - auch weil sie bereits Anfang des Jahres geimpft wurden. Das wird in der Kommunikation gerne weggelassen.
Eine Impfung garantiert auch nicht, dass eine Ansteckung verhindert wird - doch der Verlauf wird dadurch meist abgeschwächt, das wird auch so vom Gros der Wissenschaft und Ärzteschaft kommuniziert. Auch das Risiko einer Infizierung ist geringer. Somit lässt sich jedenfalls nachvollziehbar argumentieren, dass eine Schutzimpfung wirkt und besser ist, als ungeschützt zu sein - doch dieses Faktum wird von Skeptikern und "Hardlinern" negiert und auf ihre Weise interpretiert. Dazu werden noch Verschwörungstheorien und teilweise falsche Fakten an die Öffentlichkeit getragen, bewiesene Facts aber als "gekaufte Propaganda" und "Fakes" dargestellt. Dadurch steigt die Verunsicherung und echte Sorgen bzw. Ängste werden dadurch nicht aufgefangen, sondern eher dem eigenen Zweck zugute kommend befeuert. Deshalb ist Aufklärung, Information und dass Eingehen auf jeden Einzelnen wichtig - doch das hätte schon längst geschehen müssen.
Brücken bauen, statt Gräben errichten
Gerade in einer schwierigen Zeit, wie in der aktuellen Pandemie ist der Zusammenhalt wesentlich, um diese zu bewältigen. Deshalb ist es ein Gebot der Stunde, Brücken zu bauen, statt ständig neue Gräben zu errichten und diese mit jeder neuerlichen Konfrontation noch tiefer zu machen.
Jede Medaille hat zwei Seiten und das gilt es zu berücksichtigen - doch das scheint immer weniger zu gelingen. Zu extrem verhärtet sind manche bereits in ihrem Tun. Das gilt für beide Seiten. Dabei sollte es immer möglich sein, Schritte aufeinander zu zu gehen, nur gemeinsam lässt sich die schwierige - gesundheitliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche - Situation lösen. Es braucht dabei neues Vertrauen und weniger Misstrauen, es braucht mehr ehrliches Zuhören und Eingehen auf Ängste, statt lautstarkes Demonstrationsgebahren - das kaum konstruktiv, sondern nur destruktiv und laut agiert. Mehr Offenheit lässt über den Tellerrand blicken und die Perspektiven neu entdecken.
Freiheit bedeutet Verantwortung
Letztlich ist aber alles wiederum relativ - und wer auf Rechte pocht, sollte sich auch der Pflichten bewusst sein. Eigene und persönliche Freiheit birgt beides und bedeutet gleichzeitig auch Verantwortung, denn schließlich geht es nicht nur um das "ICH", sondern auch ums "WIR". Das trifft auf fast alle Bereiche des Lebens zu - sei es am Arbeitsplatz, auf der Straße, im Sport, in der Familie oder letztlich auch im Gesundheitsbereich.
Und überall gibt es Regeln, die mögen manchem unsinnig und unliebsam erscheinen, aber durch sie funktioniert die Gesellschaft - auch wenn sie möglicherweise der "eigenen persönlichen Freiheit" entgegenstehen oder diese einschränken. Steht die eigene Freiheit über allem oder ist die Freiheit der Gesellschaft wichtiger? Gilt Ersteres wird keine Solidarität mehr existieren, gilt Zweiteres fängt die Gesellschaft solidarisch die Mitglieder auf. Darüber sollte jeder nachdenken - in einer Diktatur ist sowas nicht möglich, in einer Gesellschaft ohne Solidarität kämpfen Ärzte, Schwestern und Pfleger, Sanitäter usw. auch nicht über Monate um das Leben von Patienten. Die "Wahrheit" liegt im Auge des Betrachters, doch kann diese mitunter auch ein "Fake" sein ...
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