Fokus Familie
Familientipps für Geschwister: Jeder ist wertvoll
Die SOS-Kinderdorf-Mitarbeiterinnen Christina Kern und Sabine Wojak haben Tipps für eine gute Geschwisterbeziehung für uns. Konkret aufgestellte Regeln und Pläne helfen beispielsweise bei Streitkultur und gegen das Gefühl von Ungleichbehandlung.
SALZBURG. Grad noch ein Herz und eine Seele, fliegen im nächsten Moment die Fetzen: Viele Geschwister streiten oft und leidenschaftlich. Durch die Corona-Maßnahmen fallen viele Aktivitäten aus und Kontakte weg – bleibt oft nur noch die Schwester oder der Bruder zum Spielen übrig. Das dabei schnell mal die Wogen hochgehen, ist normal. „Für viele Eltern sind die dauernden Streitereien und emotionalen Streitigkeiten herausfordernd“, sagt Christina Kern, Mitarbeiterin im SOS-Kinderdorf. Wir haben die Expertin um Tipps gebeten, um eine gute Beziehung unter Geschwistern zu fördern.
Kinderdorfmutter Sabine Wojak aus Seekirchen gibt im Video Tipps, wie mit Streit unter Geschwistern umzugehen ist:
1. Tipp.Streit ist gut für die Entwicklung: Streit unter Geschwistern ist normal und wichtig für ihre Entwicklung. Dabei lernen Kinder viel für später – sie entwickeln einen Gerechtigkeitssinn, stehen für ihre Meinung ein und üben, Kompromisse zu schließen. Auch wenn es oft anstrengend ist: Liebe Eltern, haltet Auseinandersetzungen aus und versucht die positiven Aspekte darin zu sehen.
2. Tipp.Regeln fürs Streiten festlegen: Entwickelt mit der ganzen Familie eine positive Streitkultur. In der Familie können Kinder in sicherem Umfeld lernen, mit Konflikten umzugehen. Stellt dazu gemeinsame Regeln auf wie etwa:
- Wir hören dem Gegenüber zu.
- Körperliche Angriffe sind tabu.
Bei größeren Streits lohnt sich eine Nachbesprechung, wenn die Gemüter etwas abgekühlt sind. Ermutigt eure Kinder, sich in die anderen hineinzuversetzen: „Wie fühlst du dich jetzt? Und wie glaubst du, fühlt sich deine Schwester? Ermuntert eure Kinder, nach einem Streit aufeinander zuzugehen. So lernen sie von Klein auf, dass Streiten okay ist und man sich danach noch genauso gernhaben kann, wie vorher.
3. Tipp.Meinungsverschiedenheiten alleine klären lassen: Eltern sollten nicht immer sofort als Streitschlichter einschreiten. Kinder können viele Meinungsverschiedenheiten alleine klären. Wenn eure Kinder auf euch zukommen, nehmt den Streit ernst und versucht mit Fragen zur Lösung beizutragen. Oft hilft es, für alle nachvollziehbare Abmachungen zu treffen. Legt etwa fest, wer wie lange mit einem bestimmten Spielzeug spielen darf.
4. Tipp. Geschwister nicht miteinander vergleichen: Kinder neigen dazu, sich zu vergleichen. Vermittelt euren Kindern, dass jeder wertvoll ist, so wie er ist. Es kommt nicht darauf an, wer in einem Schulfach, einer Sportart oder einem Spiel besser ist. Alle werden mit ihren individuellen Eigenschaften geliebt. Das fördert die Entwicklung der eigenen Identität und eines gesunden Selbstwerts. Bestärkt eure Kinder darin, eigenen Interessen nachzugehen. Nur weil der große Bruder Fußball spielt, muss das nicht automatisch das passende Hobby für den Jüngeren sein.
5. Tipp. Alle in Wochen- und Freizeitplanung einbeziehen: Bezieht eure Kinder in die Planung von Alltag und Freizeit mit ein. Ein gemeinsamer Wochenplan kann dabei helfen. Je nach Alter der Kinder können dafür Symbole verwenden. Nehmt die Bedürfnisse und Wünsche aller Familienmitglieder ernst und findet gemeinsame Interessen:
- Welche Ausflüge oder Spiele in der Wohnung machen allen Spaß?
- Auch größere Erledigungen sollten von der ganzen Familie gemeinsam gestemmt werden – z.B.: Wer übernimmt beim Frühjahrsputz welchen Part?
6. Tipp. Regeln nach Altersunterschied aufstellen: Wenn je nach Alter verschiedene Regeln für die Geschwister gelten, kann es zu Eifersucht kommen. Erklärt den Kindern, dass es vom Alter abhängt, was man darf und was noch nicht. So lernen Kinder, was für das jeweilige Alter angemessen ist und freuen sich vielleicht auf manches, das erlaubt ist, wenn man älter ist.
Das gilt für Teenager: Teenager fühlen sich schnell vernachlässigt, wenn ein kleines Geschwisterchen da ist – auch sie brauchen viel Aufmerksamkeit und Zuwendung. Vermittelt ihnen, dass ihr immer ein offenes Ohr habt und ihr euch für die Themen und Probleme des Teenagers interessiert. Es kann außerdem bestärkend für ältere Geschwister sein, kleinere Aufgaben zu übernehmen: etwa am Abend dem jüngeren Geschwisterchen etwas vorzulesen. Wenn die Mithilfe gelobt wird, fühlt sich das Kind anerkannt und respektiert. Jüngere müssen lernen, Grenzen zu akzeptieren und rücksichtsvoll zu sein, wenn ältere Geschwister mal Zeit für sich brauchen.
7. Tipp. Für jedes Kind auch alleine Zeit einplanen: Bemüht euch um eine Balance zwischen gemeinsamen Aktivitäten und Zeit, die ihr alleine mit einem der Kinder verbringt. Die ältere Schwester kann vielleicht den Nachmittag bei einer Freundin sein, damit man mit dem kleinen Bruder etwas unternehmen kann und umgekehrt.
8. Tipp. Das Gute sehen: Erinnert euch an jene Situationen, in denen die Geschwisterkinder zusammenhalten oder sich gegenseitig beschützen. Das schenkt neuen Mut und Zuversicht. Ein Geschwister-Fotoalbum kann dabei helfen: Sammelt die schönen Momente, die ihr zusammen erlebt, und schwelgt gemeinsam in Erinnerungen.
Geschwisterbeziehungen sind die längsten Beziehungen, die Menschen haben. Sie bauen sich über Jahre auf und werden wegen eines Spielzeugstreits nicht gleich entzweit. Seid also unbesorgt: Auch wenn zuhause manchmal die Fetzen fliegen, haben die Kinder viele schöne Erlebnisse zusammen und können noch lange auf die vertraute Beziehung zurückgreifen.
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