Fahrgast bei der letzten Ausfahrt
Rainer Schmid, Vater des Nachtschwärmers, überlegt eigenwirtschaftlich weiterzufahren.
Das Bezirksblatt begleitet den Nachtschwärmer auf seiner letzten Fahrt der größten Linie (951 und 952) zwischen St. Johann/Bischofshofen und dem Ennspongau. Dabei erzählt Rainer Schmid, Vater des Nachtschwärmers, über den Beginn, das Ende und die mögliche Zukunft des Nachtbusses. (Über die Einstellung der Linie hat das Bezirksblatt bereits berichtet).
20 Schilling für ein Ticket
"Angefangen hat alles im Jahr 1996, als ich in St. Johann Taxi fuhr", blickt Rainer Schmid (Schmid Busreisen und Taxi, Bischofshofen) zurück, der bis heute den Nachtschwärmer betrieben hat. "Ich habe die Jugendlichen in der Nacht am Bahnhof auf den ersten Zug warten sehen – auch im Winter. Taxi konnten sie sich keines leisten und ich dachte mir: Da müssen wir was anbieten." Zusammen mit den damaligen Ortschefs Leo Neumayer (St. Johann) und Herbert Haselsteiner (Bischofshofen) und einer finanziellen Unterstützung der Sparkasse St. Johann wurde der Nachtschwärmer ins Leben gerufen." Um 20 Schilling verkehrte der Schwärmer zwischen Tenneck und Goldegg. Bald verlangten die Jugendlichen aus anderen Orten Pongaus auch, ans Netz des Schwärmers angeschlossen zu werden. "2001 haben wir den Ennspongau dazugenommen. Im Winter wollten alle nach Flachau", erzählt Schmid.
Musik und Fernsehen im Bus
Dann begann der Siegeszug des Pongauer Nachtbusses. "Im Jahr 2006 beförderten wir 10.252 Fahrgäste pro Wochenende. Wir spielten Musik im Bus, haben Fernseher aufgehängt, in denen Videoclips liefen und die Stimmung im Bus war auch bei langen Fahrtstrecken grandios", so Rainer Schmid. "Schade, dass wir das heute nicht mehr dürfen."
Unattraktive Haltestellen
In den letzten fünf Jahren brachen die Fahrgastzahlen ein. Der Regionalverband (alle 25 Pongauer Gemeinden finanzieren den Bus) gibt an, Unpünktlichkeit, Unsauberkeit und lange Fahrtzeiten seien Gründe für das Aussterben der Nutzer und die damit einhergehende Einstellung. "Das glaube ich nicht. Die Jugendlichen wollen einfach heim. Ob im Winter Matsch am Boden liegt, ist ihnen egal. Und Unpünktlichkeit kann auch bei normalen Bussen im Winter vorkommen", so der Unternehmer, "Unattraktive Haltestellen sind meiner Meinung nach Schuld am Rückgang der Nutzer. Wenn die Jugendlichen z.B. in Flachau beim Kreisverkehr aussteigen und dann mit dem Taxi in den Ort weiterfahren müssen (Gehzeit ca. 25 Minuten), ist das natürlich unattraktiv." Vielerorts seien die Haltestellen für den Schwärmer verlegt worden, weil die Jugend zum Warten aus dem Zentrum gebracht werden sollte.
"Überlege weiterzumachen"
Sterben lassen, will der Vater des Nachtschwärmers sein "Baby" aber nicht: "Ich beantrage die Weiterführung der Linie auf jeden Fall und denke darüber nach, den Bus eigenwirtschaftlich, mit Unterstützung von Sponsoren, weiterzuführen. Und zwar so, wie wir früher gefahren sind – mit den alten Haltestellen und einem vernünftigen Takt." Als privates Unternehmen dürfte Rainer Schmid nämlich alle offiziellen Haltestellen wieder anfahren – auch die im Zentrum.
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