KZ-Gedenken am Befreiungstag
Bundespräsident und Regierung: Gusen ist Mahnung und Auftrag
Die gesamte österreichische Staatsspitze, angeführt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Bundeskanzler Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler und nahezu allen Ministerinnen und Ministern, sowie hochrangige Prominenz aus Land und Region, gedachten des 77. Jahrestages der Befreiung des KZ Gusen am 5. Mai 1945. Es war heuer mehr als das jährliche Ritual anlässlich der Befreiungsfeiern - an diesem Abend wurde Geschichte geschrieben.
Zum Bericht: Zuvor Besuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
GUSEN. "Erstmals stehen Präsident und Bundesregierung Österreichs am - noch immer großteils verschütteten - Appellplatz des KZ Gusen. Ihn und die vielen anderen Zeugnisse an diesem über Jahrzehnte vergessenen und teils bewusst verdrängten Ort im wahrsten Sinn des Wortes auszugraben. Ihn in einer modernen, gemeinsamen Gedenkkultur als späte Verneigung vor den Opfern zu würdigen. Das muss und wird Auftrag und Mission sein!"
Dies ist die zentrale Botschaft, welche am Mittwochabend aus Gusen in die Welt ging. Mit heutigem Tag übernahm die Republik ähnlich wie vor Jahrzehnten einst für das KZ Mauthausen nun offiziell die Verantwortung für einen würdigen Weg zur künftigen Gedenk- und Bildungsstätte.
Konsequente Umsetzung, intensiver Dialog
Die prominenten Besucher besichtigten im Rahmen einer Führung die kürzlich von der Republik erworbenen Areale wie den Appellplatz oder den gigantischen Schotterbrecher, beide Orte unvorstellbarer Greueltaten. Alle Statements der Redner, vom Bundespräsidenten bis zu Langensteins Bürgermeister Christian Aufreiter, waren durch einen verbindenden roten Faden geprägt: Man reflektiere selbstkritisch die einstige und neue Unkultur des Verdrängens und Verharmlosens, wolle kraftvolle, moderne Akzente dagegen setzen. Man will den aufkeimenden neuen Entwicklungen zu Hass und Gewalt - vom internationalen Ukrainekrieg bis zu faschistischen und menschenverachtenden Auswüchsen mancher Coronademos in Österreich - entschieden und geeint entgegentreten. Dialog aller am Projekt Gusen Beteiligten, insbesondere aber die Einbindung der lokalen Bevölkerung auf Augenhöhe, wird den Weg dorthin prägen.
<div data-media-estm="6334"></div>
"Dem Platz und den Menschen die Würde zurückgeben"
Dieses Versprechen legten allen Träger dieses Auftrags auf dem leidgetränkten Boden des Appellplatzes in Anwesenheit der Botschafter vieler europäischer Länder, Vertretern internationaler Opferorganisationen und Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, ab. Und diese Botschaft wurde symbolisch auch den unzähligen verstorbenen Menschen, deren leidvolle Geschichte diesen Platz prägt, zugerufen. Sie aus der Anonymität ins Bewusstsein zurückzuholen, aus der Häftlingsnummer wieder einen Namen zu machen, illustriert eindrucksvoll eine Ton-Lichtinstallation des AEC, in der noch bis zum 6.Mai jeden Abend für drei Stunden gesprochen und in Leuchtschrift die Namen der Menschen von Gusen am Memorial wiedererstehen.
Das Konzentrationslager Gusen stand lange Zeit im Schatten des so genannten Hauptlagers Mauthausen. Es war in unserer Gedenkkultur nicht so gegenwärtig wie es hätte sein müssen. Dieser Umstand, dieser Missstand soll mit dem heutigen Tag behoben werden.
Gusen war ein Ort der Vernichtung. Angehörige der polnischen Intelligenz, republikanische Spanier, sowjetische Kriegsgefangene, Juden und viele andere Gruppen wurden hier systematisch ermordet.
Mehr als 35.000 Menschen verloren hier in Gusen oder im nahe gelegenen St. Georgen ihr Leben; kaltblütig ermordet von Schergen des Nazi-Regimes.Aus der Rede des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen
<div data-article-earticle="5322436" data-article-earticle-layout="default">KZ Gusen: Namen der Opfer auf den Mauern sichtbar</div>
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.