Gestein in Bewegung
Ingelsberg in Gastein steht unter ständiger Beobachtung
Der Felssturz am Fluchthorn in Tirol hat wieder einmal eindrucksvoll daran erinnert, dass die Felsmassen auch in den Salzburger Bergen permanent in Bewegung sind. Am Ingelsberg in Bad Hofgastein geben die Experten des Landes Einblicke, wie das stete Risiko kalkulierbar bleibt.
BAD HOFGASTEIN. Nach dem fulminanten Felssturz am Fluchthorn in Tirol wurden auch in Salzburg wieder Erinnerungen an ähnliche Geschehnisse in der Vergangenheit laut. Besonders der massive Felssturz an der Bischofsmütze, bei dem im Jahr 1993 über 50.000 Kubikmeter Gestein in Richtung Tal donnerten, hat sich längst im kollektiven Gedächtnis der Salzburgerinnen und Salzburger festgesetzt.
Experten haben die Berge im Blick
Aber auch andernorts im Bundesland sind die Berge stetig in Bewegung. So kam es etwa im Tennengebirge im Sommer 2021, unterhalb des Tiroler Kogels, zu mehreren, größeren Felsstürzen. Die Gefahr solcher Felsstürze ist in den Salzburger Bergen ebenso wie jene von Hangrutschungen oder Steinschlägen eine alltägliche. Um das Risiko möglichst gut kalkulieren zu können, messen und analysieren Experten des Landes die Situation in der heimischen Bergwelt tagtäglich.
Ein Beispiel für einen instabilen Hang im Pongau ist der Ingelsberg in Bad Hofgastein. Das Landesmedienzentrum hat Landesgeologen Gerald Valentin und Hubert Zeindl von der Wildbach- und Lawinenverbauung in Bad Hofgastein bei der Inspektion des Problembereichs im Gasteinertal begleitet.
Technik sorgt für dauerhafte Beobachtung
Schon am Zustieg zu der besagten Stelle finden sich klare Anzeichen, dass sich der Ingelsberg in Bewegung befindet. Je näher Valentin und Zeindl ihrem Ziel kommen, desto mehr tiefe Furchen und Spalten kündigen die Gefahrenstelle an. Hier sind rund 100.000 Kubikmeter Felsmaterial mit einer Geschwindigkeit von mehreren Zentimetern pro Jahr in Bewegung — das entspricht in etwa der Masse, die auch vom Fluchthorn in Galtür abgebrochen ist. "Dadurch sind spontane Felsabbrüche möglich und davor müssen wir den Siedlungsbereich darunter schützen", erklärt Valentin.
Um diesen Schutz effektiv zu gewährleisten, braucht es in Bad Hofgastein mehr als nur die klassischen Fangnetze. „Wir haben zusätzlich jede Menge Technik am Berg“, so Valentin und fügt hinzu: „In aktuell fünf Felsspalten sind Messstangen installiert, die auf ein zehntel Millimeter genau Bewegungen messen können." Wenn das System dabei ungewöhnlich schnelle Felsbewegungen wahrnimmt, wird der Landesgeologe automatisch darüber informiert.
Kontrollen von oben und unten
"Man kann sagen, der Berg schickt mir eine SMS. Ich muss dann beurteilen, ob weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Evakuierung, notwendig sind", erklärt er. Unabhängig von diesen Alarmen würden laut Valentin auch Felsen vorsorglich gesprengt, wenn die Experten zu der Einschätzung kommen, dass sie bald hinunterstürzen könnten. Das war beispielsweise vor einigen Jahren in einem aufsehenerregenden Vorgang auf der Bischofsmütze der Fall.
Der Ingelsberg wird aber nicht nur direkt an der Gefahrenstelle akribisch beobachtet sondern auch vom Tal aus. Thomas Leikauf ist Vermesser beim Land Salzburg. Seine Expertise kommt in regelmäßigen Abständen von einem immer gleichen Punkt im Tal am Ufer der Gasteiner Ache zum Einsatz. „Wir messen hier bereits seit zehn Jahren. Die anfangs starke Bewegung hat sich deutlich reduziert und somit auch das notwendige Kontrollintervall", schildert er.
Keine unmittelbare Gefahr am Ingelsberg
Nach der Kontrolle des Problembereichs und dem Austausch mit Zeindl und Leikauf zieht Valentin eine beruhigende Bilanz. Eine unmittelbare Gefahr bestehe aktuell nicht. "Man kann in Bad Hofgastein beziehungsweise unterhalb des Hanges beruhigt wohnen, schlafen oder auch einkaufen gehen. Ein naturgemäßes Restrisiko bleibt aber, damit müssen wir, vor allem in den Bergwelten, einfach leben“, resümiert er.
Ähnlich wie der Ingelsberg werden circa zwölf weitere Hänge, Berge oder Gipfel im Land Salzburg elektronisch überwacht. Dazu zählen zum Beispiel der Rauriser Sonnblick oder auch das Sattelkar im Obersulzbachtal. „Wir können nicht jeden Hang überwachen. Dort wo es aber wirklich ein Risiko für Anwohner, Besucher, Bauwerke oder Straßen gibt, sind wir verpflichtet dazu. Wir geben unser Bestes und halten unsere Berge mit Argusaugen unter Beobachtung“, versichert der Landesgeologe.
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