Long Covid - REHA - Pacing
Pacing um Crashs zu vermeiden und was ist eigentlich eine PEM/Post Exertionale Malaise?

6Bilder

Ich befinde mich zur Zeit das zweite Mal wegen bzw. mit Long Covid auf REHA. Das erste mal war ich in der REHA-Klinik in Tobelbad, welche eine eigene Abteilung für Long-Covid-Erkrankte hat, bei den eine Berufserkrankung anerkannt wurde.

Voriges Jahr wurde ein voraussichtlicher Termin für August 2022 vereinbart, dieser jedoch im Frühjahr abgesagt, weil zuviele neue Long-Covid-Betroffene auf ihre erste REHA warteten. Für mich war die Absage sehr stressig, weil ich mich damals gut aufgehoben gefühlt habe. Pacing stand an erster Stelle und es ging mir nach der REHA etwas besser. Von vielen anderen Betroffenen las ich, das in vielen REHA-Einrichtungen auf das Fatigue-Problem und Pacing nicht richtig eingegangen wurde bzw. zu wenig Erfahrung da war, wodurch es bei vielen zu einem oder mehreren Crashs kam. 

Von der Schwierigkeit die richtige REHA-Einrichtung zu finden
Nach vielen Telefonaten mit PVA, Reha-Einrichtungen und Austausch in der LongCovid-Selbsthilfegruppe habe ich mich schließlich für eine Neuro-Reha in Bad Pirawarth entschieden. Bei einem Telefonat wurde mir versichert, daß Pacing und auch ein Einzelzimmer möglich ist - was beides sehr wichtig ist, um eine Stress auf körperlicher und mentaler Ebene so gering wie möglich zu halten. Pacing ist auch die Grundlage um einen Crash zu vermeiden.

Verbesserungswürdig bei der PVA wäre, das sie REHA-Einrichtungen anbieten, die auf Long Covid mit postviraler Fatigue und ME/CFS spezialisiert sind. Ich weiß leider nicht, ob es diese noch gar nicht gibt oder es den REHA-Einrichtungen überlassen wird, auf dieses schwierige Thema mit Pacing einzugehen oder nicht. Erst wurde mir eine Lungen-REHA bewilligt. Meine Lunge ist Tiptop und auf die Nachfrage, warum eine Lungen-REHA wenn ich doch neurologische Probleme habe, wurde mir geantwortet, das Covid zu den Lungenkrankheiten zählt. Ich habe dann nur vorsichtig angemerkt, ob sie nicht Bescheid wissen, dass Long Covid sich verschieden auswirkt: auf Herz, auf Lunge, Verdauungstrakt aber auch auf neurologischer Ebene? Ich wurde dann weiterverbunden, mir wurden mehrere Einrichtungen vorgeschlagen, die ich dann telefonisch erstmal "interviewen" musste, ob ich dort mit meinem Beschwerdebild reinpasse.

Für uns als Betroffenen ist es wie ein Roulettespiel und Fragen bleiben offen:
Wird Pacing in der Reha-Einrichtung generell angeboten und auch richtig umgesetzt?
Wissen auch alle Therapeuten über die Umsetzung Bescheid?
Fördern sie das Pacing indem sie die Betroffenen aktiv auf Pausen hinweisen?
Wird ein Test gemacht, wo man die Belastungsintoleranz/PEM besser einordnen kann?
Wird ein Pacing-Tagebuch verwendet und angeboten?
Oder wird zwar gesagt: es ist Pacing möglich, aber eigentlich ist es eine "leistungsorientierte" REHA?
Wird man über die Wichtigkeit des Pacings aufgeklärt - gibt es dazu Vorträge?

Wenn man viel Glück hat, trifft man auf die richtige Klinik und die richtigen Therapeuten.

Wie ist es mir bis jetzt (ich befinde mich in der 4.  und letzten Woche) ergangen?

🟣Ich habe gottseidank ein schönes Einzelzimmer mit Balkon in der Gartenvilla👍
🟣Das Reha-Zentrum liegt in der Natur - Felder, Weingärten und Wäder laden zum Spazieren oder zum Aufenthalt in der Natur ein👍
🟣Ich habe einen Geschenk mit der für mich zuständigen Ärztin hier bekommen👍
🟣Therapien sind sehr vielfältig und vielseitig - es ist möglich bei den Visiten die Therapien abzudaten👍
🟣Meiner Bitte, die anstrengenden Therapien (Krafttraining, ..) am Vormittag machen zu können, wurde nachgekommen
🟣Die ersten zwei Wochen habe ich ohne Crash geschafft, worauf ich auch sehr stolz war 

In der 3. Woche ging es bergab - erfolgreich auf den Crash zugesteuert
Leider wurden in der 3. Woche meine Therapien so dicht eingeteilt, das ich eigentlich schon am 2. Tag bemerkte, dass mir der dichte Plan nicht guttut. Ich habe dann mal reagiert, dass mir das Klettern gestrichen wurde, da mir die Übungen an der Kletterwand zu anstrengend waren und gehofft, das der Therapieplan dann eh wieder so wie in den ersten 2 Wochen ist. Auch dass das therapiefreie Wochenende bevor stand, nahm ich zum Anlass die Dichtheit der Therapien NICHT zu thematisieren und mich der Hoffnung hinzugeben, das es nächste Woche wohl wieder besser wird.

In dieser Phase hätte ich Therapeuten gebraucht, die aufmerksam sind und mich ernst nehmen, wenn ich schon gefragt werde, wie es mir geht. Therapeuten, die mich unterstützen das Pacing richtig zu machen und Zusprache mir eine Erholungspause zu gönnen.

Leider 😥 bekam ich am Sonntag wieder einen Plan mit sehr dichten Therapieabfolgen. Ich empfinde es als großes Manko, dass hier die Therapiezettel täglich erst ab 17 Uhr ausgegeben werden. Wenn man am Abend sieht, dass die Planung nicht pacingkonform ist, hat man nicht die Möglichkeit sofort darauf zu reagieren. Visite habe ich am Dienstag und Donnerstag - also in diesem Fall auch keine Hilfe.

Ja und was soll ich schreiben - ich denk halt wieder: "Das schaffst du schon, am Mittwoch ist eh wieder ein Feiertag und somit therapiefrei 🤦‍♀️." Am Dienstag - nach einer weiteren Verschlechterung - habe ich endlich reagiert und selbständig eine Therapie abgesagt - was gottseidank leicht möglich war. Am Mittwoch bin ich dann ziemlich viel gelegen (ich fühl mich da, als wäre mein Körper mit viel Gewicht am Bett beschwert), dazwischen habe ich kleine Spaziergänge gemacht (die brauche ich, um in der Natur zu sein).

Am Donnerstag bei der Visite habe ich mich mit meinem Crash geoutet - was mir wieder echt schwer gefallen ist - und es wurden mir alle Therapien an diesem Tag abgesagt und für meine restlichen 4 Therapietage wurden mir die anstrengenden gestrichen. Ich kann nur die passiven Therapien in Anspruch nehmen - mit reichlich Pausen dazwischen🙏. Das heißt die letzten 5 Tage meines Aufenthaltes ist EXTREM-Pacing angesagt, damit ich mich wieder erholen kann und zumindest so nach Hause fahre, wie ich gekommen bin. 

Den Crash vorzeitig abwenden und sich zugestehen,
dass es Zeit ist auf die Bremse zu steigen  ist eine schwierige Angelegenheit

Eigentlich ist es für mich wieder sehr erschreckend zu erleben, was mit mir passiert wenn ich über meine zurzeit enge Grenze gehe. Ich war guter Hoffnung, das ich die REHA ohne Crash schaffe, weil ich im letzten Jahr damit recht gut umzugehen gelernt habe. Ich dachte, das ich sofort darauf reagieren kann, wenn ich erkenne, dass ich mich der Crash-Grenze nähere. Aber ich bemerkte, dass es zuhause leichter ist wie hier und das hat verschiedene Gründe:

Zuhause muss ich mich nicht erklären - ich nehme mir die Zeit und Ruhe. Einerseits merkte ich, dass es mir bei der REHA schwerer fällt zu der Wichtigkeit des Pacings zu stehen. Long Covid Betroffene sind hier recht wenig und die meisten anderen, die hier eine REHA machen, haben recht wenig Verständnis was diese  "unangenehme" Fatigue betrifft. Es ist ja auch wirklich schwierig. Die meisten meinen, es ist eine stärkere Müdigkeit und da müsse man halt mehr schlafen oder auch "drübergehen" - wir sind ja alle mal müd." "Jo eh" aber nur ist es "mehr" als das😥

Verschiedene Ursachen für Fatigue und verschiedener Umgang damit
Fatigue kann als Folge von verschiedenen Krankheiten auftreten: Bei MS und anderen neurologischen Krankheiten, nach Chemobehandlungen, nach viralen Infekten, wie Ebstein-Barr Virus - und dann gibt es da die ME/CFS.

Der Unterschied ist, dass das Pacing bei ME/CFS sehr wichtig ist, um nicht einen Crash zu verursachen oder zu bekommen. Crash wird umgangssprachlich die post exertionale Malaise/PEM genannt. Diese Belastungsintoleranz gilt es zu beachten und achtsam mit sich selbst umzugehen. Es zeigt sich immer mehr, dass es bei Long Covid der Fall sein kann, dass sich die Fatigue zu einer ME/CFS auswächst. Deshalb ist es auch so wichtig seine Grenzen zu finden, sie zu achten und sich innerhalb dieser Grenzen zu bewegen, zu trainieren und generell zu leben.  

Der Umgang mit "Schonung" - mit Pacing
Und leider ist es so, dass die meisten Menschen mit diesem "Schonprogramm" nichts anzufangen wissen. Wir leben halt in einer Leistungsgesellschaft und es geht immer drum, sich zu verbessern. Wir sollen/wollen schneller, besser, höher, größer, reicher sein und das alles durch das "Training", um damit unsere Grenzen zu durchbrechen.

Es mag ja bei Vielem so sein, dass dann die Fitness wächst, die Ausdauer, die Muskeln und das Geschick. Bei Menschen mit ME/CFS oder bei Menschen mit Long Covid und Fatigue ist es aber so, dass wir uns damit schaden, wenn wir über die Grenze gehen. Hat man den Crash, dauert es Tage - oft viele Tage - bis man wieder auf dem vorherigen Niveau ist. Der Crash wirkt sich auch verschieden aus: bei mir ist diese extreme Schwere im ganzen Körper, Brainfog, Kopfschmerzen wie Trigeminusneuralige - extrem stechend, Augenflimmern, Schmerzen hinter den Augen, Denk- und Konzentrationsstörungen, allgemeine Schwäche, oft auch erhöhter Puls. Andere wiederum haben teilweise andere Beschwerden.

Das ist bei der REHA hier eine Schwierigkeit für mich gewesen, weil ich falle ja wieder mal aus der Norm😅 (ich bemühe mich das auch öfters mal lustig zu sehen) und bin in dem Sinne nicht einordenbar. Es ist auch mühsam, dies zu erklären und an den Kommentaren bemerkt man dann, das es nicht verstanden wird. Ich fühl mich dann echt nicht gut und es ermüdet mich. Da ist es besser nur Kontakte wahrzunehmen, wo man sich gut austauschen kann und sich gegenseitig versteht. Und wenn man es nicht versteht kann man es auch mal akzeptieren und so sein lassen. Ich bin froh und dankbar immerwieder solche Menschen zu treffen. 

Es geht auch darum, dass man sich die eigene "Schwäche" eingesteht und auch zu ihr - besser gesagt, das ich zu mir - stehe.

An dem ganzen sehe ich, das es immer auch um psychologische Themen geht - um unsere Prägungen, unsere Erziehung, Gesellschaftsthemen, unsere Verletzungen und auch um unsere Ressourcen und unsere Resilienz. Das alles kann den Umgang mit der Krankheit bzw. mit Krankheiten generell, leichter oder schwerer machen. Deshalb finde ich zusätzlich eine psychologische Begleitung als hilfreich und sinnvoll. Mir hilft es durch die schwierigeren Phasen besser durchzugehen.

Fast am Ende der REHA angekommen
Jetzt habe ich also noch 4 Tage und ich werde in diesen 4 Tagen nicht aus meinem Rahmen fallen😉. Ich werde so gut es mir möglich ist auf mich acht geben und gut für mich sorgen. 

Was hat mir gut getan?
Die Behandlungen mit dem HiToP - Hochtonfrequenzen, die die neurologischen Schmerzen vermindern 
Ergotherapie
gemäßigtes Muskeltraining
Unterwassergymastik
QiGong am Morgen
Moor und Oberwassermassagen - hmmmm, ein Genuß

Was nehm ich mir mit?

🟢Die Bestätigung, das das richtige Pacing sooo wichtig ist.
🟢Wenn ich meine Grenze bemerke, dann muss ich sie in diesem Fall wahren und auch gegebenenfalls einfordern.
🟢Das Training in einem gewissen Maß doch guttut und auch wichtig ist, aber sehr individuell anzugehen ist.
🟢Das es soviele Menschen gibt, bei denen Ärzte so lange gebraucht haben, um eine richtige Diagnose zu stellen und somit Behandlungen bekommen haben 

Mein Wunsch: Das Menschen mit Erkrankungen, die noch nicht so bekannt sind, ernst genommen werden. Dazu braucht es aber Aufklärung, Forschung und vor allem die Offenheit - bei Ärzten, ÖGK, PVA und allen anderen Versicherungsanstalten, bei Gutachtensärzten, Ärztekammer usw.

Viele Menschen haben den Eindruck, das es da noch ganz viel braucht, um gut versorgt zu werden und um Raum zu schaffen für Genesung und/oder einen guten Umgang mit chronischen Krankheiten.

Mehr von meinen Berichten: HIER

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

6 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Zweirad Goga veranstaltet in Oberwart beim Stadtpark ein Testfahren seiner E-Bikes mit neuester Technik. | Foto: GOGA
6

Teste Dein Lieblings-E-Bike!
Neueste Pinion- und MGU-Modelle zum Testfahren

In Oberwart heißt es am 26. April auf die Pedale, fertig, los! Nutze die Gelegenheit und teste Dein Lieblings-E-Bike im Stadtpark. OBERWART. Teste die Weltneuheit am E-Bike-Sektor im Stadtpark. Am 26. April 2024 findet im Stadtpark Oberwart von 10.00 bis 19.00 Uhr das E-Bike-Testen von Zweirad GOGA statt - dein Fahrradfachgeschäft mit Service und Verkauf. Der E-Bike Truck hat die komplette Pinion Modellvielfalt mit an Bord.  Präsentiert wird das Pinion E-Drive System mit dem Herzstück der...

  • Bgld
  • Oberwart
  • Katharina Podiwinsky
Anzeige
Bgm. Daniel Ziniel mit einem Bild von Künstler Friedrich Schneller aus Badersdorf | Foto: Michael Strini
11

Reportage Badersdorf
Investitionen in nachhaltige Zukunftsprojekte

Die Gemeinde Badersdorf setzt auch auf ein aktives Vereinsleben. BADERSDORF. "Wir haben uns bewusst im Vorjahr bei den Investitionen zurückgenommen und damit trotz schwieriger Zeiten für heuer einen kleinen Spielraum gewonnen", schildert Badersdorfs Bürgermeister Daniel Ziniel. "Wir investieren in Projekte, die uns als Gemeinde entweder einen Rückfluss bringen oder Einsparungen ermöglichen. Im Zentrum steht da die Nachhaltigkeit", so Ziniel. Neuer Kanal und LED-LampenEin wesentliches Projekt...

  • Bgld
  • Oberwart
  • Michael Strini

Neu auf MeinBezirk.at
Sudoku - gratis und so oft du willst, spiele jetzt!

Jetzt kannst du Sudoku auf MeinBezirk.at spielen - gratis und unbegrenzt. So spielst du Sudoku: Wähle deinen gewünschten Schwierigkeitsgrad: leicht, mittel, schwer. Klicke ins gewünschte Feld, setze eine Zahl von 1 bis 9 ein - und fülle alle leeren Felder. Ziel des Rätsels: In jeder Zeile (waagrecht), Spalte (senkrecht) und jedem Block (3 mal 3 Zellen) soll jede Ziffer genau nur einmal vorkommen.

Hier findest du den aktuellen Mondkalender ab sofort. Jeden Monat neu. | Foto: RegionalMedien Burgenland
1 3

Gesundheit, Haushalt, Garten & Schönheit
Dein Mondkalender für den Mai 2024

Die RegionalMedien Burgenland präsentieren den aktuellen Mondkalender für April 2024. Ein Mondzyklus dauert ca. 28 Tage. Dabei durchläuft er verschiedene Phasen, die unterschiedliche Qualitäten haben. Nach alter Überlieferung sollte man bestimmte Arbeiten also stets zur richtigen Zeit erledigen. Vom Einpflanzen der Tomaten 🍅 bis hin zum Haare schneiden 💇 – die Mondphase kann darüber entscheiden, ob die roten Früchtchen zur Attraktion in der Nachbarschaft und dein Kopf zur Löwenmähne 🦁 wird....

Benzin- & Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen im Burgenland

Hier erfährst du täglich, wo im Burgenland die billigsten Tankstellen zu finden sind, wie man günstig tankt, und wie man Sprit sparen kann - immer AKTUELL. BURGENLAND. In ganz Österreich ist es immer am günstigsten, am Vormittag zu tanken. Denn Tankstellen dürfen nur einmal täglich um 12 Uhr die Spritpreise erhöhen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit in unbegrenzter Anzahl und Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen im Burgenland täglich mit den aktuell...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus dem Burgenland auf MeinBezirk.at/Burgenland

Neuigkeiten aus dem Burgenland als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Burgenland

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus dem Burgenland und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.