Von Bären und Wölfen
Max Mayr-Melnhof: „Ich halte nichts von Herdenschutz"

Derzeit sind die Bären in Salzburg in aller Munde. Sichtungen gab es bereits im Pinzgau, Flachgau und dem benachbarten Bayern. Und erst am Dienstag starb eines der Tiere im Pongau bei der Kollision mit einem Zug. Wir sprachen mit Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof über das Thema.

SALZBURG. Nicht nur das derzeitige Aufkommen von Bären im Bundesland gibt der Salzburger Jägerschaft zu denken. Auch Wölfe sind in Salzburg und Kärnten nach wie vor ein Thema. Im Gespräch erklärt Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof die derzeitigen Wildtierentwicklungen und die Problematik in Bereichen wie dem Herdenschutz. Generell, so der Landesjägermeister, tun ihm die Bären leid. Denn für sie gibt es in einem dicht besiedelten Gebiet wie Salzburg einfach keinen Platz. Er steht der „Willkommenspolitik gegenüber den Großraubtieren" generell sehr kritisch gegenüber.

Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof zu Gast bei uns im Studio. Wir sprachen über die Rückkehr der Großraubtiere. | Foto: Stefan Schubert
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Bären und Wölfe in Salzburg

In den letzten Wochen wurden vermehrt Bärensichtungen in Salzburg und Bayern gemeldet. Laut Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof wird von zwei Bären in Salzburg ausgegangen, von denen einer am Dienstag, den 23. Mai, unglücklich zu Tode gekommen ist. Laut ihm ist dieser Fall eines Bären, der mit einem Zug kollidiert, ein Beispiel für den Zusammenstoß zwischen diesen großen Wildtieren und der Zivilisation. Es sei bekannt, dass Bären und Wölfe den kürzesten Weg bei ihren Wanderungen wählen und dabei oft Straßen und auch Bahnstrecken nutzen.

Laut Max Mayr-Melnhof sind die durch die Gegend wandernden Bären zumeist junge Männchen auf der Suche nach einem Weibchen. | Foto: Symbolbild: Pixabay
  • Laut Max Mayr-Melnhof sind die durch die Gegend wandernden Bären zumeist junge Männchen auf der Suche nach einem Weibchen.
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Vor allem pubertierende männliche Bären im Alter zwischen ein und zwei Jahren ziehen durch die Lande auf der Suche nach einer Sexualpartnerin und suchen dabei einen möglichst geradlinigen Weg durch ein Gebiet. Ähnlich wie dem jungen Bären, der bei Schwarzach mit dem Zug kollidierte, würde es auch vielen jungen Wölfen in Deutschland ergehen. Wie Melnhof erklärt, wird laut Schätzungen von jedem Wolfsrudel ein Jungtier auf der Straße überfahren. Generell seien diese Wildtiere einfach nicht vertraut mit Zügen und Autos.

„Ich liebe diese Tiere, weil sie sehr beeindruckend sind. Aber sie sind im Grunde arm, weil sie kein Verbreitungsgebiet mehr haben. Da müssen wir Menschen schon eine Grundsatzentscheidung treffen. Die ist zwar schon getroffen, aber, ich sage, diese Wilkommenspolitik ist die falsche Entscheidung. Wie schränkt man sie ein? Denn diese Tiere treffen ständig und überall auf die Zivilisation.“
Max Mayr-Melnhof, Landesjägermeister

Ein trauriges Beispiel für den Zusammenstoß zwischen Bären und der Zivilisation ist der junge Braunbär der am Morgen, des Dienstag, den 23. Mai mit einem Zug zwischen Lend und Schwarzach kollidierte. | Foto: Land Salzburg/Jägerschaft
  • Ein trauriges Beispiel für den Zusammenstoß zwischen Bären und der Zivilisation ist der junge Braunbär der am Morgen, des Dienstag, den 23. Mai mit einem Zug zwischen Lend und Schwarzach kollidierte.
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Ablauf bei Sichtungen

Wie ist so der übliche Ablauf, wenn ein Bär oder dessen Spur gesichtet wird? Das fragten wir den Landesjägermeister. Laut ihm ist der erste richtige Schritt, die Meldung bei der Polizei. Die Exekutive kontaktiert dann den Wolfs-und Bärenbeauftragten des Landes. Das ist in Salzburg Hubert Stock. Er wiederum setzt die ansässigen Jagdberechtigten in Kenntnis. Die Vorstellung, dass die Jägerschaft voller Jagdlust ausschwärmen würde, sei jedoch falsch. Man prüfe, so Max Mayr-Melnhof, natürlich die Stelle der Sichtung auf etwaige Spuren und durchkämmt vielleicht einige Stunden das Gebiet genauer. Generell sei die Jägerschaft aber immer präsent.

„Wir bejagen, ausgenommen von urbanen Gebieten, jeden Hektar in Österreich. Wir Jäger sind überall.“
Max Mayr-Melnhof, Landesjägermeister

Tausende Bären in Europa

In manchen Gebieten Europas gibt es noch große Bärenpopulationen. Rund 10.000 der Tiere streifen durch einige Gegenden Rumäniens. Ungefähr 1.000 Bären leben in Slowenien und zumindest mehr als 100 in Trentino, Südtirol. Es lasse sich also ohne entsprechende DNA-Analyse nicht genau sagen, woher die derzeit in Salzburg gesichteten Bären kommen. Fakt ist, dass die wachsende Bärenpopulation in Trentino bereits zu Problemen führe.

Bei der unkontrollierten Ausbreitung von Bären und Wölfen kann es laut dem Landesjägermeister schnell auch zu Problemen kommen. Ein Beispiel dafür sei Trentino in Südtirol. | Foto: Stefan Schubert
  • Bei der unkontrollierten Ausbreitung von Bären und Wölfen kann es laut dem Landesjägermeister schnell auch zu Problemen kommen. Ein Beispiel dafür sei Trentino in Südtirol.
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„In Trentino hatte man eigentlich gar keine Bären und hat vor vielen Jahren die Entscheidung getroffen, dass sie wieder Bären einbringen wollen. Ich glaube, die kamen damals auch von Slowenien. Die wurden gefangen. Und man hat damals gesagt: 30 bis 40 Bären wären für Trentino gut. Nun hat man das dort übersehen. Jetzt sind es deutlich über hundert Bären und wenn schon offiziell von 100 geredet wird, ist die wirkliche Zahl wahrscheinlich doppelt oder dreifach so groß“, so der Landesjägermeister.

„Ich glaube, das Ganze spitzt sich ein bisschen zu. Wir sehen, dass ja die letzten Jahre, dass das ein EU-Thema ist und im Grunde nichts mit Salzburg oder Österreich zu tun hat. Durch diese extreme Jagdeinschränkung oder die Nicht-Jagdmöglichkeit nehmen sie sehr überhand. In Slowenien, der Schweiz, Italien, überall. Die Habitate werden dort voll und diese Tiere ziehen hinaus. Das ist ein ganz normaler Vorgang, vor dem wir schon seit Jahren warnen.“
Landesjägermeister, Max Mayr-Melnhof

Herdenschutz ist unwirtschaftlich

Ein weiteres Kernthema bei Wölfen und Bären ist der sogenannte Herdenschutz. Dabei geht es grundsätzlich darum, die auf unseren Almen grasenden Herden vor Raubtieren zu schützen. Ein oft von Tierschützern hervorgehobenes Vorbild ist die Schweiz, wo die dortigen Bauern sowohl mit elektrischen Zäunen als auch mit Hirtenhunden ihre Herden vor Wölfen schützen. Auch Lamas und Alpakas sollen dabei des Öfteren zum Einsatz kommen.
 

Gerade beim Thema Wölfe ist der Herdenschutz ein wesentlicher Diskussionspunkt. Diesen sieht Max Mayr-Melnhof als sehr unpraktikabel. | Foto: Symbolfoto: MEV
  • Gerade beim Thema Wölfe ist der Herdenschutz ein wesentlicher Diskussionspunkt. Diesen sieht Max Mayr-Melnhof als sehr unpraktikabel.
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„Ich werde nicht Müde zu sagen, dass ich überhaupt nichts von einem Herdenschutz halte. Und zwar weil er in dieser Form in unseren Gebirgslandschaften nicht funktionieren wird. Der Aufwand ist viel zu groß für diese riesigen Flächen, die wir einzäunen müssten und Hirtenhunde sind einfach viel zu gefährlich. Wir leben nicht nur in einer dichtbesiedelten Kulturlandschaft, sondern auch in einem extrem genutzten Tourismusgebiet", so Max Mayr-Melnhof.

Laut Max Mayr-Melnhof sei der Herdenschutz sowohl wirtschaftlich als auch kulturell nicht praktikabel. Knapp 20 Prozent der österreichischen Landschaft seien Weideflächen. Es würde etwa 150 Millionen Euro kosten, diese Gebiete zu umzäunen. Gleichzeitig stelle sich ihm die Frage, inwieweit wir bei Herdenschutz-Maßnahmen dem Naturraum Berg noch frönen können. In Rumänien seien beispielsweise viele der Bergbauern "bis auf die Zähne bewaffnet" und würden mehrere gefährliche Hirtenhunde einsetzen. Solche Zustände würden laut ihm unseren Gebirgstourismus komplett verunmöglichen.

Jäger als Naturschützer

Ein weiterer Punkt, den der Landesjägermeister bei uns im Interview betont, ist das Thema Naturschutz. Er und die Jägerschaft allgemein nehmen für sich in Anspruch, Naturschützer zu sein. Sehr viele NGOS würden aus seiner Sicht von Populismus leben und damit mehr ein Geschäftsmodell betreiben.

„Die Worte Tierschutz, Nachhaltigkeit und Grün nehmen wir auch für uns in Anspruch von Seiten der Jägerschaft. Das andere sind Leute die darüber reden, vom grünen Tisch aus. Das belächeln wir ein bisschen".
Max Mayr-Melnhof, Landesjägermeister

Naturschutz sei für Max Mayr-Melnhof ein sehr wichtiges Thema. "Selbsternannte Experten" sieht er dabei gerade beim Thema Wölfe und Bären jedoch sehr kritisch. | Foto: Stefan Schubert
  • Naturschutz sei für Max Mayr-Melnhof ein sehr wichtiges Thema. "Selbsternannte Experten" sieht er dabei gerade beim Thema Wölfe und Bären jedoch sehr kritisch.
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Generell sieht er auch sehr problematisch, dass man mit dem derzeitigen Umgang mit Bären und Wölfen der Massentierhaltung in die Hände spiele. Denn wenn die Freilandhaltung auf Almen und offenen Weideflächen aufgrund dieser großen Raubtiere unmöglich wird, werde erst recht die unnatürliche Massentierhaltung bei der Fleischproduktion einen Auftrieb erleben. Denn der Fleischkonsum werde wahrscheinlich nicht so stark abnehmen.

„Und das sind eigentlich nicht die Produkte, die wir auf unseren Tellern haben wollen. Weil wir wollen die Regionalität pushen", so Max Mayr-Melnhof

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