Mühlviertel trifft Senegal: Landwirtschafts-Experten tauschen sich aus

Roswitha Diaz Winter mit den beiden Senegalesen im Gemeinschaftgarten. | Foto: Foto: privat
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BEZIRK. Im Rahmen einer Delegationsreise durch Österreich, Polen und Ungarn waren Ismael Ndao und Abdourahmane Guèye aus dem Senegal auch zu Besuch im Mühlviertel. Sie wollten sich vor Ort über die erste österreichische Bio-Schule, den Biogartenhof Mühlland und die Bemühungen Haslachs zur Gemeinde-Innenentwicklung informieren. Beide Gemeinden sind bereits seit vielen Jahren Klimabündnis-Gemeinden, Haslach sogar auch Bodenbündnis-Gemeinde. Im Rahmen dieser globalen Partnerschaft werden auch Projekte im Senegal unterstützt, die sich dem Kampf gegen Hunger, dem Verbessern des Einkommens wie auch dem Bodenschutz und der Bodenverbesserung widmen. „Der Senegal ist ein afrikanisches Land, das besonders vom Klimawandel und Landraub betroffen ist“, erklärt Gerlinde Larndorfer vom Bodenbündnis OÖ und ergänzt: "Der Besuch unserer Projektpartner soll ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir in Europa nicht unwesentlich an diesen Problemen schuld sind, Lösungsansätze aufzeigen und Austausch ermöglichen“.

Informationsaustausch in der Schule

Direktor Johann Gaisberger, sein Team und viele engagierte Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren begrüßten die Landwirtschafts-Experten Ismael Ndao und Abdourahmane Guèye sehr herzlich. Die bereits gut informierten Schüler tauschten sich mit den beiden aus und erzählten ihnen, davon gehört zu haben, dass die Reste der österreichischen Hühner oft in Afrika landen würden und dort lokale Bauern vor das Aus stellen. Interessiert zeigten sich die Jugendlichen vom Thema Landraub. Vielen war nicht bewusst, dass für den heimischen Bedarf an Agrotreibstoffen in Benzin und Diesel in Ländern wie dem Senegal große Monokulturen von zum Beispiel Zuckerrohr angebaut werden. Oft verlieren dabei heimische Bauern Land und sind außerdem vom hohen Pestizideinsatz der Plantagen betroffen.

Entwicklungsgeschichte von und in Haslach

In der Gemeinde Haslach erhielten Ismael Ndao und Abdourahmane Guèye durch Vizebürgermeisterin Elisabeth Reich einen sehr persönlichen Einblick in die bewegte Geschichte des Ortes. Einst Zentrum für Flachsanbau und Leinenwebereien, wird heute auf Revitalisierung des Ortskerns und Hopfenanbau gesetzt. Ismael und Abdourahmane konnten sich im Webereimuseum von der Vielfalt dieses alten Gewerbes der Klimabündnis- und Bodenbündnis Haslach überzeugen und erfuhren über die Bemühungen der Gemeinde-Innenentwicklung.

Gärtnern im Mühlland

Roswitha Diaz Winter stellte den Gemeinschaftsgarten vor, in dem viele Familien Gemüse und Blumen für ihren eigenen Bedarf selbst anbauen. Gewirtschaftet wird nach den Prinzipien der Permakultur: im Einklang mit der Natur und Ressourcen sparend. Selbst im heurigen extrem heißen Sommer mussten die Pflanzen nicht gegossen werden. Roswitha Diaz Winter kann zurecht stolz sein auf die Vielfalt, die dieser Garten bietet. Für die senegalesischen Gäste gab es ein paar Kostproben sowie Kiwi und Radieschen als Wegzehrung. Und mit auf den Heimweg in den Senegal bekamen Ismael Ndao und Abdourahmane Guèye Ringelblumen-Samen und Tagetes als „Kraut“ gegen Nematoden.

Senegal im Klimawandel

Senegal gehört zu den 15 afrikanischen Ländern, die vom Klimawandel besonders stark betroffen sind. Unbestritten ist, dass die Menschen dort nicht zu den Verursachern gehören. Der CO2-Ausstoß pro Kopf ist in Österreich 20 Mal höher als im Senegal. Es häufen sich heftige Regenfälle einerseits und extreme Dürreperioden andererseits, was zu Ernteausfällen führt und die Hungerkrisen verschärft. Die starken Regengüsse reißen tiefe Gräben in die Sandböden, die Boden- und Küstenerosion nimmt zu. Zusätzlich werden Kleinbauernfamilien durch die Landnahme großer Unternehmen vertrieben.
Landwirte und Fischer leiden unter der Subventionspolitik der EU. Auf den Märkten findet man kaum einheimisches Gemüse und Obst, dafür aber aus Holland oder Italien. Lokale Milchproduzenten können ihre Milch nur mehr schwer verkaufen, da importierte Trockenmilch billiger ist. Die Ärmsten können sich diese ausländischen Lebensmittel jedoch nicht leisten.
Vor einigen Jahren kaufte die Europäische Gemeinschaft die Fischerei-Rechte von Senegal und Mauretanien. Nachdem die Gewässer vor diesen Ländern von großen Fabrikschiffen aus Europa, Japan und Russland leergefischt wurden, können senegalesische Fischer ihre Familien nicht mehr ernähren. Die Boote, die früher für die Fischerei verwendet wurden, werden nun teilweise an Menschenhändler und Schlepper vermietet. Wenn die Lebensbasis fehlt bzw vernichtet wird, ist Flucht die logische Konsequenz. Es liegt an uns, diesen Kreislauf zu durchbrechen und mitzuhelfen, dass Länder wie der Senegal wieder die Chance auf eine lebenswerte und selbstbestimmte Lebenssituation erhalten.

Über das Klimabündnis

Das Klimabündnis ist das größte kommunale Klimaschutz-Netzwerk Europas. Die globale Partnerschaft verbindet mehr als 1.700 Gemeinden aus 25 Ländern in Europa mit Indigenen Völkern der Regenwälder in Südamerika. In Österreich haben sich 953 Gemeinden, 968 Betriebe und 470 Bildungseinrichtungen (Stand: Sept. 2015) zur Reduktion der Treibhausgase und zum Schutz der Regenwälder verpflichtet.
Das Bodenbündnis ist in Anlehnung an das Klimabündnis gegründet worden. Die Gemeinden setzen sich für einen nachhaltigen Umgang mit Böden und eine sozial gerechte Landnutzung ein. Alleine in OÖ sind derzeit 49 Gemeinden Mitglied im Bodenbündnis.

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