Regionalitätspreis 2023
"Viele Bäuerinnen könnten sich keine Wohnung leisten"

Das Projekt "Gut leben - gut Arbeiten" wurde mit dem Regionalitätspreis in der Kategorie "Land- und Forstwirtschaft" ausgezeichnet. Bei unserem Besuch in Dorfgastein erklären die Initiatorinnen, wie sie Bäuerinnen mit Blick auf deren finanzielle und soziale Absicherung unterstützen wollen. 

DORFGASTEIN. "Themen wie soziale Absicherung, niedrige Pensionen und finanzielle Vorsorge beschäftigen Frauen in der Landwirtschaft. Für viele ist es neben der Belastung am Hof und in der Familie schwierig, diesbezüglich an hilfreiche Informationen zu kommen", berichtet Anna Schiefer von ihren Gesprächen mit Bäuerinnen.

Bei unserem Besuch mit der Kamera in Dorfgastein erzählten uns die Preisträgerinnen von ihrem Projekt "Gut leben - gut arbeiten". | Foto: Felix Hallinger
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Um diesem Problem genauer auf den Grund zu gehen, hat die Flachauerin gemeinsam mit Heidi Rest-Hinterseer, Maria Naynar und Anna Fuchs in der "Österreichischen Berg und Kleinbäuer_innenvereinigung"  (ÖBV) die Initiative "Gut leben - gut Arbeiten" ins Leben gerufen. Dafür gab es nun den Regionalitätspreis in der Kategorie "Land- und Forstwirtschaft".

30 Jahre nach der Bäuerinnenpension 

"Wir wollen die Situation der sozialen Absicherung von Frauen in der Landwirtschaft beleuchten, nachdem vor 30 Jahren die Bäuerinnenpension eingeführt worden ist, für die wir bei der ÖBV damals gekämpft haben", erklärt Heidi Rest-Hinterseer.

Heidi Rest-Hinterseer hat sich bereits vor über 30 Jahren für die Einführung der Bäuerinnenpension stark gemacht. Nach wie vor gebe es aber eine starke Abhängigkeit bei Frauen in der Landwirtschaft von ihren Männern, erklärt sie. | Foto: Felix Hallinger
  • Heidi Rest-Hinterseer hat sich bereits vor über 30 Jahren für die Einführung der Bäuerinnenpension stark gemacht. Nach wie vor gebe es aber eine starke Abhängigkeit bei Frauen in der Landwirtschaft von ihren Männern, erklärt sie.
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Außerdem sei das Ziel, nach einer Identifikation der bestehenden Probleme auch Verbesserungsvorschläge für die Situation der Bäuerinnen auszuarbeiten, die sich in weiterer Folge in tatsächlichen Gesetzesänderungen niederschlagen sollen. 

Interviews mit Bäuerinnen als Basis

Um diese Ziele zu erreichen, habe man drei Phasen geplant, wobei die erste schon abgeschlossen ist. "Wir haben Interviews mit Bäuerinnen geführt, um herauszufinden, ob das Bewusstsein für soziale Vorsorge und finanzielle Unabhängigkeit überhaupt vorhanden ist", schildert Schiefer. Dabei habe sich gezeigt, dass Bäuerinnen durch Haushalt, Hofarbeit und Kinderbetreuung oftmals von Mehrfachbelastungen betroffen sind, wobei ein Großteil der Arbeit unbezahlt erfolgt. "Das geht oftmals gut, solange im sozialen Gefüge alles passt. Sollte es zu einem Todesfall oder einer Trennung kommen, wären viele Bäuerinnen aber in der prekären Lage, sich nicht einmal eine Wohnung leisten zu können", gibt Schiefer zu bedenken. 

Anna Schiefer hat bereits zahlreiche Interviews mit Bäuerinnen geführt. Während einige gute Lösungen für ihre finanzielle Vorsorge gefunden haben, ist es für andere noch kaum ein Thema gewesen. | Foto: Felix Hallinger
  • Anna Schiefer hat bereits zahlreiche Interviews mit Bäuerinnen geführt. Während einige gute Lösungen für ihre finanzielle Vorsorge gefunden haben, ist es für andere noch kaum ein Thema gewesen.
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Die bisherige Auseinandersetzung der befragten Frauen mit derartigen Themen sei sehr unterschiedlich gewesen. "Während sich manche damit noch kaum beschäftigt haben, haben andere bereits gute Lösungen in ihren Partnerschaften gefunden", sagt Schiefer. In diesen Fällen gebe es beispielsweise ein gemeinsam erworbenes Grundstück, das im Besitz der Frau ist, oder eine Urlaubspension am Bauernhof, deren Einnahmen an die Frau gehen. "Die Landwirtschaft ist aber in den allermeisten Fällen noch im Besitz des Mannes", so die Projekt-Initiatorin. 

Infos in Workshops vermitteln

Die Herausforderungen, die sich in den Interviews herauskristallisiert haben, sollen nun in einem nächsten Schritt mit Expertinnen — etwa Steuerberaterinnen, Politikerinnen oder Juristinnen — besprochen werden, um mögliche Lösungen zu erarbeiten.

Heidi Rest-Hinterseer, Anna Schiefer und Matthäus Rest setzen sich in der ÖBV für die soziale und finanzielle Absicherung von Frauen ein. | Foto: Felix Hallinger
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"Das Projekt soll dann im Herbst zum Abschluss kommen, indem wir die Bäuerinnen und die Expertinnen in Form von Workshops zusammenbringen", erklärt Schiefer. Dabei sollen die gewonnenen Informationen ausgetauscht werden, um die Frauen in Sachen finanzieller und sozialer Absicherung weiter zu unterstützen. 

"Es braucht mehr Beratung"

Um die Situation auch über die Projektteilnehmerinnen hinaus zu verbessern, brauche es letztlich bessere Vorsorgemodelle und eine Ausdehnung der Beratungsangebote, sind sich Rest-Hinterseer und Schiefer einig. Durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern mit jener der gewerblichen Wirtschaft im Jahr 2020 habe sich die Situation verschlechtert.

Im Kavalierhaus durften Anna Schiefer und Heidi Rest-Hinterseer den begehrten Regionalitätspreis in der Kategorie "Land- und Forstwirtschaft" in Empfang nehmen. | Foto: Franz Neumayr
  • Im Kavalierhaus durften Anna Schiefer und Heidi Rest-Hinterseer den begehrten Regionalitätspreis in der Kategorie "Land- und Forstwirtschaft" in Empfang nehmen.
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"Beratungsangebote wurden zurückgefahren und Bäuerinnen berichten von Endlosschleifen bei telefonischer Kontaktaufnahme mit den Versicherungen", sagt Rest-Hinterseer. Aufgrund der unterschiedlichen Lebensrealitäten auf den Bauernhöfen bräuchte es aber genau das Gegenteil: Mehr und tiefergehende Beratungen in geschützten Räumen. "Die Arbeit am Hof, Geld und Beziehung sind sehr private Themen, da braucht es ein vertrauensvolles Umfeld", so Schiefer. 

ÖBV will Selbstermächtigung fördern

Dass Fortschritte in der finanziellen Absicherung der Frau auch positive Auswirkungen auf andere Bereiche in der Landwirtschaft haben, weiß Matthäus Rest, Obmann der ÖBV Salzburg: "Schlechte Absicherung kann sich negativ auf das Zusammenleben am Hof und damit auch auf das Tierwohl auswirken. Es hängt alles zusammen."

Matthäus Rest ist Obmann der ÖBV in Salzburg. Er schildert, wie sich soziale Verwerfungen auch negativ auf die Tiere auf einem Bauernhof auswirken können. | Foto: Felix Hallinger
  • Matthäus Rest ist Obmann der ÖBV in Salzburg. Er schildert, wie sich soziale Verwerfungen auch negativ auf die Tiere auf einem Bauernhof auswirken können.
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Ziel derartiger Projekte sei bei der ÖBV immer die "Selbstermächtigung der Bäuerinnen und Bauern." Damit wolle man in weiterer Folge auch dem fortschreitenden Sterben kleinerer Landwirtschaften entgegen wirken. "Wenn wir andere Formen der Landwirtschaft und der Finanzierung aufzeigen, können auch mehr Betriebe überleben", ist Rest überzeugt.

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