Leserbrief von Maximilian Geyer aus Ort
Tempo um jeden Preis?
Zu unserem Bericht "Zielfahrplan 2040: Neue Bahnstrecke durch Hausruck- und Innviertel geplant" hat uns Maximilian Geyer aus Ort folgenden Leserbrief geschickt.
Ich reibe mir die Augen: In 80 Minuten per Bahn von Linz nach München, lese ich richtig? Ermöglichen soll dies eine in den 2030er-Jahren zu bauende Hochleistungsbahn durch das Hausruck- und Innviertel. Ich schlage einen Reiseatlas auf und sehe wie eine Hochleistungsstrecke Schneisen durch den Hausruckwald, Kobernaußerwald und den Weilhartforst schlägt. Die Anwohner beidseitig der neuen Trasse schauen vermutlich sprichwörtlich mit dem Ofenrohr ins Gebirg': Nach Fertigstellung werden Züge mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sein und die Hausruckbahn sowie die Mattigtalbahn kreuzen, ein Stop dort wird vermutlich nicht ins Tempo-Konzept passen.
Immer wieder bin ich per Bahn über Obernberg-Altheim, Braunau, Simbach am Inn, Mühldorf mit Ziel München unterwegs. Auf der Teilstrecke zwischen Mühldorf in Oberbayern und Markt Schwaben herrschen oft chaotische Zustände: Wiederholt summieren sich Verspätungen und auch Zugausfälle auf der eingleisigen und nicht elektrifizierten Strecke, häufig ausgelöst durch veraltete und störanfällige Stellwerks- und Signaltechnik. Nahezu parallel zu der maroden Bahnstrecke verläuft die in diesem Bereich fertiggestellte Autobahn A94 von München Richtung Anschluss an die Innkreisautobahn A8 bei Pocking/Suben. Besser kann die deutschlandweite Verkehrspolitik nicht dokumentiert werden. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Initiative der ÖBB den Dornröschenschlaf im bayerischen Teil der desolaten Strecke beenden wird.
Mir geht es darum: Absoluten Vorrang muss die Ertüchtigung von Bestandsstrecken haben, um die massive Zerstörung der Umwelt bei Neutrassierung zu begrenzen. Einem Zeitgewinn von beispielsweise 30 Minuten bei einer Neutrassierung stehen immense Kosten gegenüber. Diese Mittel fehlen bei der dringend notwendigen Optimierung des Regionalverkehrs bei Bahn und Bus. Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen nach dem Motto: "Koste es was es wolle" passen nicht, wenn gleichzeitig im ländlichen Raum das Öffi-Angebot reduziert ist. Am Wochenende ist das Innviertel, abseits von Bahnstrecken, vom öffentlichen Verkehr abgekoppelt. Keine Ruftaxis als Ersatz, es fehlen Geld und guter Wille.
Maximilian Geyer, Ort im Innkreis
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